Breckerfeld. . Sechseinhalb Jahre Jacobus-Sekundarschule: die einzige in NRW mit einen gymnasialen Zweig. Ein Gespräch mit ihren Leitern.
Der siebte Jahrgang von Fünftklässlern kann vom 11. bis 13. Februar 2019 an der Evangelischen Sekundarschule St. Jacobus angemeldet werden. Die ersten Absolventen des gymnasialen Zweigs besuchen die Oberstufen an weiterführenden Schulen. Nach wie vor ist die Schule in Trägerschaft der Evangelischen Landeskirche die einzige Sekundarschule in NRW, die ein dreigliederiges System fährt und ab Klasse 7 einen Haupt-, einen Realschul- und einen gymnasialen Zweig anbietet. Vor dem Tag der offenen Tür am Samstag, 26. Januar, 9 bis 12.30 Uhr, sprach unsere Zeitung mit Schulleiter Dirk Bollwahn und seinem Stellvertreter Klaus Joraschkewitz.
Seit 2012 gibt es die Sekundarschule. Wie fällt Ihr Fazit der letzten sechseinhalb Jahre aus?
Dirk Bollwahn: Ich bin ja noch nicht von Anfang an dabei. Aber grundsätzlich herrscht in der Schulgemeinde eine sehr große Zufriedenheit. Man muss bedenken, dass wir besonders in der Gründungsphase mit der kooperativen Form eine ganze Menge Pionierarbeit geleistet haben. Es mag auch Wagnis und Risiko gewesen sein, diesen Weg zu gehen. Aber in ihrer jetzigen Form hat die Schule eine sehr hohe Passgenauigkeit. Sie vereint die Vorteile des längeren gemeinsamen Lernens mit der Möglichkeit, die Schüler ab Klasse 7 in die geeigneten Bildungsgänge des klassischen dreigliedrigen Schulsystems zu geben. Dabei sind wir auf den gymnasialen Zweig besonders stolz.
Welche Erfahrungen haben Sie im Bezug auf den Übergang aus dem gymnasialen Zweig in die Oberstufe?
Klaus Joraschkewitz: Die Erfahrungen, die wir schon zu unserer Realschulzeit gemacht haben, setzen sich fort. Die Jugendlichen haben zum überwiegenden Teil keine Probleme, wenn sie eine Oberstufe besuchen. Wer aus dem gymnasialen Zweig kommt, hat obendrein den Vorteil, dass er keinen Qualifikationsvermerk braucht, sondern dass die Versetzung ausreicht. Mit einem solchen Vermerk kann man aber auch aus unserem Realschulzweig in die Oberstufe wechseln. Die Schüler, die uns im letzten Sommer verlassen haben, kommen uns bei Gelegenheit immer wieder besuchen. Sie sind auch stolz auf das, was sie erreicht haben.
Halten Sie den Kontakt zu den weiterführenden Schulen?
Dirk Bollwahn: Die Schulleiter geben uns ein außerordentlich positives Feedback. Ich denke, dass die Übergangsquote in die gymnasiale Oberstufe bei mehr als 50 Prozent liegt.
Klaus Joraschkewitz: Dazu muss man sagen, dass die Übergangsquote – abgesehen vom gymnasialen Zweig – nicht der alleinige Maßstab ist. Wir beraten Schüler für ihren künftigen Weg und empfehlen manchen ausdrücklich eine Ausbildung in Handwerk oder Industrie. Es gibt Kinder, für die ist es besser, wenn sie nicht endlos lernen. Den Wahlspruch, der dahinter steckt, verkörpert unsere Handball-Nationalmannschaft gerade: das Beste aus sich herausholen.
Dass bedeutet also, dass Leistung allein nicht alles ist?
