Breckerfelder. . Landwirt Uli Ferron gibt den dauernden Überlebenskampf auf. Zuletzt hat er für ein Kilo Fleisch den gleichen Preis wie vor 33 Jahren erhalten.

Am Beginn steht eine Zeitreise. Den Ordner mit alten Abrechnungen hat Uli Ferron schon oft hervorgeholt. Immer dann, wenn das Thema faire Preise für die heimischen Landwirte hochgekocht ist. Und das war viel zu oft in den letzten Jahren der Fall.

Vermutlich präsentiert er dieses beeindruckende Zahlenwerk jetzt zum letzten Mal einem Journalisten. Uli Ferron ist kein Landwirt mehr. Zumindest keiner mehr, wie er es jahrzehntelang war. Die Rinder haben an einem für den Landwirt „schlimmen Tag“ seinen Stall verlassen. Das letzte liegt in einem eigens angeschafften Gefrierschrank.

Einer der fairsten Metzger

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Die Abrechnung, die Ferron jetzt noch einmal aus dem Ordner zieht, beschreibt das ganze Dilemma. 8,20 D-Mark hat er Mitte der 80er Jahre für ein Kilo Rindfleisch erhalten. 4 Euro waren es zuletzt vom Metzgerei-Betrieb Schier, wobei Ferron dessen Umgang ausdrücklich lobt.

„Einer der fairsten Metzger, an den ich je geliefert habe. Auch wegen der guten Qualität des Fleisches lag ich rund 25 Prozent über dem Durchschnittspreis“, sagt Ferron, „aber wenn man bedenkt, dass ich zuletzt so viel bekommen habe wie vor 33 Jahren – das ist doch Wahnsinn.“

Kosten des Landwirts um ein Vielfaches gestiegen

Der Stall ist jetzt leer: Landwirt Uli Ferron mit Frau Sylvia und Stiefsohn Basti Kröhnert sowie Heiner Born (von links) vom Landwirtschaftlichen Ortsverband Breckerfeld,.
Der Stall ist jetzt leer: Landwirt Uli Ferron mit Frau Sylvia und Stiefsohn Basti Kröhnert sowie Heiner Born (von links) vom Landwirtschaftlichen Ortsverband Breckerfeld,. © Jens Stubbe

Dass parallel die Kosten des Landwirts um ein Vielfaches gestiegen sind, verhagelt die Bilanz. „Es hat sich am Ende einfach wirtschaftlich nicht mehr gerechnet. Ohne die Einnahmen, die wir erzielen, weil wir Teile unseres alten Stalls in Wohnraum umgewandelt haben und vermieten, wäre das Aus schon viel früher besiegelt worden“, sagt Ferron.

Die Tier-Produktion gibt der Mann aus Berghausen, der für die FDP im Stadtrat sitzt auf, nicht aber den Bauernhof. Fortan will er seine 30 Hektar eigene Fläche in ein Kulturlandschaftsprogramm einbringen und sie nur noch einmal nach dem 1. Juli mähen.

Künftig nur noch Produktion von Bio-Futter

Damit konzentriert er sich auf die Produktion von biozertifiziertem Futter. Dazu will er mit seiner Frau Sylvia Kräuterwanderungen und Workshops auf den Wiesen rund um seinen Hof anbieten, auf denen rund 80 verschiedene Pflanzenarten wachsen.

Dass er in der Presse von einem „Kanibalismus“ in der Landwirtschaft gelesen hat, ärgert ihn. „Es ist völlig falsch, dass die großen Betriebe die kleinen fressen“, sagt Ferron, „das Problem ist, dass wir zu den gleichen Preisen wie 33 Jahren produzieren. Und das gilt für viele größere Betriebe gleichermaßen.“

Entnervter Bauer über Jahre zermürbt

Es ist dieser ständige Kampf am Rande des Überlebens, der Landwirte wie Ferron über die Jahre zermürbt, der aber auch der jungen Generation schon früh zu schaffen macht. „Preistief folgt auf Preistief“, sagt Heiner Born, der den Milchvieh-Betrieb seiner Eltern übernommen hat, „die kurzen Phasen, in denen die Molkereien besser zahlen, reichen nicht aus, um sich wirtschaftlich wieder zu erholen.“ Und das, obwohl eine Kuh heute 2000 Liter mehr Milch pro Jahr gibt als früher und sich die Anzahl der Kühe in den meisten Betrieben verdoppelt habe.

Denn: Mindestens verdoppelt haben sich auch die Spritpreise in den letzten 30 Jahren. „Und wenn ich heute einen Handwerker für eine Reparatur bestellen muss, zahle ich ein Vielfaches“, so Born.

Konzerne diktieren heute die Preise

Im Grund, so sagt der Vorstand im Landwirtschaftlichen Ortsverein, sei es auch der Verbraucher, der mitentscheiden könne, wo die Reise hingeht. 95 Prozent hätten sich bei einer Umfrage bereit erklärt, mehr für einen Liter Milch zu bezahlen. 100 Prozent dann aber im Supermarkt-Regal zum günstigsten Produkt gegriffen.

Die Preise selbst allerdings machen nicht die Verbraucher und nicht die Landwirte. Daran hat sich in den letzten 33 Jahren nichts geändert. Sie werden heute diktiert von den großen Konzernen. „Und die Landwirte am Ende der Kette müssen sie ausbaden“, sagt Uli Ferron. Daraus hat er seine Konsequenzen gezogen.