Dahl. . Dass Stefan Bach aus Hagen lebt, ist an sich ein riesengroßes Glück. Doch in diesem Fall steckt noch eine andere und sehr emotionale Geschichte
Was ist geschehen? Wie zum Himmel ist das nur passiert? Stefan Bach stützt sich auf seine Krücke. Er könnte verzweifeln an dieser Frage. Tut er aber nicht. Denn dieser furchtbare Unfall, den der 33-Jährige am 22. September in einer lang gezogenen Linkskurve zwischen Dahl und Priorei erlebt hat, erzählt noch eine andere Geschichte. Vom großen Glück und der tiefgehenden Kameradschaft unter Freiwilligen Feuerwehrleuten, die einen von ihnen plötzlich als Unfallopfer aus einem zerquetschten Wagen schneiden mussten. „Wenn Sie diese Geschichte aufschreiben“, wird uns Stefan Bach am Ende des Gespräches bitten, „dann machen Sie bitte ganz deutlich, wie wichtig Freiwillige Feuerwehrmänner für diese Stadt sind.“
Der 22. September 2018 war ein sonniger Samstag. Als die Pieper von Dirk Halverscheid, Michael Lorke und Dustin Stahl Alarm geben, lassen der Landwirt, der Maschinenbediener und der Selbstständige sofort alles stehen und liegen und rücken als Freiwillige Feuerwehrmänner aus. Was sie noch nicht wissen: Der Unfall, zu dem sie ausrücken, wird sie an ihre seelische Grenze führen. Denn das Opfer ist Stefan Bach. Der, den sie in der Feuerwache Dahl alle nur „Bodo“ nennen und der einer von ihnen ist. Sein Opel Astra ist mit mindestens 70 Stundenkilometer gegen einen entgegenkommenden Linienbus der Straßenbahn geprallt.
Während die drei Männer als Ersteintreffende nach dem zum Glück schon in Dahl stationierten Rettungswagen und der Erstversorgung durch die Sanitäter das Fahrzeug für die spätere Befreiung des Insassen vorbereiten, bemerken sie noch gar nicht, dass dort Stefan Bach eingeklemmt und schwer verletzt in dem zertrümmerten Wagen sitzt. Sein Sprunggelenk zertrümmert, mit offenem Oberschenkelhalsbruch, gerissener Milz und Darm, gebrochenen Rippen und einem Hirnödem. „Wir haben ihn erst erkannt, als wir später das Dach des Wagens aufgeschnitten haben“, sagt Dirk Halverscheid, „es gibt nichts Schlimmeres, als einen Kameraden so zu sehen und ihn da herauszuholen. Es war eine unheimliche nervliche Belastung.“
Die Kameraden entscheiden: „Wir bleiben hier“
Notfallseelsorger sprechen mit den Helfern. Man bietet ihnen an, sich von dem Notfall zurückzuziehen. Doch sie gehen nicht. Nicht jetzt. Nicht in dieser Situation. „Wir sagten uns: Wir sind es Stefan schuldig, jetzt nicht zu gehen. Er ist unser Kamerad. Unser Bodo. Wir holen ihn da raus. Auch wenn wir nachher zusammenbrechen.“ Der Rettungshubschrauber landet auf der Dahler Straße und lädt den aus dem Wagen befreiten Stefan Bach ein. Er fliegt ihn in eine Klinik nach Bochum. Dort wird er notoperiert.
„Als ich meine Augen wieder geöffnet habe, wusste ich von nichts“, erinnert sich Bach. Er lag auf der Intensivstation. Wie viel an seinem Körper kaputt war, bemerkte er zunächst gar nicht. Ärzte und Angehörige erzählen ihm, was geschehen ist. Doch eine Erinnerung bleibt aus. „Ich erinnere mich nur an den Tag vorher. An die Fahrt auf der Dahler Straße überhaupt nicht. Auch nicht an den Bus.“
Bach kämpft sich zurück ins Leben
Noch laufen die Ermittlungen in diesem Fall. Es ist immer noch unklar, wie das Unglück geschehen konnte. Bach weiß, dass sein Wagen einen Spurhalteassistenten hatte. Für ihn ist es unvorstellbar, dass er einfach so
Ermittlungen noch nicht abgeschlossen
Da im Bus, gegen den Stefan Bach prallte, vier Menschen verletzt wurden, wurden zunächst polizeiliche Ermittlungen eingeleitet , die dann an die Staatsanwaltschaft übergeben wurden.
Stefan Bach war am Unfalltag wohl auf dem Weg zu seinen Eltern. Das weiß er aber nur aus Erzählungen. Seine Erinnerungen enden am Tag vor dem Unfall. Also am Freitag.
von der Spur abgekommen ist. Doch die Grübelei ist seine kleinere Sorge. Größer ist die um die Regeneration und Gesundung seines Körpers. Nach dem Krankenhausaufenthalt kommt er für einen kleinen Zeitraum sogar zur Kurzzeitpflege in ein Altenheim. „Da dachte ich erst, du kommst nie wieder auf die Beine.“
Plötzlich kommt Bach wieder in die Feuerwache
Doch Bach kämpft sich zurück. Wunden und Operationsfolgen heilen. Dazu ist er positiv im Kopf gestimmt. Und so kommt dieser eine Tag Anfang Januar, an dem während einer Dienstbesprechung in der Feuerwache Dahl plötzlich die Tür des Besprechungsraumes aufgeht. Die Feuerwehrleute glauben ihren Augen nicht. Manche hatten Stefan Bach im Krankenhaus besucht, für ihn gehofft, für ihn gebetet. „Und plötzlich kommt unser Bodo durch die Tür zurück zu seinen Kameraden. Das ging mir so unglaublich nah und ich konnte es gar nicht fassen“, sagt Dirk Halverscheid.
Bach: „Ich will wieder so werden wie ich war“
Noch ist seine Hand schwer zu bewegen, doch der eigentlich als Heizungsbauer tätige Stefan Bach bietet dem Schicksal auf seinen Krücken und trotz aller aktuellen Einschränkungen mutig die Stirn: „Eins ist klar. Ich will wieder so werden wie ich vorher war.“ Seine Kameraden glauben daran. Michael Lorke nickt kräftig: „Wenn das einer schafft, dann der Stefan.“