Dirk Bollwahn: Natürlich sind wir leistungsorientiert. Natürlich freuen wir uns über starke Schüler und solche, die sich bei uns individuell stark entwickeln. Das sind – wenn man auf die Empfehlungen blickt, mit denen Grundschüler kommen und die mit dem Level vergleicht, auf dem sie uns nach Klasse zehn verlassen – erfreulich viele. Aber individuelle Förderung heißt für uns vor allem auch: jeder im Rahmen seiner Möglichkeiten. Und so haben wir den Anspruch, auch kognitiv schwächere Schüler in diesem Rahmen zu fördern, deshalb arbeiten wir auch inklusiv.
Welche Rolle spielt die Schule denn in Breckerfeld?
Dirk Bollwahn: Pro Jahrgang kommen 55 bis 65 Prozent unserer Schüler aus Breckerfeld. Nach wie vor geben wir die Garantie – jedes Kind aus Breckerfeld, dass ab Klasse fünf die Jacobus-Schule besuchen möchte, bekommt einen Platz. Wer später wechseln möchte – für den versuchen wir das möglich zu machen. Garantieren können wir das dann aber nicht mehr. Was uns freut: Der Anteil von Schülern mit gymnasialer Empfehlung steigt.
Klaus Joraschkewitz: Das war ja mal einer der Gedanken beim Start diese Schulform – wir wollen Schultourismus in andere Städte mit einem Angebot vor Ort überflüssig machen. Unser Modell ist passgenau für kleine und mittlere Kommunen. Warum es andere nicht aufgreifen, weiß ich nicht.
Wie sehen Sie die Position der Schule denn in der Umgebung?
Dirk Bollwahn: Wir bewegen uns auf einem Markt, auch wenn wir hier vor Ort die einzige weiterführende Schule sind. Wir sind Schule aus Breckerfeld, in Breckerfeld und für Breckerfeld. Aber wir freuen uns über jeden, der von außerhalb kommt. Es gibt eine sehr hohe Nachfrage in Ennepetal, im Hagener Süden und im Volmetal.
Glauben Sie an eine Änderung im Anmeldeverhalten, weil G9 wieder eingeführt worden ist?
Klaus Joraschkewitz: Das ist spekulativ. Aber ich glaube nicht, dass sich das auswirkt.
Dirk Bollwahn: Wir sehen das gelassen. Wichtiger ist die Abwägung zwischen Ganz- und Halbtagsschule. Und unter G9 gibt es an einigen Gymnasien einen Trend zurück zum Halbtagsbetrieb, wir sind eine gebundene Ganztagsschule. Dazu kommt, dass einer unserer Vorteile das mit 571 Schülern kleine System ist. Es gibt hier so etwas wie Nestwärme. Wir nehmen das als Stärke wahr.
Was soll denn noch besser werden?
Dirk Bollwahn: Wir sind ja eine Schule in kirchlicher Trägerschaft. Dieses diakonische Profil wollen wir stärker schärfen, offensiver kommunizieren. Gerade in Zeiten, in denen Kirchen kritisch gesehen werden, wollen wir sagen, wir sind eine evangelische Schule, wir haben Gottesdienste, wir haben eine christliche Kultur und wir leben die Werte, die damit verbunden sind.
Klaus Joraschkewitz: Hinzu kommen eher generelle Herausforderungen. Es gibt es immer noch ein viel zu hohes Maß an bürokratischer Reglementierung. Mehr Spielräume, auf Gegebenheiten vor Ort einzugehen und Profile zu bilden, täten Schulen gut.
Dirk Bollwahn: Ansonsten gibt es die großen Themen wie Digitalisierung. Da sind wir im Landesplan „Gute Schule 2020“. Wir haben massiv in Hardware investiert, haben in jedem Klassenraum W-Lan. Da müssen wir Konzepte entwickeln. Wir wollen uns mit Augenmaß auf den Weg machen. Nicht jeder braucht im Unterricht immer ein Tablet. Sondern wir müssen genau hinschauen: Wo ergibt das Sinn?