Haspe. . Mark-E hat es lange angekündigt: Jetzt macht der Wasserversorger Ernst. Die Lachszüchter in Haspe erhalten weniger Wasser aus der Talsperre.

Ein Hilfeschrei für ein einmaliges Projekt: „Das ist das Aus für uns“, weiß Rainer Hagemeyer, Vorsitzender des Lachszuchtvereins am Fuße der Hasper Talsperren-Staumauer inzwischen nicht mehr, wie es weitergehen soll. Ab sofort beginnt der heimische Versorger Mark-E damit, den ehrenamtlichen Mitgliedern das Wasser abzudrehen. „Damit können wir unser Ziel, den Lachs europaweit wieder in den Flüssen anzusiedeln, nicht mehr verfolgen“, beschreibt Hagemeyer die Situation, „ich bin mit meinem Latein am Ende“.

Die gezüchteten Jungfische werden in den Flüssen der Region ausgesetzt, um die Spezies wieder in den Gewässern anzusiedeln.
Die gezüchteten Jungfische werden in den Flüssen der Region ausgesetzt, um die Spezies wieder in den Gewässern anzusiedeln.

Seit Monaten schwelt bereits der Konflikt zwischen den Interessen der Lachsfreunde und den betrieblichen Notwendigkeiten des Wasserwerks. Gut acht Liter/Sekunde Rohwasser brauchen die Lachsfreunde, um den etwa 400 Fischen für die Zucht ein adäquates Umfeld bieten zu können. Nur zwei Liter/Sekunde möchte Mark-E – so ist es im Grundstücksüberlassungsvertrag bereits geregelt – dem Verein künftig zugestehen.

Daher hat das Unternehmen jetzt für etwa 40 000 Euro einen Mengendurchflussbegrenzer, um den Zulauf in die Fischbottiche zu drosseln. „Wir gehen davon aus, dass Sie im Sinne Ihrer Verantwortung für den Tierschutz inzwischen entsprechende Vorsorge für die Lachszucht getroffen haben“, heißt es in einem Schreiben der Mark-E an die Lachszüchter. Ab sofort würden die Regenwassermengen aus dem Staubecken schrittweise um jeweils einen halben Liter pro Woche reduziert, bis das Zwei-Liter-Limit erreicht sei.

Zu wenig Sauerstoff für Jungfische

Wer erbarmt sich dieses unsäglichen Konflikts?

Nur gut, dass Fische zu den stummen Zeitgenossen auf diesem Planeten gehören. Kaum vorstellbar, wie sie ansonsten mit Schreien des Entsetzens auf das Gebaren der Spezies Mensch reagieren würden. Dass es keinen Kompromiss zwischen den Interessen der Lachszüchter und den Trinkwasserverpflichtungen der Mark-E geben soll, erscheint kaum nachvollziehbar.

Natürlich hat die Trinkwasserversorgung der Hagener absolute Priorität. Aber auch die ökologische Idee, die das Lachszentrum idealtypisch verfolgt, hat absolute Berechtigung und bedarf der Unterstützung.

Umso erschreckender, dass in Hagen sich niemand berufen fühlt, in dem unsäglichen Konflikt als Schlichter aufzutreten, der mit den Parteien eine praktikable Lösung erarbeitet. Seit Wochen ist die Konfrontation zwischen Ehrenamtlichen und Mark-E bekannt. Dennoch hat bislang kein Vertreter des Umweltausschusses, des Landschaftsbeirates oder der Stadt das Gespräch mit den Lachszüchtern gesucht. Ziel kann doch bloß sein, dieses lobenswerte Projekt zu erhalten – und zwar langfristig.

Von Martin Weiske

„Damit ist das gesamte Projekt gefährdet, denn wir können den Lachsbestand so nicht mehr am Leben erhalten“, warnt Hagemeyer. „Vor allem, wenn die Wassertemperatur jetzt im Frühjahr steigt, kann die Sauerstoffzufuhr für die Jungfische nicht mehr garantiert werden“, fürchtet er, dass die Tiere nicht mehr bis zu einer Größe hochgepäppelt werden können, dass man sie bedenkenlos aussetzen kann. „Unter diesen Bedingungen können wir die Anlage nicht mehr wirtschaftlich fahren.“ Mark-E beharrt derweil auf dem Standpunkt, dass man zur Trinkwasseraufbereitung dass Nass aus dem Staubecken im bisherigen Volumen nicht mehr abtreten könne. „Aus diesem Grund müssen wir nun damit beginnen, die angekündigte Reduzierung des Rohwasserzuflusses umzusetzen“, heißt es in der Korrespondenz an die Züchter.

Die Fakten längen alle auf dem Tisch, betont Unternehmenssprecher Uwe Reuter: „Alles ist transparent, wir können die Notwendigkeiten alle belegen.“ Gleichzeitig erinnert er an die Möglichkeit, dass die Lachsfreunde eine Kreislauftechnik installieren könnten, um das Wasser mehrfach zu nutzen – das müsse allerdings bis zum Sommer passieren. Eine Million-Investition, für die dem Verein die Mittel fehlen.

Respekt für die Arbeit des Vereins

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„Wir haben keinerlei grundsätzlichen Vorbehalte gegen das Lachszentrum“, betont Reuter im gleichen Atemzug, „das ist wirklich tolle Arbeit, die der Verein da leistet.“ Allerdings harmoniere die Dimensionierung der Anlage inzwischen nicht mehr mit den wasserwirtschaftlichen Prioritäten der Mark-E. „Wir brauchen das Wasser zur Aufrechterhaltung des Versorgungsauftrages.“

Hagemeyer vermisst derweil die Unterstützung seitens der Stadt und der Politik für das in ganz Europa anerkannte Projekt: „Außer einem Kontakt mit einem Vertreter von BfHo/Piraten hat es zu unseren Problemen kein einziges Gespräch, sondern nur freundliche Zurückhaltung gegeben. Offenbar gibt es für unsere jahrelange Arbeit in Hagen kein Interesse und man lässt uns vor die Wand laufen.“

>>> HINTERGRUND: GENÜGEND WASSER FÜR ALLE

  • Das Lachszentrum verweist darauf, dass im Einzugsgebiet der Talsperre etwa 8,5 Millionen Kubikmeter Wasser pro Jahr gesammelt würden.
  • Die Fischzucht benötige davon 220 000 m³, also lediglich 2,6 Prozent der Gesamtmenge. Da könne es höchstens in extremen Trockenzeiten zu Konflikten kommen.
  • Thomas Dodt, bei der Bezirksregierung in Arnsberg verantwortlich für die Stauanlagenaufsicht, teilt weitgehend die Einschätzung der Hasper Ehrenamtlichen. Er geht davon aus, dass das Wasserdargebot in Haspe locker ausreicht, um sowohl den Zufluss der Lachszucht als auch die Trinkwasserversorgung von Hagen zu sichern.
  • Ähnlich bewertet die Untere Wasserbehörde in Hagen die Situation: „Einen Wassermangel gibt es in Haspe nicht“, betont Behördenleiterin Christa Stiller-Ludwig. „Hier werden betriebswirtschaftliche Grenzen eingezogen, die wasserwirtschaftlich unsinnig sind.“