Hagen. . Er ist selbst bereits in seinem Büro bedroht worden: Wie Hagens Oberbürgermeister nach dem Attentat auf seinen Amtskollegen aus Altena reagiert.

  • Nach dem Attentat auf Bürgermeister von Altena will Hagens OB sein Verhalten nicht ändern
  • Man dürfe sich nicht einschüchtern lassen, sagt Schulz. Angst sei ein schlechter Berater
  • Erik O. Schulz kennt Andreas Holstein seit Jahren gut durch Enervie-Zusammenarbeit

Er hat selbst schon einmal eine Bedrohungslage erlebt: Ein knappes Jahr ist es nun her, als ein ehemaliger, offensichtlich psychisch gestörter Stadt-Mitarbeiter plötzlich im Büro von Oberbürgermeister Erik O. Schulz stand, ihn wüst beschimpfte und mit einem Kantholz bedrohte. Er blieb damals unverletzt, aber umso mehr zeigt sich das Hagener Stadtoberhaupt betroffen von dem Attentat auf Altenas Bürgermeister Andreas Hollenstein.

Wie haben Sie von der Tat erfahren?

Ich war am Montagabend bei der Verleihung des NRW-Staatspreises an den deutsch-iranischen Schriftsteller Navid Kermani in Köln. Auf der Heimfahrt von Köln habe ich dann die Nachricht erhalten, dass zeitgleich mit der Preisverleihung auf Bürgermeister Andreas Hollstein ein Messerattentat verübt wurde. Ihn hatte Kermani noch im letzten Jahr in Altena besucht, weil er beeindruckt von seiner Haltung in der Flüchtlingsfrage war. Dieses tragische zeitliche Zusammenspiel zu realisieren, war zugegebenermaßen ausgesprochen verstörend für mich.

Kennen Sie Hollstein persönlich?

Ja, ich kenne Andreas Hollstein als Bürgermeister-Kollege aus der Region schon seit vielen Jahren, insbesondere natürlich durch unsere enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit im Aufsichtsrat der Enervie.

Werden Sie nun auch persönlich Ihr Verhalten ändern, sich zum Beispiel nicht mehr unbefangen in der Öffentlichkeit bewegen?

In diesen Zeiten ist es fraglos ein guter Rat für jeden von uns, mit wachen Augen unterwegs zu sein. Aber man darf sich weder einschüchtern lassen, geschweige denn aus der Öffentlichkeit zurückziehen. Diesem Grundsatz bin auch ich nach dem bekannten Zwischenfall im vergangenen Jahr konsequent treu geblieben. Realistisch betrachtet reden wir über Einzelfälle – so tragisch sie auch jeweils sind.

Sehen Sie sich – durch Post, E-Mails oder in Online-Foren – Beschimpfungen oder Drohungen ausgesetzt?

Sicherlich kommt das hier und da vor. Es ist dann allerdings die Frage, wie nah man so etwas tatsächlich an sich heran lässt. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es gut ist, nicht auf Alles und Jedes zu reagieren. Das bedeutet im Umkehrschluss aber nicht, zum Beispiel mit Bürgern, die auch einmal sehr emotional Kritik mir gegenüber äußern, nicht auch weiterhin einen offenen und konstruktiven Dialog zu pflegen.

Herr Hollstein hat sich in der Vergangenheit pointiert auch zu umstrittenen Themen geäußert. Laufen wir Gefahr, dass Politiker oder Oberbürgermeister sich künftig nicht mehr pointiert äußern werden?

Nein, das sehe ich ausdrücklich nicht so. Noch einmal: Wir reden hier von Einzelfällen. Für mich – wie für alle meine Kolleginnen und Kollegen – gehört es untrennbar zum Amt mit dazu, sich immer wieder neu bei einzelnen Themen und Fragestellungen klar und deutlich zu positionieren. Daran darf und wird sich auch in Zukunft nichts ändern. Angst ist kein guter Ratgeber.

Wird es nach diesem Fall für die Zukunft schwieriger, Menschen zu finden, die sich politisch engagieren oder für öffentliche Ämter kandidieren?

Vollkommen losgelöst von dem tragischen Ereignis jetzt in Altena wird es schon seit geraumer Zeit insgesamt immer schwieriger, Menschen zu motivieren, sich politisch zu engagieren beziehungsweise für ein Amt zu kandidieren. Dabei wird leider zunehmend übersehen, wie erfüllend es ist, sich für das Gemeinwohl einzusetzen. Gerade das Engagement von Dr. Andreas Hollstein rund um die Flüchtlingsfrage ist dafür ein großartiges und nachahmenswertes Beispiel.

>> HINTERGRUND: „Widerwärtige Tat“

  • Auch der CDU-Kreisvorsitzender Christoph Purps äußert sich betroffen über den Angriff auf seinen Parteikollegen:
  • „Wenn Menschen feige angegriffen werden, weil sie für ihre politische Überzeugung einer offenen Gesellschaft einstehen, dann ist das widerwärtig. Zu Recht wurde Bürgermeister Hollstein für seine humane Politik ausgezeichnet.“