Hagen. . Wildernde Hunde bleiben in Hagen ein Problem: Auf dem Tücking wurde eine Ricke totgebissen und verstümmelt. Tierschützer fordern Konsequenzen.
Vermutlich ein wildernder Hund hat auf dem Tücking ein Reh gerissen und grausam verstümmelt. Veronika Lorenz fand den Kadaver beim Spaziergang auf einem Weg, der parallel zur Tückingstraße verläuft.
Der Kopf des Tieres war vom Rumpf getrennt, ein Vorderlauf fehlte, die Innereien lagen verstreut herum. „Das Reh lag mitten auf dem Wanderweg“, sagt die Hagenerin.
Geschwächtes Muttertier
Nachdem Lars Peter Hegenberg, Vorsitzender der Kreisjägerschaft Hagen, ein Foto des toten Tieres gesehen hatte, war er überzeugt: „Da wir hier keine Wölfe haben, kommt nur ein großer Hund in Frage, einer der Gewichtsklasse ab 35 Kilo aufwärts.“
Bei dem Reh handele es sich um eine Ricke, also ein weibliches Tier, das wahrscheinlich trächtig war oder kurz zuvor Nachwuchs auf die Welt gebracht hatte. Nur in diesem geschwächten Zustand sei es einem Hund möglich, ein Reh zu reißen. Sollte die Ricke tatsächlich ein Kitz gesetzt haben, werde dieses, wenn es nicht ebenfalls einem Hund zum Opfer falle, verhungern.
52 Jagdreviere
In Hagen – immerhin gibt es auf dem Gebiet der Stadt 52 Jagdreviere – haben wildernde Hunde in der Vergangenheit häufig Probleme gemacht. So wurden allein 2013 mindestens zehn Rehe gerissen. Auch 2017 gab es solche Vorfälle. Im März musste auf der Hestert ein Polizist ein von wildernden Hunden verletztes Reh mit drei Schüssen aus seiner Dienstpistole von seinen Qualen erlösen. Nahe der Glörtalsperre in Breckerfeld wurde eine trächtige Ricke, die zwei Kitze trug, von Hunden getötet.
In übler Erinnerung ist Jägern und Tierschützern auch ein Vorfall aus dem Oktober 2016, als ein wildernder Hund in einem Forst zwischen Delstern und Holthausen eine Ricke gehetzt und tot gebissen hatte. Spaziergänger entdeckten den aufgerissenen und ausgeweideten Kadaver, der abgerissene Kopf des Tieres lag vor dem Bauch.
Kitze verhungern
Birgit Ganskow, Vorsitzende des Hagener Tierschutzvereins, fordert eine Anleinpflicht für Hunde zwischen dem 1. April und 31. Juli. In dieser Zeit würden nicht nur viele Rehe getötet, sondern auch Kitze von ihren Müttern verlassen, weil sie von Hunden beschnüffelt worden seien. Die Ricken nehmen ihre Kinder, da diese dann den Geruch des Hundes an sich tragen, nicht mehr an.
„Daraufhin müssen sie elendiglich verhungern“, so Frau Ganskow, die selbst Hundebesitzerin ist, aber keinerlei Verständnis für derartige Vorfälle aufbringt: „Damit die Hunde Spaß haben, müssen andere Tiere sterben. Und solche Besitzer bezeichnen sich selbst als Tierfreunde.“ Das Reißen von trächtigen Rehen sei eine Katastrophe, aber frei umherschweifende Hunde würden auch die Gelege von Bodenbrütern zertrampeln und anderes Unheil in Wald und Flur anrichten.
Ausnahmen auf Waldwegen
In Niedersachsen gibt es das von Birgit Ganskow geforderte Anleingebot bereits, in Nordrhein-Westfalen fehlt eine entsprechende Regelung. Die Gebietsordnung der Stadt Hagen hält zwar fest, dass Hunde grundsätzlich an der Leine zu führen sind. Ausnahmen gelten jedoch für Wald- und Wanderwege, wenn der Hund nicht gefährlich ist und sicher ist, dass er sich nicht aus dem unmittelbaren Einwirkungsbereich des Halters entfernt.
So gut geschult sind jedoch viele Hunde nicht, der vom Tücking ganz bestimmt nicht.
>>Hintergrund: Schießhemmung bei Haustieren
- Als Ultima Ratio sieht das Bundesjagdgesetz vor, wildernde Hunde zu töten. Vor einer solchen Maßnahme scheuen viele Jäger allerdings zurück, so Kreisjagdchef Hegenberg: „Auf ein Haustier schießt man einfach nicht.“ Das Problem sei nämlich in der Regel nicht der Hund, sondern dessen Halter.