Hagen. . Der dritte Bauabschnitt der Bahnhofshinterfahrung steht vor seiner entscheidenden Phase: Am 23. April werden die Brückenelemente montiert.
Imposante neun Meter hoch recken sich die Stahlbetonmauern des künftigen Brückenbauwerks in die Höhe. Unter Hochdruck wird in diesen Tagen an der Schlüsselstelle des dritten Bauabschnitts der Hagener Bahnhofshinterfahrung gearbeitet. Die gewaltige Ingenieurskonstruktion über die Gleise der Deutschen Bahn hinweg bildet das letzte Verbindungsstück zwischen der bereits bestehenden Straßenführung entlang der Philippshöhe und der Eckeseyer Straße.
Am 23. und 24. April werden die vorgefertigten Stahlelement, die bereits aufgetürmt am Straßenrand lagern, mit einem 180-Tonnen-Kran auf die Widerlager der Brücke aufgelegt – ein Muss-Termine für alle leidenschaftlichen Baustellen-Kiebitze.
Die Gleis-Brücke
Die in Ungarn vorproduzierten Teile, die ursprünglich schon im November platziert werden sollten, überspannen in einem schrägen Winkel eine 60-Meter-Kluft und sind das tragende Herzstück für die in diesem Bereich sechsspurige Umgehungsstraße. Fokussiert ist die bauausführende Firma damit beschäftigt, die Auflagepunkte für die Stahlelemente pünktlich fertigzustellen, damit die langfristig mit der Bahn vereinbarten Sperrzeiten auch eingehalten werden können. Die erforderlichen Schutzgerüste für die Elektrifizierung des Gleiskörpers werden bereits montiert.
„Die Firma verfolgt weiterhin das Ziel, mit diesem Bauabschnitt bis zum Jahresende fertig zu werden“, bleibt WBH-Projektleiter Matthias Hegerding neugierig, ob dies tatsächlich noch gelingen kann. Schließlich sind durch Verzögerungen in den Ingenieur- und Statikbüros (wir berichteten) inzwischen sämtliche Zeitpuffer ausgereizt. Zudem müssen auch noch die Verbindungen zur Eckeseyer Straße – hier entsteht eine neue Großkreuzung – sowie zum bereits fertiggestellten zweiten Bauabschnitt geschaffen werden. Hier gilt es vor allem, eine gewaltige Rampe anzuschütten und zu modellieren, über die am Ende die Fahrbahn verläuft.
Das Westside-Areal
Das Material dafür lagert bereits seit Jahren auf dem sogenannten „Westside“-Areal, also jener 20 000 Quadratmeter großen Fläche zwischen der Bahnhofshinterfahrung und dem Hauptbahnhof, die in den städtebaulichen Entwürfen der Planer als hochwertiges Büro- und Dienstleistungsquartier geführt wird. Dort türmen sich die Erd- und Schutthügel mit jenem Material, das sich bei den Abrissmaßnahmen zu Beginn der Arbeiten für das 65-Millionen-Euro-Projekt angesammelt hat.
Die Reste wurden nicht bloß feinsäuberlich geschreddert, sondern auch auf Altlasten untersucht. Mehr als 40 000 Kubikmeter wurden dort bislang umgegraben und aufbereitet, bevor sie jetzt in dem Straßendamm verschwinden sollen. „Dieser Verbau spart uns Millionen, weil somit keine Deponiekosten entstehen“, erläutert Hegerding.
Aktuell sind die Bagger damit beschäftigt, den Untergrund des Westside-Areals für potenzielle Neuansiedlungen optimal vorzubereiten. „Für Firmen, die sich hier etablieren möchten, muss es meist schnell und unkompliziert gehen“, weiß der WBH-Projektleiter, dass nur eine saubere Fläche beste Marktchancen hat. Das heißt, dass dort weder ein
chemisches Altlastenrisiko besteht, noch Kampfmittel-Überraschungen lauern oder sich hartnäckige Alt-Fundamente im Untergrund befinden, die eine Neugründung unnötig verkomplizieren könnten.
