Hagen. . Der Informationsbus der nordrhein-westfälischen Bauindustrie fuhr an der Gesamtschule Helfe vor, um unter Schülern für die Baubranche zu werben.
- Informationsbus der nordrhein-westfälischen Bauindustrie wirbt an der Gesamtschule Helfe um Nachwuchs
- Dabei bestätigt sich das Desinteresse, das viele Jugendliche dem Baugewerbe derzeit entgegen bringen
- Von den Neuntklässlern der Gesamtschule entschieden sich beim diesjährigen Berufspraktikum nur zwei für ein Handwerk
Der Baubranche geht der Nachwuchs aus, in ganz Hagen gibt es nur noch zwei Maurer- und drei Fliesenleser-Lehrlinge. „Es ist erschreckend, aber der Zeitpunkt ist abzusehen, an dem uns endgültig die Facharbeiter ausgehen“, schlägt Frederik Linke (47), Lehrlingswart der Bauinnung, Alarm.
Kurz nachdem unsere Zeitung in der vergangenen Woche über diese Problematik berichtet hatte, fuhr ein Informationsbus der nordrhein-westfälischen Bauindustrie an der Gesamtschule Helfe vor, um die Schüler über ihre Berufsmöglichkeiten in der Branche aufzuklären. Doch dabei bestätigte sich das Desinteresse, dass dem Baugewerbe seitens junger Menschen zurzeit entgegenschlägt. „Arbeit auf dem Bau bedeutet Kraftarbeit, für mich ist das nichts“, sagte zum Beispiel Recep Furkan Cebeci (15).
Schwere körperliche Arbeit bei Jugendlichen unbeliebt
Auch Berufswahllehrer Jürgen Lohse konnte der zentralen Aussage von Lehrlingswart Linke, dass Jugendliche heutzutage schwere Arbeit scheuen, nur zustimmen. „Körperliche Arbeit hat unter jungen Leuten leider einen schlechten Ruf.“ Nicht nur das Baugewerbe, auch andere Handwerke würden Schüler kaum interessieren. In den zehn Jahren, die er mittlerweile als Berufswahllehrer tätig sei, könne er diejenigen Zehntklässler, die sich für eine handwerkliche Ausbildung entschieden hätten, an einer Hand abzählen. Auf etwas Gegenliebe stoße lediglich der Metall- und Elektrobereich, renommierte Firmen wie CD Wälzholz würden allerdings schon seit Jahren intensiv um Nachwuchs werben und viele Praktikumsplätze anbieten.
Stichwort Praktikum: Von den Neuntklässlern der Helfer Gesamtschule entschieden sich beim diesjährigen Berufspraktikum nur zwei für ein Handwerk; der eine als Mechatroniker, der andere als Tischler. Lehrer Oliver Scholl, als Berufseinstiegsbegleiter ganz nah dran am Thema, spricht von einem erheblichen Informationsdefizit: „Die jungen Leute geben sich zu wenig Mühe, um aus ihren Kräften und Stärken das Beste herauszuholen.“ Vielen Schülern sei nicht bewusst, dass Durchhaltevermögen, körperliche Leistungsbereitschaft oder die Hand-Auge-Koordination im Berufsleben mitunter viel wichtiger seien als theoretische Lerninhalte: „Und dass sie es im Handwerk weit bringen können.“
Gute Verdienstmöglichkeiten
Doch ein Job als Verkäufer in einer glitzernden Galerie oder als Büroangestellter lockt Jugendliche weitaus stärker an als die „schmutzige“ Arbeit auf der Baustelle. Dass die Verdienstmöglichkeiten im Baugewerbe so gut sind wie in kaum einem zweiten Ausbildungsberuf, ist unter Schülern kaum bekannt. „Was ich als Maurer verdienen würde? Keine Ahnung“, gibt Kaan Kale (15) zu. Ihm sei geholfen: Im ersten Lehrjahr verdient ein Maurer-Azubi 785, im dritten Jahr sogar 1410 Euro. Und das erste Jahr als Geselle wird tariflich mit 3000 Euro monatlich entlohnt.
Schmutzigmachen lohnt sich
Vielleicht müsse das Baugewerbe stärker auf die gute Bezahlung aufmerksam machen und darauf, dass sich Schmutzigmachen im wahrsten Sinne des Wortes lohne, überlegt Jürgen Lohse. Sein Schüler Kaan Kale hält sich immerhin eine Option für die Zeit nach der Schule offen: „Eigentlich möchte ich Polizist werden, aber wenn das nicht klappt, käme für mich eine Maurer-Lehre in Frage.“
Wie es aussieht, muss noch viel Wasser die Volme hinabfließen, bis die Hagener Bauunternehmer wieder mehr Bewerbungen um eine Lehrstelle erhalten. . .