Breckerfeld. „Standing Ovation – der Traum vom großen Ruhm“: Das Bürgertheater Breckerfeld überzeugt bei der Premiere. Die Laien-Schauspieler wachsen über sich hinaus.

. Es fehlt an nichts: Freude, Angst, Neid und Glück. Fast alle Facetten des Zusammenlebens sind in zwei Stunden abgebildet. In zwei Stunden vor der Aufführung der Komödie „Der eingebildete Kranke“ von Moliere. Die Mitglieder des dörflichen Theatervereins trudeln in der Garderobe ein. Alle haben sie Ängste vor der Aufführung. „Ich krieg nichts in die Birne!“ sagt der Mann, der den Argan, also den eingebildeten Kranken spielen soll. Der Text im Kopf ist weg. Den anderen Darstellern geht es kaum anders. Der Magen drückt, die Nervösität treibt sie zur Toilette.

Stück vo ntensiv haben die Mitglieder des Bürgertheaters Breckerfeld für die Aufführung geprobt. Die Premiereist nun gelungen. Foto: Hans-Jochem Schulte n Werner Hahm

Schon sind die Premierenbesucher des Bürgertheaters Breckerfeld im fast ausverkauften Martin-Luther-Haus mitten im Theatergeschehen, denn der Mann, der das Stück „Standing Ovation – der Traum vom großen Ruhm“ schrieb, ist kein anderer als Werner Hahn.

Er, der Jahrzehnte als Schauspieler, Sänger, Autor und Regisseur am Theater Hagen wirkte, auch die junge Bühne „Lutz“ leitete und jetzt das junge Theater am Apollo-Theater in Siegen führt, hat wohl als Insider die Komödie über die kleinen und großen Dramen in der Garderobe geschrieben und wochenlang mit den – man glaubt es kaum -- Laiendarstellern des Bürgertheaters Breckerfeld geprobt. Werner Hahns Handschrift als Regisseur ist deutlich zu sehen. Keine menschliche Schwäche lässt er aus. Und selbst ein für den Zuschauer zunächst platter Gag erweist sich als ein Treiber für Spannung, die sich in ein herzliches Lachen auflöst. Die Darsteller des Bürgertheaters zeigten sich bei der Premiere am Freitagabend in bester Spiellaune.

Teuflische Melange

Der Gedanke, die Aufführung „Der eingebildete Kranke“ abzusagen, steht immer wieder drohend im Garderoben-Raum, aber auch die stille Sehnsucht nach Beifall und Anerkennung ist förmlich zu spüren. Eine teuflische Melange im normalen Theaterwahnsinn: Liebeleien der Darsteller kommen genüsslich ans Licht, und hin und wieder lässt Werner Hahn auch mal die Erotik blinzeln, auch mal derb mit Zoten. Man spielt ja schließlich eine ländliche Theatergruppe.

Premiere vom Stück "Standing Ovations"

