Hagen. . Der spektakuläre Überfall auf die Western-Union-Filiale an der unteren Elbe, bei dem 137.000 Euro erbeutet wurden, war ein abgekartetes Spiel.

War der spektakuläre Überfall auf die Western-Union-Filiale an der Elberfelder Straße, bei dem gut 137.000 Euro erbeutet wurden, in Wahrheit nur eine abgekartete Inszenierung? Hat die blondierte Bankangestellte (32), die gestern als Zeugin ihre Aussage komplett verweigerte, um sich nicht selbst belasten zu müssen, sogar die Tat mit ausgeheckt?

Jetzt reagierte das Landgericht und ließ den als Räuber angeklagten Iserlohner (26) nach über fünf Monaten Untersuchungshaft frei.

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Denn: Am Ende des ersten Verhandlungstages vor der 9. Großen Strafkammer hatte sich das Blatt überraschend gewendet. Bereits am Vormittag legte der Angeklagte über seinen Verteidiger Dr. Frank Nobis (Iserlohn) ein überraschendes Geständnis ab.

Als Paketbote getarnt

Er gab zu, am 11. Januar letzten Jahres, gegen 8.50 Uhr morgens, als Paketbote getarnt an die Scheibe der Western-Union-Bank an der unteren Elbe geklopft zu haben.

Die Bankangestellte öffnete ihm die Tür: Sie soll aber nicht arglos gewesen sein, sondern die Anstifterin des fingierten und verabredeten „Raubüberfalls“.

Gemeinsames Thema: Geldprobleme

Beide hätten sich Tage zuvor in einer Shisha-Bar kennengelernt, schnell ein gemeinsames Thema gefunden: Geldprobleme. Er war arbeitslos mit 40.000 Euro Schulden. Sie würde bei Western-Union arbeiten und schon länger jemanden suchen, „mit dem man etwas machen könnte“, aber hätte bisher keinen dafür gefunden.

Einen Tag vor der geplanten Tat will sich der Angeklagte mit der Bankangestellten ein weiteres Mal getroffen haben, bei einem guten Freund von ihr in Wehringhausen. Diesmal, um genaue Einzelheiten zu besprechen.

Bis 9.15 Uhr sei sie alleine in der Western-Union-Filiale und vorher die beste Zeit, um als „Räuber“ auf der Matte zu stehen.

Eine DHL-Uniformjacke hatte er sich noch anzuziehen, ein großes Paket sollte er tragen, eine schwarze Kappe und einen Schal zur Maskierung nutzen.

Videokamera zeichnet alles auf

Was dann passierte, hielten die Videokameras des Geldtransfer-Instituts genau fest. Es ist alles irgendwie filmreif.

Die Bankangestellte wird vom vermeintlichen Paketboten in den hinteren Bereich Richtung Tresorraum gedrängt, am Arm gegriffen, zu Boden gestoßen. Er fasst in seine rechte Jackentasche, richtet einen spitzen Gegenstand auf sie. Es sieht vielleicht aus wie ein Messer, ist aber eine TV-Fernbedienung. Dann wird sie an einen gelben Stuhl gefesselt — mit Nähgarn.

32-Jährige verweigert Aussage

Seit dem angeblichen Überfall hat sich die Bankangestellte krank gemeldet. Als Zeugin erschien sie, beschützt von einem schwergewichtigen Begleiter in Springerstiefeln und mit Piratentuch im Gerichtssaal und verweigerte die Aussage. Auch ihr guter Freund aus Wehringhausen wollte nicht aussagen.

Die Kammer unter Richter Bernhard Kuchler setzte den Haftbefehl gegen den Angeklagten außer Vollzug: Der dringende Tatverdacht würde sich nunmehr nur noch auf gemeinsamen Diebstahl stützen.