Wehringhausen. . Veska Petrova-Schneider stammt selbst aus Bulgarien. Jetzt kümmert sie sich um die Zuwanderer aus Südosteuropa. Und um die Sorgen der Wehringhauser Bürger.

  • Veska Petrova-Schneider kümmert sich in Wehringhausen um Zuwanderer aus Rumänien und Bulgarien
  • Mit einer Kollegin teilt sie sich eine Stelle – für mehr als 1000 Zuwanderer in dem Stadtteil
  • 51-Jährige kommt selbst aus Bulgarien und sagt: Ich kann beide Seiten verstehen

Rein mathematisch scheint es ein aussichtsloses Unterfangen. Auf der einen Seite mehr als 1000 Zuwanderer aus Rumänien und Bulgarien, die in jüngster Zeit nach Wehringhausen gezogen sind. Und auf der anderen Seite ein Landesprogramm mit nur einer Sozialarbeits-Stelle, die ganz konkret auf diese Zuwanderer-Gruppe ausgerichtet ist. Doch Veska Petrova-Schneider lässt keine Spur von Aussichtslosigkeit erkennen: „Ich sehe die Erfolge. Etwa, wenn eine Zuwandererfamilie, die vor einem Jahr unsere Hilfe gesucht hat, jetzt auf eigenen Beinen steht. Der Mann hat eine Vollzeitstelle, die Kinder gehen zur Schule.“

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Die 51-Jährige füllt mit einer halben Stelle diese Aufgabe aus, die Caritas und Diakonie im Rahmen des Landesprojekts „NRW hält zusammen“ gemeinsam für Wehringhausen schultern. Ihre Kollegin Sabine Rink von der Caritas hat die andere Hälfte der Stelle. Was Veska Petrova-Schneider hilft: Sie hat selbst eine Zuwanderungsgeschichte, ist vor 20 Jahren der Liebe wegen von Bulgarien nach Deutschland gekommen. „Ich weiß, wie es sich anfühlt, wenn man die Sprache nicht versteht und nicht weiß, wie die Gesellschaft funktioniert. Aber ich lebe schon lange in Deutschland, ich kann beide Seiten verstehen.“

Mittwochs Sprechstunde

Sprach- und Integrationsmittlerin – so heißt ihre Funktion offiziell. De facto ist sie aber eine „Kümmerin“. Eine, die beide Seiten im Blick hat: „Ich bin Ansprechpartnerin sowohl für die Zuwanderer als auch für die Bürger, die hier schon lange leben.“ Und deshalb hofft sie, dass die Bürger, die sich an die WP mit ihren Sorgen gewandt haben, künftig auch an sie wenden, wenn es Probleme gibt. Immer mittwochs von 14 bis 16 Uhr hält sie eine Sprechstunde im Stadtteilladen in der Lange Straße, montags von 10 bis 12 Uhr ist sie dort auch während des Cafés International der Integrationsagentur der Diakonie präsent. „Wenn wir von Problemen hören, dann gehen wir direkt in die Häuser, reden mit den Menschen und versuchen sie zu lösen.

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Sie kennt die typischen Probleme. Etwa mit der Müllentsorgung. „Ich sage den Menschen dann sehr deutlich: Ihr müsst lernen, wie Deutschland funktioniert. Wie wichtig hier für die Menschen Sauberkeit und Ordnung ist.“ Scheinbare Kleinigkeiten stünden oft am Anfang: „Da kommt der Abholschein für die Gelben Säcke, aber die Zuwanderer verstehen nicht, worum es geht, halten es für Werbung und werfen ihn weg.“

Tüten voller Behörden-Papiere

Die 51-jährige und ihre Kollegin erklären all dies und setzen darauf, dass sich diese Informationen unter den Zuwanderern weiter verbreiten. Genauso wie Informationen über Integrationskurse. Oder Angebote von Vereinen oder des Stadtsportbundes. Und mit ihrer Caritas-Kollegin organisiert sie Informationen, etwa zu Arbeitnehmer-Rechten. „Es gibt viele, die ihre Rechte nicht kennen und ausgebeutet werden“, weiß die Sprach- und Integrationsmittlerin.

Alle Behörden-Angelegenheiten sind auch ein großes Thema. „In Rumänien oder Bulgarien bekommen die Bürger viel weniger Post von den Verwaltungen als hier in Deutschland“, sagt Veska Petrova-Schneider. „Damit sind die Leute überfordert. Manchmal kommen sie mit einer ganzen Tüte voll Papieren zu mir.“ Sie hilft dann dabei, die Schreiben zu ordnen, ruft auch schon mal bei Ämtern an. Da kommt ihr zugute, dass sie in Bulgarien selbst Mitarbeiterin bei einer Stadtverwaltung war.

„Die Menschen aus Bulgarien oder Rumänien lesen keine Zeitung. Sie wissen oft gar nicht, dass es so viel öffentliche Kritik gibt.“ Dass allein ihre Präsenz in großer Zahl auf dem Wilhelms- oder Bodelschwinghplatz Bürger in Wehringhausen störe, sei den Menschen gar nicht bewusst: „In Bulgarien und Rumänien ist das so: Das Leben findet auf den Plätzen statt, dort trifft man sich. Auch auf den Spielplätzen. Und die Kinder sind dort die meiste Zeit draußen.“

Suche nach besserer Zukunft

Aber warum kommen so viele Zuwanderer? Und wollen sie auch tatsächlich hier in Wehringhausen bleiben? „Keiner verlässt seine Heimat einfach so“, sagt Veska Petrova-Schneider. „Sie kommen, weil sie Arbeit suchen. Sie wollen eine bessere Zukunft. Wenn sie sie hier finden, dann werden sie auch hier bleiben.“ Daher setzt sie auch auf viel mehr Dialog zwischen Zuwanderern und Wehringhauser Bürgern. „Junge Zuwanderer-Mütter müssen rauskommen, auch mit ihren Kinder in die Krabbelgruppen gehen und dort andere Mütter kennenlernen.“ Die 51-Jährige macht sich keine Illusionen: Ihre Arbeit kann das nicht allein bewirken. Aber sie und ihre Kollegin arbeiten Stück für Stück weiter und lassen sich auch nicht davon abhalten, dass sie mathematisch auf verlorenem Posten stehen.

>> HINTERGRUND: Sozialarbeit im Viertel

  • Neben der Arbeit von Caritas und Diakonie mit zwei halben Stellen ist die Sozialarbeit in Wehringhausen so aufgestellt:
  • Für das Kindeswohl – nicht nur bei den Zuwandererfamilien – sind die Mitarbeiter des Allgemeinen Sozialen Dienstes der Stadt zuständig. Für Wehringhausen sind dies drei Mitarbeiter.
  • Zwei Mitarbeiter sind in einem Lotsenprojekt für rumänische und bulgarische Zuwanderer im gesamten Stadtgebiet (Themen: Wohnen, Arbeiten und Schulbesuch) tätig.
  • Caritas und Diakonie bieten zudem das Projekt BiBer an. Ziel: Zuwanderer-Kinder in frühkindliche Bildung integrieren.