Hagen. . Jüngst hatte unsere Zeitung über Nils Schumann berichtet. Sein Fall ist zu einem Politikum geworden. Viele Bürger reagieren auf den Bericht.

  • Die WESTFALENPOST hatte jüngst über den 17-Jährigen berichtet, der nach einem Badeunfall querschnittsgelähmt ist.
  • Eine Lücke im Gesetz, wie sich bei Recherchen unserer Zeitung herausstellte, verhindert, dass er Fahrtkosten erhält
  • Aus der Hagener Bevölkerung erhält Schumann nun Hilfe und auf Bundesebene ist der 17-Jährige zu einem Politikum geworden.

Der Fall Nils Schumann bewegt Politik und Bürger. Die WESTFALENPOST hatte jüngst über den 17-Jährigen berichtet, der nach einem Badeunfall querschnittsgelähmt ist und für den niemand die Fahrtkosten zu seiner Stelle als Bundesfreiwilligendienstler beim Arbeiter-Samariter-Bund übernimmt. Eine Lücke im Gesetz, wie sich bei Recherchen unserer Zeitung herausstellte. Aus der Hagener Bevölkerung erhält Schumann nun Hilfe. Und auf Bundesebene ist der 17-Jährige zu einem Politikum geworden.

Vater Christof ist alleinerziehend

Der Bundesfreiwilligendienst begann für Nils Schumann am 1. September. Als er zuvor noch das Hildegardis-Gymnasium besuchte, kam das Land für die Fahrtkosten des behinderten jungen Mannes zur Schule auf, damit er seiner Schulpflicht nachkommen konnte. Doch seit er Freiwilligendienstler ist, bleibt die Familie auf den Kosten sitzen. Vater Christof Schumann erzieht drei Söhne allein. Die Mutter der Familie ist verstorben.

Das zuständige Bundesamt erklärt auf WP-Anfrage, dass in Absprache mit den Einsatzstellen versucht werde, dem behinderten Bundesfreiwilligen durch Reduzierung der Dienstzeit oder teilweise Freistellung von den Seminaren den Dienst zu ermöglichen. Allerdings sei die Kostenübernahme des Transports derzeit nicht möglich. „Die Zahlungen des Bundes sind vom Gesetz abschließend aufgelistet. Darunter fallen die Transportkosten nicht und es gibt leider keinen Ermessensspielraum“, erklärt die Pressestelle des Amtes. Die Problematik sei bekannt und es solle in der nächsten Legislaturperiode gesetzlich nachgebessert werden.

Ministerium hat sich verschätzt

In einer Mail an Christof Schumann wehrt sich das Bundesamt gegen die Annahme, dass die Assistenzleistungen im Gesetz vergessen worden seien. „Wir dachten nur, dass die entsprechenden Zahlungen nach dem Sozialgesetzbuch auch für unseren Bereich greifen. Dies trifft aber leider nicht zu.“ Aus diesem Grund müsse für alle Freiwilligendienste eine entsprechende Regelung getroffen werden. Diese werde in der nächsten Legislaturperiode erfolgen.

1000-Euro-Spende vom Nachbarn

Unterdessen erfährt Nils Schumann viel Zuspruch. Jüngst spendete ein Nachbar 1000 Euro für die Familie, damit die Fahrtkosten teilweise davon bezahlt werden können. Das günstigste Angebot eines Fahrdienstes, das Christof Schumann einholen konnte, liegt bei 19 Euro pro Strecke. Also 38 Euro am Tag.

Der Förderverein seiner alten Schule, dem Hildegardis-Gymnasium, hatte zunächst überlegt, ob sie aus der Vereinskasse die Fahrtkosten von Nils Schumann übernehmen. „Aber es würde gegen die Satzung verstoßen, weil Nils nun nicht mehr Schüler der Schule ist“, sagt Christian Haase, Lehrer am Hildegardis-Gymnasium.

Die Schule hat eine Spenden-Aktion ins Leben gerufen. Schulseelsorger Haase sammelt außerdem in Gottesdiensten Geld für Nils Schumann.

>> Bundesbehindertenbeauftragte eingeschaltet

Bundestagsabgeordneter René Röspel (SPD) reagiert auf den Fall. „Vor der Sommerpause der vergangenen Wahlperiode hatte die Große Koalition auf Initiative der SPD einen Antrag beschlossen, der die Bundesregierung auffordert, die UN-Behindertenkonvention bei den Freiwilligen Diensten umzusetzen und die beschriebene Lücke zu schließen“, sagt er. „Eine Neuregelung, bei der auch die Übernahme der Transportkosten vorgesehen ist, wird für Nils und seine Familie voraussichtlich zu spät kommen“, bedauert Röspel. Er habe auch die Bundesbehindertenbeauftragte Verena Bentele auf die Dringlichkeit des Problems hingewiesen.

Unterdessen erklärt die Arbeitsagentur, dass Schumann bei Antritt seines dualen Studiums nach dem Freiwilligendienst mit Zuschüssen für den Umbau eines behindertengerechten Fahrzeugs und für seinen Führerschein rechnen könne. Der Zuschuss für die Fahrerlaubnis ist einkommensabhängig. Der Höchstsatz für die Beschaffung eines Fahrzeugs liegt bei 9500 Euro.