Hohenlimburg. . Es ist ein Pilotprojekt für Deutschland. Ab Mitte Mai sollen 120 Sensoren in Hohenlimburg die Standfestigkeit der Stennertbrücke überwachen.

Es ist ein Pilotprojekt für Deutschland. Denn eine Spannbetonbrücke mit mehr als 120 Sensoren rund um die Uhr zu überwachen, gibt es bundesweit bislang noch nicht. Das wird ab Mai an der rund 100 Meter langen Stennertbrücke über die Lenne geschehen. Voraussichtlich für einen Zeitraum von zwei Jahren, um zu hören, ob die für Korrosion anfälligen Spannstähle im Brückeninneren halten. Wenn nicht, können Teile der Brücke einstürzen, so dass das fast 60 Jahre alte Bauwerk im ungünstigsten Fall für den Verkehr gesperrt und abgerissen werden muss. Ein Supergau für Hohenlimburg, denn täglich rollen rund 8000 Fahrzeuge über die Bundesstraße 7. Davon ein nicht unerheblicher Anteil an Lastwagen.

„Dramatisch ist der Zustand der Brücke aktuell nicht“, versichert Matthias Hegerding vom Wirtschaftsbetrieb Hagen (WBH), denn das Bauwerk macht nach seiner Einschätzung insgesamt noch einen guten Eindruck.

Nur der Gesundheitszustand der im Beton eingebrachten Stahlseile bereitet den Experten Kopfzerbrechen. Deshalb lässt seine Behörde Vorsicht walten, denn die Ende der 50er Jahre beim Bau der Brücke benutzten Stahlseile sind spröde - und können deshalb im ungünstigsten Fall reißen.

„Ein Herstellungsfehler“, weiß Dr. Gregor Schacht, Mitarbeiter der Marx-Krontal-GmbH aus Hannover, die dieses außergewöhnliche Monitoring an der Lenne übernimmt. Er erklärt das Dilemma: „Es wird durch Feuchtigkeit im Beton ein chemischer Prozess in Gang gesetzt. Der führt Spannungsrisskorrosion des Stahls. Treten dadurch in den einzelnen Drähten der Stahlseile Risse auf, sinkt deren Tragfähigkeit, so dass sich die Standsicherheit der Brücke verringert.“

Vorarbeiten am Mitte April

Ab Mitte April sollen von den Experten aus Niedersachsen die technischen Voraussetzungen für den Lauschangriff geschaffen werden, der mit hochsensiblen Geräten erfolgen wird. Zusätzlich zu Schallemissionssensoren kommt zur weiteren Informationsgewinnung weitere hochmoderne Sensortechnik zum Einsatz: Neigungssensoren stellen Biegerissbildungen fest, und Dehnungssensoren liefern Informationen zum Fahrzeugverkehr. Zusätzlich erfassen Temperatursensoren die Umgebungs- und die Bauwerkstemperatur. Ein Rund-um-Paket somit.

Nach der Installation der Sonden muss das System für die spätere Übertragung der Daten eingerichtet werden. Dazu sind sogar Testfahrten auf der Brücke notwendig, so dass diese an einem Samstag für den Verkehr gesperrt werden muss. Wann das sein wird, steht noch nicht fest.

Jedes Geräusch wird danach für einen Zeitraum von voraussichtlich zwei Jahren erfasst und lässt sich, sollte ein Stahlseil reißen, genau lokalisieren.

Wenn nichts passiert, hofft Matthias Hegerding nach Abschluss der Studie im Jahr 2020 grünes Licht für eine weitere unbedenkliche Nutzung des Bauwerkes geben zu können. „Solche Brücken sind eigentlich für eine 90-jährige Befahrbarkeit ausgelegt.“

Rund 500 000 Euro kostet die Überprüfung der Stennertbrücke im ersten Jahr. Wie hoch die sich daran anschließenden Folgekosten sind, vermochte der Leitende Mitarbeiter des Wirtschaftsbetriebes Hagen nicht abzuschätzen.

Preisgünstiger jedoch als eine neue Brücke zu bauen, deren Kosten er mit einer vorsichtigen Schätzung auf rund sieben Millionen Euro angab. Verbunden mit der großen (Verkehrs-)Belastung, die ein solcher Neubau stets mit sich bringt.

Gelassenheit angesagt

Ob seit der Fertigstellung im Jahr 1959 im Brückenkörper irgendwann schon einmal ein Seil gerissen ist, können die Fachleute aus Niedersachsen nicht erkennen. Sie hören jedoch, wenn das mit einem möglicherweise lauten Knall in den kommenden 24 Monaten passieren wird. Dann schlagen die Sensoren Alarm. „Und in einem solchen Fall“, so Diplom-Ingenieur Ludolf Krontal, „müssen wir, wenn das am Wochenende oder in den Nachtstunden passiert, nicht sofort losrennen, sondern können am Tag danach darauf reagieren.“