Aus den Bodenmassen werden immer wieder Proben gezogen, um den Nachweis der Unbedenklichkeit führen zu können. „Wir werden hier am Ende etwa 10 500 Kubikmeter alte Fundamente vorzugsweise von dem alten Postfrachtzentrum aus der Erde holen“, beschreibt Hegerding die Dimensionen. Jetzt muss für das zwei Hektar große Filetgrundstück in bester Innenstadtlage bloß noch Planungsrecht geschaffen werden, um in die Vermarktung einsteigen zu können.
Die Ennepe-Brücke
Etwas mulmige Gefühle bereitet Matthias Hegerding lediglich noch das letzte Brückenbauwerk über die Ennepe hinweg, das ursprünglich Teil des ersten Bauabschnitts sein sollte. Doch durch den viel zu späten Abriss des rosafarbenen Hauses wurde das schiefwinkelige Bauwerk damals zunächst ausgeklammert, allerdings auch bis heute nicht realisiert.
Die fast zwölf Meter breite und insgesamt 59 Meter lange Querung, die aus zwei Baufeldern entstehen wird, steigt zwischen den Widerlagern um etwa 1,70 Meter an. Der Zwei-Millionen-Auftrag ist zwar längst vergeben, aber durch die in Baumboom-Zeiten chronisch überlasteten Planungsbüros bis heute nicht realisiert. „Inzwischen sind die Ausführungspläne der beauftragten Firma bei uns eingegangen und werden jetzt an einen Prüfstatiker weitergeleitet“, geht Hegerding davon aus, dass die Arbeiten im Mai endlich beginnen können.
Im Vorfeld der Pfahlgründungen am Nordufer der Ennepe wurden bereits Probebohrungen erledigt, um keine erneute Kampfmittel-Überraschung zu erleben. Am Südufer bleibt derweil die bestehende Spundwand bestehen und das neue Widerlager wird als Flachgründung dahinter errichtet. Die sogenannten Big-Packs (in Plastiksäcken verpacktes Staumaterial), mit denen beim Erstellen der Brücken-Widerlager die Ennepe an den Uferbereichen vorbeigeleitet werden soll, liegen bereits parat. Denn in den Monaten Mai, Juni und Juli werden in dem Fluss nach Starkregenfällen die meisten Hochwasserereignisse erwartet. Auch für dieses Element gilt, dass es zum Jahresende fertiggestellt sein soll.
Der Kostenrahmen
Die Gesamtkosten des aktuell größten kommunalen Straßenbauprojektes in NRW, davon ist Hegerding inzwischen überzeugt, werden den ursprünglich vorgesehenen Kostenrahmen von 65 Millionen Euro trotz der erheblichen Steigerungsraten in der Branche nicht sprengen: „Alles was unübersichtlich war, ist erledigt. Da wird es keine wesentlichen Überraschungen mehr geben.“
Wann letztlich die neue Umgehungsstraße, die ja vor allem am Graf-von-Galen-Ring für erhebliche Verkehrsentlastung sorgen soll, freigegeben werden kann, wagt der WBH-Projektleiter noch nicht abschließend vorherzusagen. Aktuell glaubt er an einen Termin in der Jahresmitte 2019.
>>HINTERGRUND: MEHR PLATZ FÜR RADFAHRER
- Von weiten Teilen des kombinierten Fuß-/Radweges entlang der Bahnhofshinterfahrung sind die Laternen wieder verschwunden.
- Die stählernen Masten waren so unglücklich auf der gepflasterten Fläche am Fuße des Hanges platziert worden, dass sich dort Radfahrer nicht mehr gefahrlos begegnen konnten.
- Stattdessen werden die Elemente jetzt hinter die am Rand verlaufende Schutzmauer versetzt, um aus dem Gefahrenbereich herauszukommen.
- Zudem wurde inzwischen der steile Hang der Philippshöhe etwa 30 Meter hinauf gerodet, damit die dort wachsenden Robinien nicht beim erstbesten Sturm auf die neue Fahrbahn krachen.