Hagen. . Jährlich werden mehrere hundert Postzusteller von Hunden so schwer gebissen, dass sie zeitweise arbeitsunfähig sind. Ein Polizist gibt Tipps.
- Hundeseminar im Lennetal vermittelt Postzustellern Strategien gegen aggressive Vierbeiner
- Jedes Jahr werden mehrere hundert Briefträger so schwer gebissen, dass sie zeitweise arbeitsunfähig sind
- Die Strategie des Zustellers sollte darin bestehen, den Hund möglichst zu ignorieren
Die Feindschaft zwischen Hunden und Briefträgern existiert, seitdem es Postboten gibt. Und nahezu täglich werden dem legendären Konflikt zwischen diesen beiden Antipoden neue Kapitel der Abneigung hinzugefügt. „Jedes Jahr werden mehrere hundert Zusteller so schwer verletzt, dass sie zeitweise arbeitsunfähig sind“, berichtet Alexander Böhm, Sprecher der Deutschen Post.
Um Beißattacken und andere unerfreuliche Zwischenfälle möglichst zu vermeiden, trainierten zehn angehende Zusteller gestern auf dem Gelände des Paketzentrums im Lennetal wirksame Strategien im Umgang mit aggressiven Vierbeinern. Denn auch in Hagen sehen sich die Männer und Frauen in ihrer gelben Dienstkleidung tagtäglich an Haustüren und Gartenpforten bellenden, Zähne fletschenden Hunden gegenüber – Jasmina Krug (27) hat es selbst erlebt: „Als ich einer Frau die Post brachte, schoss plötzlich ihr Hund an die Tür. Sie konnte ihn im letzten Moment zurückhalten. Zum ersten Mal im Leben hatte ich Angst vor einem Hund. Ich bin weggelaufen.“
Genetische Veranlagung
Dabei folgen die Vierbeiner lediglich ihrem Instinkt bzw. ihrer genetischen Veranlagung: „Sie wollen ihr Territorium verteidigen“, erläutert Michael Pfaff. Der Beamte der Hagener Autobahnpolizei und seine Frau Monika, Hundepädagogin und -trainerin, brachten den Postboten und Briefträgern die Sichtweise der Hunde nahe. Diese reagieren mit jedem Mal aggressiver auf den Zusteller, weil ihr Verhalten am Vortag ihn ja offenbar nicht davon abgehalten hat, sich dem Grundstück erneut zu nähern.
Es gebe im Grunde nur zwei Typen von Hunden, so Pfaff: „Schutz- und Jagdhunde.“ Erstere seien ohnehin darauf geprägt, Haus und Familie zu beschirmen, bei der zweiten Gruppe lösten schnelle Bewegungen oder eine Flucht erst den Jagdtrieb aus: „Weglaufen bringt gar nichts“, sagt Monika Pfaff: „Der Hund ist immer schneller.“
Die „Kriegskunst“ des Zustellers sollte darin bestehen, den Hund möglichst zu ignorieren. Es könne nicht Aufgabe eines Briefträgers sein, ein aggressives Tier zu beschwichtigen oder mit Leckerlis gewogen zu machen, betonte Michael Pfaff: „Für das Tier ist allein der Besitzer verantwortlich.“ Der erfahrene Diensthundeführer riet den Zustellern, die Post nicht abzuliefern, wenn ein knurriges Tier auf dem Grundstück herumlaufe: „Selbst wenn der Hund keine Aggressionen zeigt, der Zusteller sich aber unwohl fühlt und ihn nicht einschätzen kann, sollte er umkehren und sich nie in Gefahr begeben.“
Verhalten im Ernstfall
Dass Hunde Briefträgern grollen, weil sie Briefträger sind, gehört allerdings ins Reich der Legende. Die Aggressionen rühren ausschließlich daher, dass der Zusteller ein Fremder ist, der sich dem Haus täglich nähert – beim Eismann oder Elektriker, wenn sie denn öfter kämen, würden die Vierbeiner ähnlich militant auftreten. Was aber tun, wenn der Ernstfall eintritt und der Postbote einen kampfbereiten Hund auf sich zustürmen sieht? „Dann sollte er sich mit Fahrrad oder Zustelltasche schützen und den Hund wegtreten“, so Pfaff.
Ein Briefträger, der gebissen wird, muss sich sofort zum Arzt begeben, auch wenn er nur einen Kratzer davon getragen hat. Im Hundefang siedeln Bakterien, die Wunde kann sich infizieren. Ingo Gummersbach, Ausbildungsleiter bei der Post, hat es in seiner Zeit als Zusteller selbst erlebt: „Ein Rauhaardackel biss mich in den Oberschenkel, zwei Tage später war das Bein stark geschwollen.“ Glücklicherweise konnte die Blutvergiftung noch rechtzeitig zurückgedrängt werden.
>>Hintergrund: Beißattacken
Einer Mitteilung der Unfallversicherung BG Verkehr zufolge werden Postzusteller überwiegend im Bereich des Kniegelenks und des Unterschenkels gebissen (42 Prozent). Außerdem: Hüfte, Oberschenkel (23 Prozent), Unterarm, Handgelenk (zehn Prozent), Hand (sieben Prozent).