Hagen. . Mit modernsten technischen Methoden und einer Portion kriminalistischem Spürsinn haben Hagener Ermittler eine Räuberbande zur Strecke gebracht.
- Raubüberfall auf einen Geldtransporter im November 1998 in Bathey steht möglicherweise vor der Aufklärung
- Hagener Kripo hält es für möglich, dass seit langem gesuchte, jetzt gefasste Räuberbande die Tat beging
- Täter schossen seinerzeit mit Schnellfeuergewehren auf den Transporter und erbeuteten 293 000 Mark
Der Raubüberfall auf einen Geldtransporter im November 1998 in Bathey steht möglicherweise vor der Aufklärung. Die Hagener Kripo hält es für vorstellbar, dass die am 27. September dieses Jahres festgenommene, fünfköpfige Räuberbande, der mindestens fünf ähnliche Taten zur Last gelegt werden, auch für den 19 Jahre zurückliegenden Gewaltstreich im Hagener Norden verantwortlich ist.
„Es gibt Fälle, die man als Polizeibeamter nie vergessen sollte“, berichtete Klaus Müller (58), Chef der Sonderkommission Argos, die den mutmaßlichen Verbrechern das Handwerk legte: „Und der Überfall in Bathey gehört dazu. Ich habe in all den Jahren immer wieder daran gedacht.“
293 000 Mark erbeutet
Als junger Ermittler traf Müller seinerzeit am Tatort ein und erfuhr, dass schwerbewaffnete Männer einen Geldtransporter vor dem Supermarkt in der Kabeler Straße zwischen zwei Autos eingeklemmt und das Sicherheitspersonal zur Herausgabe des Geldes gezwungen hatten. Sie schossen mit Schnellfeuerwaffen auf den Wagen und erbeuteten 293 000 Mark.
„Die Vorgehensweise ähnelt doch stark jener, die wir von den anderen Taten kennen“, zieht Müller, inzwischen zu einem erfahrenen Polizeibeamten gereift, eine Verbindungslinie. Schließlich war er es, der gemeinsam mit seinen Kollegen aus dem Kommissariat zur Bekämpfung der Organisierten Kriminalität der seit 20 Jahren in ganz Nordrhein-Westfalen gesuchten Bande auf die Schliche kam.
Schüsse auf Windschutzscheibe
Die Hagener Ermittler halten es für möglich, dass die Räuber für insgesamt 16 Überfälle auf Geldtransporter verantwortlich sind. Fünf Taten in Neuss, Werl (2), Volmarstein und Dortmund sind den Männern, allesamt Deutsche mit polnischem Hintergrund, sicher zuzuordnen. So zwangen sie im April 2004 gegen 21 Uhr an der A1-Abfahrt Haspe/Volmarstein mit zwei Autos einen Geldtransporter zum Anhalten und gaben mehrere Schüsse auf die Windschutzscheibe des Fahrzeugs ab.
Überfallserie auf Geldtransporter
Doch verhinderte das Sicherheitssystem des Transporters, dass die Täter in das Innere gelangen konnten. Sie flohen schließlich ohne Beute, wobei sie ein Auto am Tatort hinterließen (das zweite wurde später in Hagen gefunden). In den Wagen wurden zwei Maschinenpistolen und eine Panzerfaust entdeckt.
Vorwurf: versuchter Mord
Auch bei den übrigen Täten gingen die Täter ausgesprochen brutal vor. Stets hatten sie Sturmgewehre, Panzerfäuste oder andere Kriegswaffen dabei und machten davon rücksichtslos Gebrauch. Bei einem Überfall vor einem Möbelmarkt in Werl feuerte einer von ihnen auf einen Pförtner in seiner Loge. Nur knapp verfehlte die Kugel ihr Ziel, doch die Hagener Staatsanwaltschaft wirft den Männern wegen dieses Geschehens nicht nur schweren Raub, sondern auch versuchten Mord vor.
Die fünf Festgenommen schweigen bislang eisern, doch sind die Hagener Ermittler überzeugt, dass sie bereits den nächsten Coup planten und im bevorstehenden Winter einen weiteren Geldtransport in Dortmund überfallen wollten. Die Männer im Alter von 53, 52, 48, 40 und 30 Jahren lebten ein unauffälliges Leben als Handwerker oder Arbeiter in Haan, Wuppertal, Hilden und Solingen. Dass ihnen zahlreiche Polizeibehörden in NRW jahrzehntelang nicht auf die Spur kamen, lag zum einen daran, dass sie kriminalpolizeilich nicht registriert waren und zum anderen hochprofessionell vorgingen und kaum Spuren hinterließen.
Kriminalistischer Spürsinn
Letztlich war es die Hagener Soko Argos, die die Männer überführte. Die Ermittler um Klaus Müller werteten noch einmal alle bis 1997 zurückliegenden Überfälle auf Geldtransporter aus, verglichen sie miteinander und konnten mit Hilfe modernster kriminaltechnischer Methoden die Bande ermitteln. „Dabei war eine Menge kriminalistischer Spürsinn im Spiel“, lobte Oberstaatsanwalt Dr. Gerhard Pauli die Hagener Beamten.
Von der Beute, die die unscheinbar lebenden Räuber vor allem in Häusern, Motorrädern und wertvollen Uhren anlegten, soll ihnen nichts bleiben. Infolge des von Hagen aus koordinierten Zugriffs am 27. September, an dem 200 Polizisten und fünf Spezialeinsatzkommandos teilnahmen, wurde der Besitz der Täter beschlagnahmt.
>>Hintergrund: Argos
- Die Sonderkommission Argos ist benannt nach dem gleichnamigen Riesen aus der griechischen Mythologie. Argos bedeutet übersetzt so viel wie Alles-Seher.
- Staatsanwaltschaft und Kripo sind überzeugt, dass der Bande weitere, noch nicht ermittelte Mitglieder angehören.