Haspe. . Seit mehr als 100 Jahren sichert die Hasper Talsperre die Wasserversorgung in Hagen. Gleichzeitig dient der Stausee als Erholungsrevier.

  • Seit mehr als 100 Jahren sichert die Hasper Talsperre die Wasserversorgung in Hagen
  • Der künstliche Stausee ist bei den Bürgern auch als attraktives Erholungsrevier beliebt
  • Die 260 Meter breite Staumauer hält zwei Millionen Kubikmeter Wasser zurück

Mit jedem Schritt weiter das Hasper Bachtal hinauf verklingt das sonore Getöse des Großstadtgewimmels. Die meisten Erholungssuchenden lassen ihre Autos am Wanderparkplatz Plessen stehen, wenn sie die Lust an der Schönheit des Stausees ins Grüne lockt. Die Idylle der Hasper Talsperre zählt seit mehr als 100 Jahren zu den bevorzugten touristischen Adressen der Stadt.

Eingebettet zwischen den Höhenzügen von Oberbauer, Zurstraße und dem Flugplatz Wahl bietet der etwa fünf Kilometer lange Rundweg im tiefsten Süden des Stadtbezirks Haspe die Chance, bei einem etwa einstündigen, gemütlichen Spaziergang Natur pur zu inhalieren. Dabei hatten die Impulsgeber des gewaltigen Wasserbauwerks, die Ende des 19. Jahrhunderts die ersten Pläne schmiedeten, weniger die Schönheit des Tales als die Versorgungssicherheit der Bevölkerung mit dem Grundnahrungsmittel Wasser vor Augen.

260 Meter lang und 34 Meter hoch

„Das 260 Meter lange Bauwerk ist ein Geschenk der Vorväter an uns“, weiß Roland Rüther, Leiter Wassergewinnung bei Mark-E, den steinernen, leicht geschwungen errichteten Koloss durchaus zu schätzen. Mit einer Höhe von etwa 34 Metern, einer Kronenlänge von 260 Metern und einem Volumen von 57 000 Kubikmetern (cbm) gilt die Hasper Talsperre als das größte steinerne Bauwerk der Stadt.

© Michael Kleinrensing

Trotz dieser gewaltigen Masse, die vorzugsweise aus aufgetürmter Grauwacke mit Lenneschiefer besteht, steht die imposante, beinah majestätisch wirkende Konstruktion keineswegs völlig starr: „Natürlich dehnt sich die Mauer bei Temperaturschwankungen leicht aus“, erzählt Rüther. „Und auch beim Befüllen registrieren wir eine Bewegung von etwa einem Zentimeter.“

Jede mögliche, noch so kleinste Regung wird dabei akribisch überwacht. Doch selbst nach mehr als 100 Jahren gibt es nicht das geringste Signal, dass der graue Riese den Druck von zwei Millionen aufgestauten Kubikmetern Wasser aus dem Hasper Bachtal nicht mehr locker halten könnte.

Neue Dichtschale bei Sanierung

Zumal zu Beginn der 90er-Jahre des vergangenen Jahrhunderts die ursprüngliche Staumauer – konzipiert von dem Aachener Hochschullehrer Prof. Otto Intze – aufgrund erster Haarrisse grundlegend saniert worden ist. Die gesamte Konstruktion erhielt bis 1994 auf der Wasserseite eine vorgesetzte Dichtschale und wurde somit zusätzlich durch diese Stahlbeton-Konstruktion verstärkt.

Bei der Gelegenheit wurden auch die beiden Türme nach außen versetzt, die längst zu den vertrauten Hasper Landmarken zählen. „Für die Sanierung wurde für den Mörtel extra noch einmal die Rezeptur von Prof. Intze besorgt, die speziell auf Grauwacke abgestimmt ist“, erinnert sich Rüther.

