Hagen. . Der Reiterverein Hagen hat der Stadt mitgeteilt, seine Pferde nach Sprockhövel gebracht zu haben. Im Gegenzug kündigt die Stadt den Pachtvertrag.
Die Stadt Hagen hat den Beschluss des Haupt- und Finanzausschusses umgesetzt und den Pachtvertrag mit dem Reiterverein auf dem Höing mit Wirkung zum 31. Dezember 2018 gekündigt. Zudem teilte die Stadt auf Anfrage unserer Zeitung mit, der Verein habe angegeben, dass sich die Pferde nicht mehr in Hagen, sondern in Sprockhövel befänden. Jugendwartin Annika Brucke habe Amtstierarzt Dr. Edwin Esser darüber informiert, dass der gesamte Reiterverein nach Sprockhövel umziehen werde.
Gegenüber unserer Zeitung mochte Brucke jedoch nicht bestätigen, dass alle Pferde vom Höing abtransportiert worden seien: „Dazu kann ich keine Auskunft geben. Wir sind im Moment sehr vorsichtig.“ Über einen Rechtsanwalt hatte der traditionsreiche Verein, der einst zu den Vorzeigeadressen im deutschen Reitsport gehörte, im November angekündigt, dass er das Gelände auf dem Höing über den Weg des Heimfalls verlassen wolle. Dadurch würden die Rechte aus dem Erbbauvertrag an den Grundstückseigentümer, also die Stadt Hagen, zurück übertragen.
Neutraler Gutachter
Allerdings verlangt der Reiterverein von der Stadt für die auf dem Gelände befindlichen Bauten eine Entschädigung. Der Rechtsanwalt, von dem sich der Verein inzwischen getrennt hat, hatte im Dezember mitgeteilt, nach Auskunft seiner Mandantschaft stehe eine Summe von fünf Millionen Euro im Raum. Experten halten diesen Betrag für maßlos überzogen, zumal es bei einem Heimfall ohnehin üblich ist, den Wert von Immobilien von einem neutralen Gutachter bewerten zu lassen. Wie hoch die Summe auch ausfallen wird: „Wir bleiben so lange auf dem Gelände, bis die Entschädigung ausgezahlt ist“, kündigte Jugendwartin Brucke an.
Einstiges Mekka des Reitsports
Frühere Mitglieder beobachten den Niedergang des 1902 gegründeten Reitervereins mit Entsetzen. „Es ist einfach nur noch traurig, was dort geschieht“, so Norbert Kolatschke (57), der zwei Jahrzehnte lang im und für den Vorstand tätig war. Tatsächlich gab sich im letzten Jahrhundert die Elite des deutschen Springsports in Hagen ein Stelldichein, Olympiasieger und Weltmeister ritten Turniere auf dem Höing, darunter Hans-Günter Winkler, Paul Schockemöhle, Ludger Beerbaum oder Fritz Ligges. In den fünfziger Jahren war Hagen hinter Aachen und Hamburg die bedeutendste Turnierstadt in Deutschland. 1997 fand zum letzten Mal ein Springen der S-Klasse statt.
Als Pächter der Anlage und Reitlehrer war in jener Zeit Hans-Ulrich Grunow tätig, die Jugendarbeit florierte.
Anerkannter Ausbildungsbetrieb
„Wir waren ein anerkannter Ausbildungsbetrieb der Deutschen Reiterlichen Vereinigung“, erinnert sich Kolatschke. Viele bedeutende Hagener Persönlichkeiten hätten dem Verein, der einst 700 Mitglieder zählte, angehört. „Der Verein war mein Leben, es war traumhaft“, berichtet die einstige Vorsitzende Nicole Nawroth.
Als Grunow nach 21-jähriger Tätigkeit im Jahr 2007 mit vier Turnier- und neun Schulpferden nach Trier zog, war es mit der Herrlichkeit endgültig vorbei. Zwei Jahre später wurde der bis heute amtierende Vorsitzende ins Amt gewählt, der wegen Verstößen gegen das Tierschutzgesetz und anderen Vorwürfen mehrfach Bekanntschaft mit den Schranken der Gerichte machte. Zuletzt scheiterte er im Dezember vor dem Amtsgericht mit einem Einspruch gegen zwei Bußgeldbescheide über 1000 Euro.
Was aus dem wunderbar zwischen Ischelandstadion und Ischelandhalle gelegenen Grundstück wird, wenn die Reiter ihre Zelte dort abgebrochen haben, ist unklar. Zuletzt hieß es, dort solle eine Großsporthalle für die Handballer und Basketballer entstehen.
>>Hintergrund: Seit Jahren im Clinch
- Das Veterinäramt und der Reiterverein liegen wegen des Tierschutzes seit langem im Clinch.
- 2015 geriet der Verein in die Schlagzeilen, weil er mehreren Kindern die Teilnahme am Voltigierunterricht sowie die Mitgliedschaft gekündigt hatte.
- 2017 mussten die Veterinäre mehrmals die Polizei um Amtshilfe bitten, da ihnen der Zugang zur Anlage verwehrt wurde.