Hagen.. Der Raser-Prozess in Hagen geht mit den Aussagen der Unfallopfer weiter. War es ein illegales Rennen? Drei Punkte sind entscheiden. Die Analyse.


Der vielbeachtete „Raser-Prozess“: Am heutigen Donnerstag geht er im Landgericht weiter. Im Zeugenstand sollen die Unfallopfer vernommen werden. Doch im Publikum und hinter den Kulissen wird vor allem eine Frage heftig diskutiert: Gab es tatsächlich ein illegales Rennen (was das mögliche Strafmaß deutlich erhöhen könnte) – oder nicht?

Zur Aufklärung dieses wichtigen Sachverhalts stehen dem Gericht bislang nur drei Beweismittel zur Verfügung.


Erstens: Die Aussage des pensionierten Polizeibeamten (66), der im S-Klasse-Mercedes den Rasern kurzzeitig hinterher fuhr und über ein geradezu phänomenales Erinnerungsvermögen mit allen Details verfügt. „Für mich war klar, dass die beiden ein Rennen fahren“, bewertete er seine persönlichen Eindrücke, „denn sie sind an der Ampel wie auf Knopfdruck rasant angefahren.“ Allerdings: „Ohne quietschende Reifen.“

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Zweitens: Das Dashcam-Video, das mit Hilfe einer installierten Autokamera vom selben Zeugen aufgenommen worden war und in das die Staatsanwaltschaft soviel Hoffnung setzt: Es zeigt den schwarzen Audi und den roten Skoda nebeneinander vor einer roten Ampel. Dass beide Autos dann – als die Lichtzeichenanlage auf Grün springt – zeitgleich im schnellen Tempo starten, beweist nichts.

Extreme Zuckungen und Atemnot

„Dieser Sequenz kann meiner Meinung nach keine spontane Verabredung zu einem illegalen Straßenrennen entnommen werden“, findet Jura-Professor Dr. Osman Isfen (Fernuni), der den Prozess aufmerksam verfolgt. „Es fehlt ein Anzeichen einer Kommunikation. Nach meiner Einschätzung wäre es eine unzulässige Überdehnung des Geschehens, diesem eine Verabredung unterzuschieben.“


Drittens: Die Einlassung des Angeklagten (47), der ausgesagt hat: „Ich war auf dem Rückweg von der Waschanlage und bekam einen Anruf von meiner Frau, dass es unserem elfjährigen Sohn schlecht ginge. Er habe extreme Zuckungen und Atemnot. Da sind mir die Nerven durchgegangen und ich bin zu schnell gefahren.“

Der Familienvater aus Hohenlimburg weiter: „Ich hatte Panik und nur noch meinen Sohn im Kopf. Dann war da ein Schatten, der von rechts nach links auftauchte. Ich riss das Lenkrad rum. Von da an weiß ich nichts mehr.“

Verteidiger Frank Becker sagt im Gespräch mit unserer Zeitung: „Der Junge hat eine Geschwulst im Kopf, die dort Wasser bildet und auf sein Hirn drückt. Der Vater kann beruhigend auf seinen Sohn einwirken.“

Doch gab es wirklich diesen Notfall? Kurz nach dem Horror-Crash soll die Ehefrau an der Unfallstelle erschienen sein – zusammen mit dem angeblich kranken Kind.

>> Hintergrund: Steht weiter Tötungsdelikt im Raum

Ob nach Berlin nunmehr auch in Hagen ein spektakuläres Urteil, hier wegen versuchten Mordes, in einem Raser-Fall gefällt werden könnte? Prof. Isfen: „Nach dem ersten Verhandlungstag kann festgehalten werden, dass e

ine vorsätzliche Tötungshandlung zur Zeit nicht naheliegend
erscheint.“