Hagen. . Zweiter Prozess im Hagener Rockerkrieg: Ein Freeway Rider soll einen Bandido niedergeschossen haben. Wohl gegen die Order der Club-Führung.
Die Schüsse vor dem Café Babylon in der Frankfurter Straße werden ab Montag vor Gericht verhandelt: Angeklagt ist ein nach Ansicht der Ermittler führendes Mitglied der Freeway Riders. 58 Jahre ist er schon alt, wegen Steuerhinterziehung vorbestraft, doch als Sachverständiger hat er einen durchaus bürgerlichen Beruf. Verantworten muss er sich nun aber wegen versuchten Totschlag, eventuell – so der Hinweis der Richter im Vorfeld – auch wegen eines versuchten Mordes, weil „niedere Beweggründe“ nicht ausgeschlossen werden könnten.
Mit Pistole an Beifahrer vorbei geschossen
Am 5. Oktober soll er vor dem Café Babylon in der Frankfurter Straße auf ein 26-jähriges Bandidos-Mitglied geschossen haben. Mit seinem weißen BMW soll er gegen 21.30 Uhr an dem Café vorbeigefahren sein. Als der Bandido dann auf die Beifahrerseite zuging, soll der Angeklagte eine Pistole des Kalibers 22 gezogen und an seinem Beifahrer vorbei aus dem geöffneten rechten Seitenfenster einen Schuss auf sein Opfer abgegeben haben.
Der 26-Jährige wurde im Bauch getroffen. Mit lebensgefährlichen Verletzungen brach er zusammen. Auch hier rettete nur eine Notoperation sein Leben. In dem Prozess wird er – was als durchaus ungewöhnlich in der Rocker-Szene gilt – als Nebenkläger auftreten.
Große Razzia: Mit Räumpanzer gegen Clubhaus
Die Unterstützung, die der Angeklagte auf seinem Facebook-Profil von Freunden erhält, kann er schon längere Zeit nicht mehr lesen: Der 58-Jährige sitzt seit Anfang Dezember in Untersuchungshaft. Bei einer Großrazzia gegen die Freeway Riders hatte die Polizei damals unter anderem das Clubhaus in Kückelhausen mit einem Räumpanzer gestürmt und an mehreren Orten Freeway Riders festgenommen. Darunter den 58-Jährigen, aber auch den aktuellen Präsidenten des Hagener Chapters. Der stand in Verdacht, die Schüsse auf der Frankfurter Straße angeordnet zu haben.
Doch das hat sich nicht bestätigt. „In dem Fall gehen wir nicht davon aus, dass der Angeklagte im Auftrag der Führungsebene der Freeway Riders die Tat verübt hat“, sagt Oberstaatsanwalt Dr. Gerhard Pauli. Offensichtlich habe der 54-Jährige, der zuvor wohl schon öfter in Konflikte mit den Bandidos verwickelt war, auf eigene Faust gehandelt – und sogar gegen die eigentliche Order der Club-Führung.