Hagen. . Eine in sogenannter leichter Sprache verfasste Broschüre ermöglicht geistig behinderte Menschen,sich über die Stadtverwaltung zu informieren.
Im Personalausweis steht der Name, der Geburtstag, wo man geboren wurde und wo man jetzt wohnt. Man sollte meinen, dass solch platte Selbstverständlichkeiten höchstens aus einem Erklärstück der Sendung mit der Maus stammen und nicht aus einer offiziellen Broschüre aus dem Hagener Rathaus. Dabei vergisst man allzu schnell, dass es Menschen mit einer geistigen Behinderung oder Lernschwierigkeiten gibt, denen man die Arbeit der Stadtverwaltung nur so und nicht anders nahebringen kann: in „leichter Sprache.“ Unter dem Titel „Was macht die Stadtverwaltung?“ beschreibt das Heft, welche Angelegenheiten Bürger in den städtischen Fachbereichen und Ämtern erledigen können.
Ein Regelwerk für eine einfache sprachliche Ausdrucksweise des Deutschen gibt es seit 2006, als das Netzwerk leichte Sprache gegründet wurde. Die Sätze sind kurz und klar, Synonyme und abstrakte Begriffe werden ebenso gemieden wie der Konjunktiv.
Wörter mit Bindestrich
Dafür werden zusammengesetzte Wörter mit Bindestrich geschrieben („Der Chef der Stadt-Verwaltung ist der Ober-Bürgermeister“), Bilder und Piktogramme ergänzen zur besseren Verständlichkeit die Texte.
Leichte Sprache sei jedoch nicht nur für Menschen mit einer geistigen Behinderung von Vorteil, so Martina Gleiß vom Fachbereich Jugend und Soziales, die das Heft konzipiert hat: „Auch Menschen, die nicht gut lesen können oder die deutsche Sprache nicht gut verstehen, profitieren von der leichten Sprachform.“
Aktionsplan
Die Broschüre bettet sich ein in den vor drei Jahren vom Verwaltungsvorstand beschlossenen Aktionsplan, mit dem die UN-Behindertenrechtskonvention in Hagen umgesetzt werden soll. „Sie ist ein Baustein auf unserem Weg in eine inklusive Stadt“, bekräftigte Sozialdezernentin Margarita Kaufmann. Immerhin besitzen 26 000 Einwohner der Stadt einen Schwerbehindertenausweis, sind also zu über 50 Prozent behindert. Martina Gleiß geht davon aus, dass noch einmal genausoviele Menschen in Hagen einen leichteren Behindertengrad besitzen – macht insgesamt mehr als 50 000 Behinderte in Hagen.
Sozialpreis für AG
„90 Prozent aller Behinderungen sind nicht angeboren, sondern werden im Laufe des Lebens erworben“, so Meinhard Wirth, Vorsitzender des Behindertenbeirates und Mitinitiator der Arbeitsgruppe Partizipation, die sich einmal pro Monat trifft, um behinderten Menschen die Teilhabe am politischen Leben zu ermöglichen sowie die Anliegen von Behinderten in die Politik hineinzutragen. Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe zeichnet diese Initiative mit dem diesjährigen Sozialpreis, der mit 2000 Euro dotiert ist, aus.
In jüngster Zeit wurden aber noch weitere Maßnahmen auf dem Weg zur Inklusion umgesetzt. Politische Vorhaben, die von einem Verwaltungsbeamten geschrieben und in den Gremien der Stadt beraten und beschlossen werden, müssen die jeweiligen Auswirkungen auf die Belange behinderter Menschen berücksichtigen und gegebenenfalls beschreiben.
Auf gutem Weg
Und Vertreter des Behindertenbeirates nehmen inzwischen regelmäßig an zahlreichen Ausschusssitzungen teil.
„Von Kleinigkeiten abgesehen, sind wir in Hagen auf einem sehr guten Weg“, fasst Meinhard Wirth den Stand der Dinge zusammen. Auch die neue Broschüre in leichter Sprache ist ein Beispiel dafür, das Thema Inklusion mit Leben zu füllen.
>>Hintergrund: Kostenlos zu bestellen
- Die Broschüre „Was macht die Stadtverwaltung?“ wird in den nächsten Tagen an Einrichtungen der Behindertenhilfe in Hagen versandt. Interessierte Bürger können sie kostenlos anfordern bei Martina Gleiß, Fachbereich Jugend und Soziales, 2072895 oder per Email: Martina.Gleiss@stadt-hagen.de
- Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe zeichnet die AG Partizipation am 19. Juni mit dem Sozialpreis aus.