Berchum. . Das Gebäude der Evangelischen Schülerarbeit von Westfalen (ESW) steht in Berchum seit September 2017 leer. Es droht zu verfallen.
Im Sommer des vergangenen Jahres musste die „Evangelische Schülerarbeit von Westfalen“ (ESW), ein eingetragener Verein, Insolvenz anmelden. Dieser Verein, der damals rund 100 Mitglieder zählte, war wirtschaftlich so angeschlagen, dass es für den Vorstand damals keine andere Möglichkeit gab Die Konsequenz war, dass mit der Insolvenz auch das Aus für das stattliche vereinseigene Gebäude auf dem Berchumer Sonnenplateau am Ergster Weg kam. Dort hatten sich seit dem Ende der 50er Jahre Jugendgruppen und Schüler aus Deutschland und dem europäischen Ausland eingefunden, um sich zu erholen oder (internationale) Projekte zu erarbeiten.
Doch irgendwann überschritten die Kosten die Einnahmen des Vereins, so dass das Aus kam. Auch, weil die evangelische Landeskirche den Geldhahn zudrehte und die Bezuschussung einstellte.
Seither steht das Gebäude leer.
Dem Wuppertaler Rechtsanwalt Ralf Scheffen ist es als Insolvenzverwalter bislang nicht gelungen, einen Käufer zu finden. Dabei bietet er die Immobilie auf dem 33000 Quadratmeter großen Areal quasi zum Dumpingpreis an. Für 300 000 Euro. Noch will Scheffen aber nicht die Hoffnung aufgeben, doch noch einen Käufer zu finden. „Es gibt aktuell zwei Interessenten.“ Zu den Chancen, ob diese anbeißen könnten, möchte er sich nicht äußern.
Die Problematik ist für ihn, dass das Gebäude nach gültigen Baurecht im Außenbereich erstellt worden ist. Und das mit einer Nutzungs-Sondergenehmigung. Die heißt „ausschließlich für die Jugend“.
Das ist eine Vermarktungshürde, die nur schwerlich zu überwinden ist. Deshalb kam vor Monaten auch eine buddistische Gemeinde aus einer Nachbarstadt, die sich für diesen Standort interessierte, nicht zum Zuge. Und auch der zweite aktuelle Interessent ist, so Rechtsanwalt Scheffen, nur schwerlich in das Nutzerprofil „Jugend“ zu pressen.
Alt und Jung unter einem Dach
Zwar hat sich der Berchumer Rechtsanwalt Clemens Lohkamp als Sprecher der Dorfvereine bereits im November vergangenen Jahres in Gesprächen mit der Stadt Hagen bemüht, den Buchstaben „J“ (für Jugend) aus den städtischen Nutzungsvorgaben herauszubekommen, doch ist das in einer von Bürokratie geprägten Gesellschaft alles andere als einfach und somit nicht schnell möglich. Möglicherweise muss dazu sogar der Flächennutzungsplan geändert werden. Und das kann Jahre dauern.
Gleichwohl möchte er jetzt noch einmal einen Vorstoß bei der Stadt Hagen machen, „denn das Gebäude droht massiv zu verfallen“. Ihm schwebt ein gemeinsames Wohnen von Alt und Jung unter einem Dach vor.
Einbrecher flüchtet durchs Fenster
Die Folgen des Leerstandes sind zwischenzeitlich unübersehbar. Der Rasen ist zu einer wilden Wiese mutiert, Fensterscheiben sind eingeschlagen, das Gelände vermüllt und der kleine Fußballplatz wird von den Jugendlichen zu Testfahrten mit dem Auto genutzt.
Eine Entwicklung, die nicht nur Karl-Friedrich Winterhager mit großer Sorge sieht. Winterhager ist mit drei anderen Partnern Gesellschafter der Bürgerstrom Berchum GbR (siehe Infobox), die eine der beiden Solaranlagen auf dem Dach des Gebäudes betreibt. Winterhager schaut fast täglich nach dem Rechten und leert den Briefkasten. Manche Briefe schickt er an den Absender zurück, andere legt er auf den Tresen des einstigen Büros. Dort stapeln sich die Briefe. Auch von der Stadt Hagen. Offenkundig haben einige Abteilungen noch nicht mitbekommen, dass es die ESW seit mehr als neun Monaten nicht mehr gibt.
Winterhager befürchtet, dass irgendwann einmal das Gebäude noch größeren Schaden nehmen könnte, den bei seinen Kontrollbesuchen hat er auch schon mal einen ungebeten Gast überrascht. „Der ist dann durch ein geöffnetes Fenster geflüchtet.“
Noch immer liegen im Gebäude noch Matratzen und Oberbetten. Nicht abgeholt und somit vergessen. Dafür ist die (Groß-)Küche verkauft. Der Insolvenzverwalter hatte dafür innerhalb kürzester Zeit nach der Schließung einen Interessenten gefunden und die Küche verkauft. Auch zum Ärger Karl-Friedrich Winterhager: „Wer erwirbt eine ausgeweidete Immobilie?“
Derweilen läuft die Photovoltaikanlage auf dem Dach des Gebäudes relativ störungsfrei weiter. Sie ist für eine Laufzeit von ca. 25 bis 30 Jahren ausgelegt und soll noch viel Strom ins Hagener Energienetz einspeisen.
Bürgerstromanlage Berchum
Am Projekt der 30-kW-Bürgerstromanlage Berchum auf dem Dach der Jugendbildungsstätte beteiligen sich knapp 40 Bürgerinnen und Bürger des 1300 Einwohner zählenden Ortsteils.
Dazu wurde im Jahr 2005 von vier Berchumer Bürgern eine „Gesellschaft bürgerlichen Rechts“ (GbR) gegründet. Gesellschafter sind: Jürgen Keil, Clemens Lohkamp, Dr. Helmuth Küffner und Karl-Friedrich Winterhager.
Die Anlage kostete vor 13 Jahren rund 127 000 Euro. Die GbR gab damals 127 Anteile heraus, die von den Gesellschaftern oder anderen Interessenten erworben werden konnte. Die Obergrenze waren damals 10 Anteile.
Die Photovoltaik-Anlage speist jährlich knapp 30 000 Kilowattstunden (kWh) Solarstrom in das lokale Stromnetz der Enervie ein. Bislang sind es rund 380 000 kWh.