Wehringhausen. . Teil 2 unserer Wehringhausen-Serie: Unterwegs mit dem Polizei-Bezirksbeamten Roland Tripp, der Haftbefehle meist ganz allein vollstrecken muss,

  • Serie „Wehringhausen-Report“: Unterwegs mit dem Bezirksbeamten Roland Tripp
  • Kein Spezialkommando dabei: 60-Jähriger muss Haftbefehl meist allein vollstrecken
  • Bürger erwarten oft größere Härte, doch Roland Tripp sagt: Damit kommt man hier nicht weit

Um 700 Euro geht es. Geld, das der junge Rumäne dem Staat schuldet. Und der zeigt sich konsequent: Ein Haftbefehl ist erlassen worden und es ist nun Roland Tripps (60) Aufgabe, diesen Haftbefehl zu vollstrecken.

Tripp ist der Bezirksbeamte der Hagener Polizei für Wehringhausen, genauer gesagt für den Teil, der das schwierigste Klientel hat: Von den Bahngleisen unten entlang der Augusta- und Minervastraße bis zur Eugen-Richter-Straße reicht sein Revier. Rein flächenmäßig ist es gar nicht so groß, aber Roland Tripp weiß: „Ein Sechstel aller Vorgänge im Stadtgebiet entfallen auf meinen Bezirk.“ Die WESTFALENPOST hat ihn bei seiner Arbeit begleitet.

Kein Spezialeinsatzkommando

Für den Haftbefehl über 700 Euro, den er nun vollstrecken soll, kommt kein Spezialeinsatzkommando der Polizei, wie man es aus einem TV-Krimi erwarten würde. Roland Tripp ist in solchen Fällen meist allein unterwegs, heute hat er lediglich die inoffizielle Unterstützung zweier Ordnungsamtsmitarbeiter, die ihn regelmäßig bei gemeinsamen Streifengängen unterstützen.

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David Reichert (33) und Kevin Woltermann (25) konzentrieren sich jetzt aber weniger auf den Haftbefehl als auf ihre eigentlichen Aufgaben, sie inspizieren den Innenhof des Hauses direkt am Wilhelmsplatz. Gibt es Müllansammlungen, die gesundheitsgefährdend sein könnten? Gibt es Rattenbefall? Ist erkennbar, dass illegal Strom abgezapft wird?

Völlig vermüllte Wohnung

Derweil begibt sich Roland Tripp in dem Haus auf die Spurensuche nach dem jungen Rumänen. Die Klingel und auch Wohnungsschilder helfen hier wenig. Er klopft zunächst an der Tür einer syrischen Familie – der Vater zweier Kinder hatte nachts gearbeitet, ist noch schlaftrunken. Zumindest kann er aber sagen, dass die rumänischen Familien weiter unten im Haus wohnen.

Roland Tripp hat stets ein waches Auge, wenn er durch Wehringhausen streigt.
Roland Tripp hat stets ein waches Auge, wenn er durch Wehringhausen streigt. © Michael Kleinrensing

Auf dem Weg dorthin schaut Roland Tripp in eine Wohnung, deren Tür nur durch ein Klebeband zugehalten wird. Sie ist total vermüllt. Es stinkt und keiner reagiert auf Zurufe. Schlimme Zustände, aber in einem Privathaus noch lange kein Anlass, dass der Staat eingreifen könnte. „Mag sein, dass hier nachts Menschen aus der Alkoholiker- und Drogenszene schlafen“, sagt der Polizeibeamte, der schließlich die richtige Wohnungstür gefunden hat.

Gesuchter weilt in Rumänien

Es ist der Vater des jungen Rumänen, der die Tür öffnet. Sein Sohn sei derzeit in Rumänien, um den Führerschein zu machen. Er spricht nur ein paar Brocken Deutsch. Doch Roland Tripp macht ihm deutlich, dass er in einigen Wochen wiederkommen wird und dass der Sohn bis dahin zumindest eine Ratenzahlung von 150 Euro im Monat organisiert haben muss.

Der 60-Jährige weiß, dass viele Bürger die Vorstellung haben, dass die Polizei große Härte zeigen soll. Doch in Wehringhausen bringe das nur bedingt etwas, sagt Roland Tripp, der hier seit zehn Jahren Bezirksbeamter ist: „Hier gibt es viele sozial Schwache, viele Einzelschicksale, da muss man als Mensch reagieren.“

Es ist diese kleinteilige Arbeit, die den Alltag des 60-Jährigen prägt: Haftbefehle wie diesen zu vollstrecken, dafür zu sorgen, dass Angeklagte oder Zeugen, die nicht zum Prozesstermin gekommen sind, diesmal vor Gericht erscheinen. Sich zwischendurch noch um die sieben Kindergärten, zwei Grundschulen und die eine Förderschule kümmern, die zu seinem Bezirk gehören – etwa bei der Schulwegsicherung und der Verkehrserziehung. Und natürlich ansprechbar sein für die Bürger.