Sicherung der Wasserversorgung

Beim Betreten des Innenlebens der Mauer umschlingt den Besucher im Sommer sofort eine angenehme Kühle. Gewaltige, mit Kondenswasser benetzte Stahlrohre, die selbst zwei Erwachsene kaum umklammern könnten, machen schnell deutlich, dass diese Talsperre keineswegs nur einen touristischen Selbstzweck erfüllt, sondern vor allem der Wassergewinnung dient. Gemeinsam mit dem Wasserwerk in Hengstey sichert die Anlage die Versorgung der Stadt.

Neben etwa 500 000 Kubikmetern Totraum am Fuß des Kunstsees teilt Roland Rüther das Wasser in eine Million Kubikmeter Trinkwasser für den täglichen Gebrauch sowie weitere 500 000 Kubikmeter eiserne Reserve ein: „Dieses Viertel des gesamten Stauvolumens bleibt unangetastet, um bei einer möglichen Havarie in Hengstey oder einer gravierenden Verschmutzung in der Ruhr die gesamte Stadt Hagen von Haspe aus etwa 14 Tage lang zuverlässig mit Wasser beliefern zu können.“

Acht Grad kühles Wasser

Schnurgerade führt der feuchte Zugang am Fuß der etwa 24 Meter dicken Mauersohle an der mächtigen Grundablass-Leitung sowie der blau lackierten Entnahmeleitung vorbei. Aus einer Wassertiefe von 12 bis 15 Metern wird das etwa acht Grad kühle Nass in das soeben erst modernisierte Wasserwerk am Fuß der Stauanlage geleitet.

Nach wenigen Schritten öffnet sich der sogenannte Herdgang, der die gesamte Sohle der Mauer begehbar macht. In kurzen Abständen plätschert hier Wasser aus schmalen Bodenzuleitungen in eine Abflussrinne. „Diese Drainage verhindert, dass der permanente Wasserdruck von unten die Mauer unterspült“, erläutert der Mark-E-Experte diese Technik.

Immer Platz für ein Gewitter

Stufen führen hinauf in den Nordturm der Staumauer, wo sich auch die Überlaufrinne des Stausees an die Mauer anschmiegt. Nur bei starken Niederschlägen strömt das Wasser von den Hängen des Hasper Bachtals die steinerne Kaskade ­hinab. Doch Rüther und sein Team sind stets bemüht, den Pegel soweit abzusenken, dass ein plötzliches Hochwasser, beispielsweise nach einem heftigen Sommergewitter, sich zunächst im Staubecken sammelt, bevor es ungebremst ins Tal hinabschießt. Jenes Tal, an dessen Ende wieder das Getöse der Großstadt den Erholungssuchenden in den Alltag zurückholt.

>> ACHT QUADRATKILOMETER EINZUGSBEREICH

Die Hasper Talsperre mit ihrer 260 Meter breiten Staumauer wurde von 1901 bis 1904 errichtet und am 11. Oktober 1904 offiziell eingeweiht. Seitdem hat der Stausee eine Fläche von gut 18 Hektar.

90 Jahre später erhielt das Mauerwerk auf der Wasserseite noch eine vorgesetzte Dichtschale und wurde um etwa 40 Zentimeter erhöht.

Das Gesamtstauvolumen liegt bei zwei Millionen Kubikmetern. In einem regenreichen Jahr sammeln sich dort bis zu sechs Millionen Kubikmeter. Insgesamt kommt durch die Zuläufe dort das Wasser aus einem Einzugsbereich von etwa acht Quadratkilometern zusammen.

Die Mauer ist etwa 34 Meter hoch, wobei die ersten drei Meter der etwa 24 Meter breiten Sohle unter der Grasnarbe verschwinden. Die Stauhöhe liegt bei 27,50 Metern. Durch die geografische Lage in 286 Metern Höhe kann bei der Einspeisung ins Hagener Netz auf Pumpentechnik verzichtet werden.

Das Baumaterial stammte ­größtenteils aus einem Steinbruch, der später vom Talsperrenwasser geflutet wurde. Der heutige Wanderweg führt auf seiner Nordseite noch heute über die ­Abbruchstelle.