Hagen. . Fortsetzung im Prozess um Mord an Wolfgang S.: Die Lebensgefährtin schildert den brutalen Überfall in der Villa in Hagen-Emst.

Sie (63) erschien bei ihrem schweren Gang vor das Schwurgericht ganz in Schwarz, wie eine Witwe, lediglich das schimmernde Edel-Seidentuch von Hermès setzte einen dezenten Farbakzent. Die Frau, die ein Vierteljahrhundert lang die Lebensgefährtin des Millionärs und Immobilienkaufmanns Wolfgang S. (55) war, musste gestern als Opfer und Augenzeugin vom durchlittenen Horror berichten: Wie sie von zwei Verbrechern brutal überwältigt wurde - und der langjährige Partner vor ihren Augen starb.

Prozessauftakt am Hagener Landgericht. Die Angeklagten W. und B. begrüßen sich im Gerichtssaal. Am 10.November.2006 wurde der Hagener Unternehmer Wolfgang S. ermordet.
Prozessauftakt am Hagener Landgericht. Die Angeklagten W. und B. begrüßen sich im Gerichtssaal. Am 10.November.2006 wurde der Hagener Unternehmer Wolfgang S. ermordet.

Der grausame Mord, der sich am 9. November 2006 auf Emst abspielte, liegt mittlerweile mehr als elf Jahre zurück. Nun sitzen dafür Milan B. (46) und Thomas W. (51) auf der Anklagebank. Sie schweigen. Das überfallene und misshandelte Opfer, mit Anwalt Mike Peter als Beistand, hat kein Schweigerecht. Die Frau muss Erlebtes berichten. Alle Details, Stück für Stück.

Die Projektmanagerin kam damals, kurz nach sieben Uhr abends, von einer Geschäftsreise aus Frankfurt zurück, hatte den Mercedes im Hof abgestellt und, bepackt mit Faltreisetasche und Laptop, gerade die weiße Haustür mit den vielen kleinen Glasscheiben aufgeschlossen. Drinnen bellte Dackel Berti zur Begrüßung. Doch da waren auch noch deutliche Geräusche hinter ihr: „Ich hörte drei, vier Schritte. Sehr schnelle, laute Schritte. Von Sportschuhen.“

Hausherr ahnungslos in der Sauna

Zwei fremde Männer „mit sportiver Kleidung“, die sich schwarze Masken mit Sehschlitzen übers Gesicht gezogen haben, drängten die überrumpelte Frau ins Haus. Sie wurde mit osteuropäischem Akzent angeherrscht: „Du schreien, du tot!“ Einer der Männer, mit einer Schusswaffe rechterhand und einer Spraydose linkerhand, sprühte ihr ins Gesicht. Allerdings kein Tränengas: „Es klebte, doch es brannte nicht.“

Gewisse Hinweise deuten auch ins Rotlicht-Milieu

„Ist Ihnen bekannt, ob Ihr getöteter Lebensgefährte Kontakte ins Rotlicht-Milieu und in die Dortmunder Linienstraße hatte?“ Auf diese Frage von Richter Marcus Teich antwortete die Zeugin spontan mit „Nein“.

Wolfgang S. habe sein Vermögen mit einer Firma für Zahntechnik und als Immobilienkaufmann gemacht. Am Freitag muss eine Prostituierte als Zeugin aussagen: Sie hatte etwas anderes zu Protokoll gegeben.

Richter Marcus Teich fragt nach: „Sind Sie auch geschlagen worden?“ Die Zeugin schluckt. „Ich bin sogar umgehauen worden, sehr heftig umgehauen worden!“ Die 1,67 Meter große Frau fiel längs hin. Sie wurde brutal ins Gesicht geschlagen, wieder und wieder. Dann wurde sie im Nacken ergriffen, mit dem Kopf fest auf den Boden gedrückt: „Du gucken, du tot!“

Zu diesem Zeitpunkt saß Hausherr Wolfgang S. noch ahnungslos in seiner Sauna. Er hatte von den beiden Eindringlingen und dem rabiaten Überfall auf seine Lebensgefährtin nichts mitbekommen. Doch dann entdeckte einer der beiden Räuber den Millionär im Schwitzbad. Offenbar kam es dort zu einem Kampf um Leben und Tod.

Versicherung ersetzt 600 000 Euro

„Ich hörte Schläge, wie im Film, wenn man dort jemanden zusammenschlägt.“ Und es gab einen Schusswechsel. „Es hat dreimal sehr laut geknallt. Mein Mann ist dann schwer verletzt und gebückt aus dem Saunabereich herausgetorkelt, gestolpert, und vor mir zusammengebrochen.“

Die Zeugin spricht tapfer weiter: „Dann haben sie mich nach oben in den Schlafbereich gezwungen. Zum Safe.“ Dabei fielen die Worte „Geld, Geld, Geld“. Im Tresor lag „in erster Linie Schmuck. Vor allem Uhren.“ Die Versicherung ersetzte später einen Schaden über 600 000 Euro.

Bevor die beiden Verbrecher den Tatort verließen, sperrten sie die misshandelte Frau im Keller ein. Vorher musste sie noch ihre Armbanduhr und einen Fingerring abgeben. Das gravierende Ereignis hat schwere Spuren bei der resoluten Frau hinterlassen: Lange Zeit Lähmungen der rechten Gesichtshälfte, zwei Jahre lang musste sie psychologisch betreut werden.

Die Villa an der Bergruthe hat sie verlassen: „Ich habe nie wieder dort gewohnt oder da geschlafen.“