Hagen. . Der Trend wird stärker. Vor immer mehr Hagener Schulen bilden sich mittags lange Abhol-Schlangen. Die Behörden appelieren an die Vernunft.

Vor dem Albrecht-Dürer-Gymnasium (AD) an der Heinitzstraße bekamen Eltern, die mit dem Auto ihre Kinder abholen wollten, dieser Tage eine deutliche Ansage von der Polizei. Was die Eltern wütend machte. Auf der anderen Seite nimmt die Zahl der „Elterntaxis“ statistisch betrachtet immer mehr zu. Und zwar stadtweit. Ordnungsamt und Polizei haben diesen Trend gleich aus zwei Gründen auf dem Schirm.

Thomas Lichtenberg ist Leiter des Hagener Ordnungsamtes.
Thomas Lichtenberg ist Leiter des Hagener Ordnungsamtes.

Emina Hamidovic sagt, sie sei sich vorgekommen, als habe sie etwas Schlimmes verbrochen. Während sie mit ihrem Auto in einer Reihe zwischen mehreren anderen Müttern vor dem AD auf ihre Tochter (16) wartete, hörte sie die Lautsprecherdurchsage der Polizei: „Wir schlagen vor, Sie fahren jetzt hier mal alle weg.“ Hamidovic: „Ich frage mich, ob wir dort eine Gefahr darstellen, indem wir unsere Kinder sorgsam abholen? Statt die wahren Verkehrssünder zu verfolgen, verscheucht man doch lieber die ach so gefährlichen Muttis, die ihre Kinder abholen.“

Fahrten vom AD zum Boloh

Hamidovic war an besagtem Tag mit dem Auto gekommen, weil ihre Tochter zwei Freistunden gehabt habe und danach wieder in die Schule musste. „Durch die Fahrt mit dem Auto nach Eppenhausen wollte ich ihr ermöglichen, dass sie noch in Ruhe etwas essen kann.“ Ein nachvollziehbares Argument. Andere Mütter hätten ihre Kinder abgeholt und zum Beispiel zum Boloh gebracht. Das ist eine Distanz von drei Kilometern.

Dass einige der wartenden Eltern im Halteverbot vor dem AD standen, ist ein Grund für die deutliche Ansage der Polizei. „Das ist in Hagen aber nicht nur ein AD-Problem“, sagt Ordnungsamtschef Thomas Lichtenberg, „das beobachten wir vor allen Schulen. Es ist teilweise lebensgefährlich, wenn die Kinder zwischen den wartenden Autos herlaufen müssen. Manchmal auch in zweiter Reihe. Und oft sind es ja auch nur Gehwege vor den Schulen.“

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Als Behörde wolle man aber auch immer wieder einen Appell an die Eltern senden. „Es hat ja auch etwas mit der Entwicklung der Selbstständigkeit der Kinder zu tun, wenn sie den Heimweg alleine antreten.“ Auch, wenn Lichtenberg wisse, dass es oft gute Gründe gebe, die Kinder abzuholen.

Nur eins von zehn Kindern zu Fuß

Noch deutlicher als beim Hagener Ordnungsamt wird man beim Deutschen Kinderhilfswerk (DKHW). „Den Begriff der Helikopter-Eltern gibt es ja nicht ohne Grund. Die Eltern werden immer vorsichtiger“, sagt DKHW-Sprecher Uwe Kamp auf Anfrage der Stadtredaktion.

Noch 1970 sei nur eines von zehn Grundschulkindern von Mutter oder Vater zur Schule gefahren worden. Heute laufe dagegen nur eines von zehn Kindern regelmäßig ohne Begleitung Erwachsener zur Schule.

„Wir erleben es, dass Eltern Kinder mit Peilgeräten ausstatten, um sie orten zu können. Es gibt auch Kontrollanrufe im Unterricht. Bei aller Sorge: Aber solches Verhalten sorgt am Ende nur dafür, dass die Kinder unsicher werden.“

Aus der Sicht des Deutschen Kinderhilfswerks ist der Schulweg ein Bildungsort. Kinder und Jugendliche lernen darin, geografische Punkte in Hagen zu verknüpfen.