Bürgertheater Breckerfeld
Bürgertheater Breckerfeld "Standing Ovations" © Werner Hahn
Bürgertheater Breckerfeld
Bürgertheater Breckerfeld "Standing Ovations" © Werner Hahn
Bürgertheater Breckerfeld
Bürgertheater Breckerfeld "Standing Ovations" © Werner Hahn
Bürgertheater Breckerfeld
Bürgertheater Breckerfeld "Standing Ovations" © Werner Hahn
Bürgertheater Breckerfeld
Bürgertheater Breckerfeld "Standing Ovations" © Hans-Jochem Schulte
Bürgertheater Breckerfeld
Bürgertheater Breckerfeld "Standing Ovations" © Werner Hahn
Bürgertheater Breckerfeld
Bürgertheater Breckerfeld "Standing Ovations" © Werner Hahn
Bürgertheater Breckerfeld
Bürgertheater Breckerfeld "Standing Ovations" © Werner Hahn
Bürgertheater Breckerfeld
Bürgertheater Breckerfeld "Standing Ovations" © Werner Hahn
Bürgertheater Breckerfeld
Bürgertheater Breckerfeld "Standing Ovations" © Hans-Jochem Schulte
Bürgertheater Breckerfeld
Bürgertheater Breckerfeld "Standing Ovations" © Werner Hahn
Bürgertheater Breckerfeld
Bürgertheater Breckerfeld "Standing Ovations" © Werner Hahn
Bürgertheater Breckerfeld
Bürgertheater Breckerfeld "Standing Ovations" © Werner Hahn
Bürgertheater Breckerfeld
Bürgertheater Breckerfeld "Standing Ovations" © Werner Hahn
Bürgertheater Breckerfeld
Bürgertheater Breckerfeld "Standing Ovations" © Werner Hahn
Bürgertheater Breckerfeld
Bürgertheater Breckerfeld "Standing Ovations" © Werner Hahn
Bürgertheater Breckerfeld
Bürgertheater Breckerfeld "Standing Ovations" © Hans-Jochem Schulte
Bürgertheater Breckerfeld
Bürgertheater Breckerfeld "Standing Ovations" © Werner Hahn
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Das Publikum lacht und gibt auch zwischendurch Beifall. Die Zeit läuft, und immer noch wird auf der Bühne schön gestritten über Kunst und Theater, verbale Attacken werden mit Leidenschaft geführt. Es geht aber eigentlich um persönliche Eitelkeiten. Die Darsteller stecken schon in ihren Kostümen, sind endlich geschminkt, doch ihre Diskussion über Schmierentheater und große Kunst reißt nicht ab. „Jeder ist ein Clown“, zischte es von der Bühne.

Die nächste Aufführung ist am 13. April, 19.30 Uhr

Das Ensemble bilden Claus Heymann, Hannelore Reibert, Christa Hackler, Simon Schutte­meier (Bühnenmusiker), Klaus Sommer, Kristina Günther-Vieweg (die Profi-Schauspielerin sprang kurzfristig ein), Ruth Bornemann, Inge Schalk, Werner Frühauf, Jochen Harke, Heike Breer, Heike Urban, Heinz-Georg Schenk. Regie führt Werner Hahn, die musikalische Leitung hat Simon Schuttemeier, Inspizient ist Marco Reibert, die organisatorische Leitung liegt in den Händen von Hannelore Reibert.

In der Pause boten Mitglieder der Breckerfelder Bürgerstiftung Speisen und Getränke an.

Weitere Aufführungen im Martin-Luther-Haus sind jeweils um 19.30 Uhr am 13., 14., 19, 27. und 28. April. Am Sonntag, 29. April, beginnt die Vorstellung um 18 Uhr. Eintritt: 12 Euro, für Schüler und Studenten 7 Euro.

Dann zeigte sich eine weitere große Stärke des Breckerfelder Bürgertheaters. Ensemblemitglieder singen solo, leise, man muss konzentriert lauschen und ist rasch beeindruckt. Eine Gesangsszene: „O, mein Papa ist ein großer Künstler“ brachte der „Eingebildete Kranke“-Darsteller Klaus Sommer über die Rampe. Traurig, wunderbar-schön. Mit „Youl`ll never walk alone“ ging es vergnügt und auch nachdenklich in die Pause. Bis dahin hatte sich das Ensemble schon in die Herzen der Zuschauer gespielt und auch eine technische Panne mit dem Licht souverän gemeistert.

Viel Applaus

„Wunder gibt es immer wieder“ erklang, und auch in der Garderobe auf der Bühne bahnte sich ein Wunder an. Szenen aus Molieres „Der eingebildete Kranke“ wurden angespielt, dazwischen fragend gesungen „Haben wir denn noch eine Kultur?“ Mit dem Lied „Sag beim Abschied leise Servus“ steuerte die Komödie auf ihr befreiendes Ende zu. Das 1673 in Paris uraufgeführte Moliere-Stück konnte schließlich vor noch vollem Haus aufgeführt werden.

Ende gut, alles gut, auch für das Bürgertheater. Es gab nämlich „Standing Ovations“, so ganz nach dem Titel des Stückes von Werner Hahn. Und die zuvor auf der Bühne gestellte Frage nach der Kultur wurde damit wohl beantwortet. Ja, es gibt sie im Hansestädtchen Breckerfeld, repräsentiert vom Bürgertheater, von Frauen und Männern, die eigentlich Schauspiel-Laien sind, aber auf der Bühne über sich hinaus wachsen.