Hagen. Ein Profiboxer steht vor dem Schwurgericht. Er soll bei einem Fußballturnier einen Trainer und einen Linienrichter zusammengeschlagen haben.

  • In der Halbzeitpause beim Fritz-Kahl-Turnier stürmten sechs Männer den Platz
  • Sie schlugen einen Trainer und einen Linienrichter brutal zusammen
  • Profiboxer Muhammed E. (26) muss sich jetzt vor dem Schwurgericht verantworten

Der 21. Juli 20016 war einer der traurigsten in der Hagener Sportgeschichte. In der Halbzeitpause des Fußballspiels zwischen Cemspor Hagen und ETuS Schwerte beim Fritz-Kahl-Turnier stürmten sechs Männer, die an Bodybuilder erinnerten, den Platz in Eilpe und schlugen einen Trainer und einen Linienrichter brutal zusammen. Einer der Täter soll Profiboxer Muhammed E. (26) gewesen sein. Er muss sich jetzt vor dem Schwurgericht verantworten. Versuchte Tötung und körperliche Misshandlung lautet die Anklage.

Schwere Prellungen und Knochenbrüche im Gesicht zogen sich die Opfer bei dem brutalen Überfall zu. Er ereignete sich, als sich das Team von Cemspor gerade zur Halbzeitbesprechung in eine Ecke des Geländes zurück gezogen hatte. „Als eines der Opfer zu Boden ging, trat Muhammed E. diesem mindestens dreimal gegen das Gesicht“, so Staatsanwältin Heike Hemme bei der Verlesung der Anklageschrift. Dabei habe der 26-Jährige, der als staatenlos gilt, den Tod des an diesem Tag als Linienrichter eingeteilten Zeugen zumindest billigend in Kauf genommen.

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Der Angeklagte selbst, der sich laut Anklageschrift den Trainer vorgeknöpft haben soll und vor der Kammer gleich mit drei Verteidigern erschien, hüllt sich zu den Vorwürfen in Schweigen. Er hatte zunächst in Untersuchungshaft gesessen, war dann aber auf freien Fuß gesetzt worden.

Fünf Minuten ohne Bewusstsein

Geredet hat dafür Hasan G., Geschäftsführer von Cemspor Hagen, selbst Schiedsrichter und an diesem Tag beim Viertelfinalspiel seines Clubs als helfender Linienrichter eingesetzt. 0:6 lag sein Team schon zur Halbzeit zurück. Trainer und Team zogen sich zur Pausenbesprechung in eine Ecke des Areals an der Wörthstraße zurück. „Ich habe mich über das Ergebnis geärgert, bin an der Mittellinie stehen geblieben. Da habe ich plötzlich Schreie gehört.“ Der 50-Jährige hatte nach eigenen Angaben gesehen, wie der Trainer offenbar mit einem Zuschauer aneinandergeraten war.

Ein Profiboxer steht vor dem Hagener Schwurgericht. Er soll bei einem Fußballturnier einen Linienrichter brutal zusammengeschlagen haben.
Ein Profiboxer steht vor dem Hagener Schwurgericht. Er soll bei einem Fußballturnier einen Linienrichter brutal zusammengeschlagen haben.

„Ich bin rüber gelaufen, habe noch ,hört auf‘ gerufen“, erzählt Hasan G., „als ich rund zehn Meter entfernt war, habe ich plötzlich einen Schlag gespürt. Ich war sofort bewusstlos. Danach kann ich mich an nichts mehr erinnern.“ Fünf Minuten später sei er auf einer Wiese neben dem Platz zu sich gekommen.

Nasenbein- und einen Jochbeinbruch

Und zwar schwerstverletzt: Einen Nasenbein- und einen Jochbeinbruch zog sich der Metallarbeiter zu. Zwölf Tage verbrachte er im Krankenhaus, sechs Wochen lang war er krankgeschrieben. Noch heute trägt er eine Metallplatte. Zwei weitere Male muss er operiert werden. Aus der Mannschaft will der Geschäftsführer mit niemandem gesprochen haben. „Keiner hat mir erzählt, was passiert ist“, sagt er vor Gericht.

Dazu passt, dass sich die Ermittlungen der Polizei äußerst zäh gestaltet hatten, obwohl rund 300 Zuschauer bei dem traditionellen Fußball-Turnier an der Wörthstraße die brutale und blutige Attacke beobachtet hatten. Immer wieder waren die Beamten auf eine Mauer des Schweigens gestoßen. Lediglich gegen einen der Täter wurde schließlich Klage erhoben.

Völlig unbehelligt verließen die Täter nach dem Überfall den Platz. Niemand hatte sich getraut, ihnen den Weg zu versperren. Niemand versuchte, sie aufzuhalten.