Hagen. . Ein 36-Jähriger hat sich auf Facebook als „Kieferorthopädin Wohlmeier“ ausgegeben - und empfahl sich Müttern selbst als „Kindertraumatologe“.

„Haben Sie noch ein Bettlaken für den Angeklagten?“, fragte Verteidiger Andreas Trode (Iserlohn) völlig im Ernst, „oder eine große Decke? Er will sich verhüllen.“

Minuten später tappst völlig orientierungslos ein komplett vermummter Mann in Richtung Anklagebank. Wie ein Gespenst hockt er jetzt da. Fotoapparate klicken, eine TV-Kamera surrt: So sieht ein zweifach rückfällig gewordener Kinderschänder aus, der sich nicht der Öffentlichkeit zeigen will. Unter der Verkleidung steckt ein 36-jähriges Teenagergesicht.

Mütter bei Facebook geködert

Tatort Facebook. Dort hatte sich der Mann im Mai 2018 ein frei erfundenes Profil eingerichtet. Als „Kieferorthopädin Wohlmeier“ erschlich er das Vertrauen von ahnungslosen Müttern. Die ahnten während des Chattens nicht, dass sie es mit einem ausgebufften Sexualstraftäter zu tun hatten.

Der Angeklagte, der mit seinen Igelschnitt und zartem Schnauzbart viel jünger als 36 wirkt, war gerade aus über zweijähriger Haft entlassen worden. Mit strengen Auflagen: Ihm wurde die richterliche Weisung erteilt, sich von Spielplätzen, Kindergärten oder Schulen fernzuhalten. Außerdem wurde ihm jeglicher Kontakt zu Kindern und Jugendlichen im Alter bis zu 18 Jahren untersagt.

Erste Haft im Jahr 2013

2013 hatte der Angeklagte erstmals wegen sexuellen Kindesmissbrauchs ein Jahr lang im Gefängnis gesessen, 2016 kamen wegen einschlägiger Delikte weitere zwei Jahre und drei Monate Haft dazu. Anschließend stand er unter erneuter Führungsaufsicht und wurde in „Kategorie A“, der höchsten Stufe rückfallgefährdeter Sexualstraftäter geführt.

Davon wussten die alleinerziehenden Mütter natürlich nichts, als ihnen „Kieferorthopädin Wohlmeier“ über Facebook den Sexualstraftäter als „Therapeuten, Fußmasseur und Kindertraumatologen“ empfahl. Zwischen Mitte Mai und Mitte Juli 2018 ist es dann zu 27 unerlaubten Annäherungen mit Kindern gekommen.

Alle Fälle vom Angeklagten eingeräumt

Eine Mutter traf sich mit ihm im Volkspark, überließ ihren Jungen (8) blauäugig zu einem Besuch im Freibad Hestert oder zu einem Ausflug in ein Duisburger Zoogeschäft. Auch zu Arztvisiten durfte der Sexualstraftäter das Kind begleiten. Ein weiteres Kind schlief mit ihm im Bett. Auch wurde ihm ein Mädchen (9) anvertraut, das er unbekleidet im Intimbereich fotografierte. Alle vorgeworfenen Fälle räumte der Angeklagte ein, „zu Einzelheiten möchte ich aber nichts sagen“. Der Prozess wird am 21. Januar fortgesetzt.