Zu Fuß im Stadtteil unterwegs

Roland Tripp hat es schon getroffen, dass Wehringhauser Bürger im WP-Gespräch zum Auftakt unserer Serie der Polizei den Vorwurf gemacht haben, sie sei nicht präsent: „Wenn ich Dienst habe, bin ich vier Tage in der Woche zu Fuß hier im Stadtteil unterwegs – einmal die Woche auch im Spätdienst.“

Regelmäßig steht er mit der Mobilen Wache freitags auf dem Wochenmarkt in Wehringhausen. Auch da sei er immer ansprechbar, er wünscht sich sogar, dass die Bürger dort öfter zu ihm kommen. Ja, er hat in jüngster Zeit registriert, wie sehr der massive Zuzug aus Südosteuropa die Menschen in Wehringhausen bewegt.

Er hat auch seine Arbeit verändert, aber Roland Tripp sagt mit seiner zehnjährigen Erfahrung auch: „Vor ein paar Jahren war es noch die Trinker- und Drogensüchtigenszene, die die Menschen hier verängstigt hat. Die ist immer noch da, aber es ist ruhig um sie geworden. Die Menschen aus Rumänien und Bulgarien leben jetzt hier. Und sie haben zunächst einmal die gleichen Rechte. Aber sie müssen erkennen, dass wir hier nun mal auf bestimmte Dinge Wert legen, etwa auf die Sauberkeit.“

Erfolg am Bodelschwinghplatz

Der Bezirksbeamte und die beiden Ordnungsamtsmitarbeiter sind derweil unterwegs zum Bodelschwingh­platz. Roland Tripp will seinen städtischen

Der Blick in die Hinterhöfe von Wehringhausen ist nicht immer pittoresk. Das Ordnungsamt kontrolliert auch die starke Vermüllung.
Der Blick in die Hinterhöfe von Wehringhausen ist nicht immer pittoresk. Das Ordnungsamt kontrolliert auch die starke Vermüllung. © Michael Koch

Kollegen einen Hinterhof zeigen, der vermüllt ist und in dem er jüngst bei einem Kontrollgang auch Ratten entdeckt hat. David Reichert und Kevin Woltermann brauchen solche Hinweise, denn zunächst einmal gibt es keine Handhabe, wenn Abfall auf einem Privatgrundstück gelagert wird.

Ratten können aber ein Hinweis auf eine Gesundheitsgefährdung sein. Nebenbei werden rumänische Bewohner von dem Trio aus Polizei und Ordnungsamt ermahnt, die geleerten Mülltonnen von der Straße wieder in den Hof zu bringen. Die Uniformen wirken, eine ganz Schar von Menschen kommt und holt die Tonnen rein.

Ein ganz kleiner Erfolg im Kampf für mehr Sauberkeit und Sicherheit. Roland Tripp hofft, dass das bei den Bürgern ankommt. Selbstkritisch sagt er aber auch: „Wahrscheinlich müssen wir uns als Polizei aber auch noch besser aufstellen, damit wir für die Bürger noch präsenter sind.“

>>HINTERGRUND: IN VIERER-TEAMS

  • Auch die Ordnungsamtsmitarbeiter David Reichert und Kevin Woltermann haben täglich damit zu tun, dass sie den hohen Erwartungen der Bürger nicht immer gerecht werden können. Die große Präsenz von Zuwanderern auf dem Wilhelmsplatz insbesondere an warmen Tagen ist so ein Punkt. „Natürlich dürfen sie dort zunächst einmal sein“, sagt David Reichert. Erst bei Ruhestörungen hat das Ordnungsamt eine Eingriffsmöglichkeit. Aber natürlich werde auch jede Vermüllung geahndet, so Reichert: „Das ist aber schwierig, weil wir den Verursacher quasi auf frischer Tat ertappen müssen.“ Bei den weggeworfenen Kernen, die im Stadtteil ein großes Ärgernis sind, ist das sehr schwierig.
  • Und beim Sperrmüll auch. „Der wird oft mitten in der Nacht dorthin gestellt“, sagt Reichert. „Da gibt es keine Zeugen und meist auch keinen Hinweis auf den Verursacher.“ Ihm und seinen Kollegen bleibt da oft nichts anderes übrig, als die Funde beim Hagener Entsorgungsbetrieb zu melden, der sie spätestens am übernächsten Tag abgeholt haben soll.
  • Auch David Reichert und sein Kollege treten der Bürger-Kritik, dass Stadt und Polizei in Wehringhausen nicht präsent seien, entgegen: „Wir sind in Vierer-Teams im Stadtteil früh und spät präsent, insbesondere in der Sommerzeit auch am Wilhelms- und am Bodelschwinghplatz. Wir gehen auch allen Hinweisen der Bürger nach“, sagt David Reichert. Er selbst macht sich eine Menge Notizen beim Gang durch den Stadtteil. „Der Block bleibt nie leer“, sagt der 33-Jährige. Das Ordnungsamtspersonal sei ja auch aufgestockt worden. „Aber natürlich ist auch in den anderen Stadtteilen viel los.“