Hohenlimburg. . Für Gustav Stefan, ein Kruppianer der letzten Stunde, ein Anlass, alle ehemaligen Kollegen noch einmal zu einem Nachtreffen zusammenzutrommeln.
Es ist ein „silbernes Jubiläum“ der weniger schönen Art. Denn vor 25 Jahren, im Jahr 1993, kam das Aus für die Krupp-Werke in der Obernahmer. 1100 Menschen verloren ihren Job. Für Gustav Stefan (82), ein Kruppianer der letzten Stunde, ein Anlass, alle ehemaligen Kollegen noch einmal zu einem Nachtreffen zusammenzutrommeln. In einem Interview erinnert er sich an die Schließung.
Herr Stefan, 1993 kam das Aus für die Krupp-Werke in der Nahmer. Waren Sie bis zum Schluss noch dort tätig?
Gustav Stefan: Ich war bis Anfang 1994 noch in der Firma, zusammen mit zwei Schlossern und einer Telefonistin. Wir mussten noch kleinere Restarbeiten erledigen. Ich habe als Letzter die Firma verlassen und quasi das Licht ausgemacht.
Wie lange haben Sie bei Krupp gearbeitet?
Insgesamt 43 Jahre. Ich habe 1951 dort angefangen, habe Starkstromelektriker gelernt. Das habe ich dreieinhalb Jahre gemacht. In der Abendschule habe ich mich dann zum Elektrotechniker umschulen lassen. Später wurde ich dann Leiter des technischen Büros. Da war ich 26 Jahre tätig. Das war eine sehr schöne Arbeit.
War das Ende der Krupp-Werke absehbar?
Wir standen eigentlich immer in der Krise. Das große Problem waren die Schranken. Am 31. Dezember 1983 musste der Betrieb der Hohenlimburger Kleinbahn wegen Straßenbauarbeiten und der Strukturkrise der Stahlindustrie eingestellt werden. Danach waren Transporte nur noch über Lkw möglich. Der Materaialtransport war alles andere als optimal. Jetzt können Lkw über die Brücke am Hohenlimburger Bahnhof fahren. Aber die hat man 26 Jahre zu spät gebaut. Zudem hat der damalige Vorsitzende der Krupp Stahl AG, Herr Cromme, sein Hauptaugenmerk auf Edelstahl gelegt.
Sind Ihre damaligen Kollegen übernommen worden?
Zu Hochzeiten haben 1100 Leute bei uns gearbeitet, die haben nicht alle bei Krupp einen Job gefunden. Einige sind von umliegenden Firmen wie Bilstein oder Wälzholz übernommen worden. Bei Risse und Wilke in Letmathe arbeiten noch viele ehemalige Kruppianer. Einige haben die Firma auch mit einer Abfindung verlassen.
Wann haben Sie zuletzt ein Nach- treffen mit Ihren ehemaligen Kollegen organisiert?
Das war im Jahr 2014, da kamen noch mehr als 100 Leute. Von denen sind leider einige mittlerweile verstorben.
Wann planen Sie das Treffen, 25 Jahre nach dem Aus der Werke in der Obernahmer?
Am Freitag, 26. Oktober, um 18 Uhr im Zehner Treff am Kirchenbergstadion. Ich werde jetzt die Einladungen fertig machen und verschicken, viele Bekannte werde ich anrufen oder anmailen. Wie gesagt, bei Risse und Wilke arbeiten noch viele ehemalige Kruppianer, da werde ich auch hinfahren. Die Firma unterstützt uns immer. Vermutlich wird es auch das letzte Nachtreffen sein. Das ist immer mit sehr viel Arbeit verbunden.
Die Eckdaten
Das Stammwerk in der Nahmer (Werk 1) mit dem Nahmen „Wurag“ (Walz- und Röhren-Aktiengesellschaft) gründete sich im Jahr 1855. 1955 feierte die Belegschaft das 100-jährige Jubiläum.
Die erste Namenswechsel folgte im Jahr 1968 in die „Friedrich Krupp Hüttenwerke AG“. „1980 stand an unserem Werk ,Krupp Stahl AG’“, so Gustav Stefan. Drei Jahre später nach Übernahme der P.W.-Lenzen-Werke in Stenglinsgen lautete der Name „Krupp Stahl AG Hohenlimburg/Letmathe“.
Zum Jahresende 1992 wurde die Beize stillgelegt, ebenso die Folienfertigung und die Spaltbandfertigung. Die Einstellung der Fertigung von Transportschnecken erfolgte nach dem ersten Quartal 1993. Die Verwaltung wurde von Hohenlimburg nach Letmathe verlegt.
Nach 138 Jahren kam 1993 das endgültige Aus der Werke in der Obernahmer. Das Werk IV schloss am 30. November die Pforten. Einige der modernen Anlagen des Werkes Hohenlimburg wurden im Werk Letmathe wieder installiert. Das Krupp-Werk in Letmathe-Stenglingsen wurde 1998 an die Firma „Risse und Wilke“ verkauft. „Viele unserer ehemaligen Mitarbeiter sind auch heute noch dort beschäftigt“, so Gustav Stefan.