Hagen. . Der Masterplan Mobilität schlägt 50 Maßnahmen vor, die Verkehrssituation in Hagen zu verbessern. Im Hagener Rat wurde das Konzept vorgestellt.

Im Jahr 2035 wird die Hälfte der Hagener Bürger sich im Bus, per Fahrrad oder als Fußgänger durch die Stadt bewegen, auf dem Innenstadtring werden die Fahrzeuge nur noch in einer Richtung Rollen (Einbahnstraßenverkehr), Güter werden ausschließlich mit Elektromobilen ins Zentrum geliefert und die Preise für City-Parkplätze werden drastisch steigen. Das sind nur einige Eckpunkte, die im Rahmen des Masterplans „Nachhaltige und emissionsfreie Mobilität“ von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PwC (PricewaterhouseCoopers/Info-Box) gestern dem Rat präsentiert wurden.

Angesichts der anhaltend hohen Schadstoffbelastung in Hagen wurde diese richtungsweisende Konzept mit den führenden Verkehrsakteuren erarbeitet und soll im Schweinsgalopp bereits in der kommenden Woche als konzeptioneller Leitfaden für die politischen Entscheidungen der nächsten Jahre vom Rat verabschiedet werden.

Autoanteil in Hagen viel zu hoch

Schon die Bestandsaufnahme der Experten macht deutlich, wie hoch der Handlungsdruck in Hagen inzwischen ist. „Mit 62 Prozent dominiert aktuell der Autoverkehr die Mobilität in der Stadt“, skizzierte PwC-Experte Maximilian Rohs gestern im Rat die Situation. Busse machten lediglich 16 Prozent aus, Radfahrer gerade einmal drei Prozent. Alle anderen vergleichbaren Städte in NRW seien da deutlich moderner, also weniger autolastig unterwegs.

Zugang zu den Fördertöpfen

Der „Masterplan nachhaltige und emissionsfreie Mobilität“ soll als Grundlage für die Einleitung einer Verkehrswende in Hagen dienen und die Voraussetzungen für die Nutzung des Förderprogramms des Bundesverkehrsministeriums, insbesondere die Anforderungen der Förderrichtlinie „Digitalisierung kommunaler Verkehrssysteme“ erfüllen.

Zudem dient dieser Plan der Stadtverwaltung bzw. den beteiligten Projektpartnern dazu, beispielsweise über das derzeit aktuelle Sofortprogramm „Saubere Luft 2017 – 2020“ der Bundesregierung für noch zu projektierende Maßnahmen öffentliche Fördermittel einzuwerben.

Mit der Erstellung des Masterplans wurde die PricewaterhouseCoopers GmbH/Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (PwC) mit zwei beratenden Nachunternehmen (DTV-Verkehrsconsult GmbH, Müller-BBM) beauftragt.

Vor diesem Hintergrund haben sich die Akteure in Hagen bei der Erstellung des Masterplanes darauf verständigt, schrittweise die Mobilitätswende weg vom Auto und hin zu einem Umweltverbund (Busse, Bahn, Fahrrad, Fußgänger) einzufädeln. Damit ließen sich 50 Millionen Pkw-Kilometer pro Jahr einsparen (- 16 Tonnen NOX). Parallel dazu soll die Fahrleistung der Busse um 4,4 Millionen Kilometer steigen, um die Attraktivität dieses Angebotes zu stärken (+ 2 Tonnen NOX). Außerdem soll der Güterverkehr durch Hagen um zehn Prozent sinken (- 44 Tonnen NOX).

Eigene Stabsstelle bei der Stadt

Methodische Schlüssel für diese Umstrukturierungen sind eine gezielte Steuerung des Verkehrsflusses (Ampelschaltungen, Parkverkehrslenkung, etc.), eine Umstellung der innerstädtischen Lieferverkehre auf ein Kuriersystem mit Elektrofahrzeugen, ein Vorrangsystem zugunsten umweltfreundlicher Verkehrsmittel, ein häufiger fahrendes, pünktliches und sauberes Busnetz, verbesserte Rahmenbedingungen für Elektromobilität sowie ein deutlicher Ausbau des Radverkehrs.

Begleitet werden sollte dieser Prozess, so die Empfehlung der PwC-Experten, durch eine bei der Stadt angesiedelten zentralen Koordinierungsstelle. Diese sei beim Umweltamt zu etablieren, müsse über ausreichend Personal und Budget verfügen und vor allem dafür sorgen, dass die Mobilitätswende transparent an die Bürger herangetragen werde.

Digitale Steuerung der Ampeln

Als konkrete Instrumente empfehlen die Gutachter beispielsweise eine Vernetzung der Mobilitätsangebote durch Apps, Fahrgastinformationsanzeigen in Fußgängerzonen und Kaufhäusern, Vorrangschaltungen für die Busse an den Ampeln, Parkplatzsuch-Apps, verkehrsabhängige Steuerung der Ampeln, die Etablierung von Depots für Kurier-Dienstleister, Verleihsysteme für Lastenfahrräder zum Einkaufen, schadstoffarme Fahrzeugflotten bei städtischen Fuhrparks und Taxi-Anbietern, Ausweitung des Busspurnetzes, ein Fernbushaltepunkt in Bahnhofsnähe, attraktivere Gehwege und sicherere Fußgängerübergänge, Rückbau von Verkehrsflächen zugunsten von Grünzügen, Ausdehnung und Taktverdichtung des ÖPNV, Vereinfachung des Bus-Tarifsystems, Ausrangieren der Diesel-Loks am Rangierbahnhof in Vorhalle und natürlich der breite Ausbau des Radwegenetzes mit gesicherten Radbox-Stationen.

Finanzierungstopf muss her

Grundsätzlich zeigen sich die PwC-Verkehrsexperten überzeugt, dass der Bau der Bahnhofshinterfahrung, die Verbesserung der Busflotte, das Lkw-Verbot am Märkischen Ring sowie die Einbahnstraßenlösung auf dem Innenstadtring die Stickstoffdioxid-Belastung unter die gesetzlichen Grenzwerte drücken wird. Für alle weiteren Maßnahmen müsse die Stadt einen Finanzierungstopf etablieren, um trotz aller Fördermöglichkeiten zumindest den städtischen Eigenanteil an den Investitionskosten stemmen zu können.