Hagen. . Mit 24 000 Litern Wasser wird die Theaterbühne für die Neuinszenierung des Fliegenden Holländers geflutet. Eine Herausforderung für die Künstler.
- Bühne des städtischen Theaters wird für Neuinszenierung von Wagners Oper „Der fliegende Holländer“ komplett unter Wasser gesetzt
- 24 000 Liter Wasser verwandeln die Bühne in einen psychologischen Raum
- Darsteller tragen Gummistiefel und Neoprensocken, um sich vor der Kälte zu schützen
Die Bühne des städtischen Theaters wird für die Neuinszenierung von Richard Wagners genialer Oper „Der fliegende Holländer“ komplett unter Wasser gesetzt. 24 000 Liter strömen aus Hochdruckrohren auf die Bretter, die die Welt bedeuten, wenn am kommenden Samstagabend der Gong zur Premiere der am und auf dem Wasser spielenden Oper ertönt. Dadurch wird die Bühne zu einem psychologischen Raum, in dem sich das dramatische Geschehen an der norwegischen Küste vollzieht.
„Wir liefern uns der Natur aus“, umschreibt Dramaturgin Corinna Jarosch das (Schau-)Spiel mit dem Wasser. Tatsächlich dürfte sich das Hagener Haus mit diesem Inszenierungseinfall eine Art Alleinstellungsmerksmal unter den Opernstätten dieser Welt sichern. Zwar ist das Podium für den „Holländer“ auch bei den Bregenzer Festspielen schon einmal geflutet worden, doch deren Freilichtbühne liegt immerhin im Bodensee.
Nicht risikolos
Für das Hagener Opernteam sind Wasserspiele dagegen etwas ganz und gar Ungewöhnliches und auch nicht risikolos: „Bisher ist alles gut gegangen, die Tücken liegen bekanntlich im Detail“, spürt Bühnenbildner Peer Palmowski eine gewisse Last auf seinen Schultern.
20 Zentimeter hoch steht das Wasser, die Darsteller waten in Gummistiefeln durch den uralten Sagenstoff um den verfluchten Kapitän, der dazu verdammt ist, mit seinem Geisterschiff todunglücklich die Ozeane zu durchkreuzen, weil es ihm nicht gelingt, das Kap der Guten Hoffnung zu umfahren. Außer mit Wasser operiert das Regie führende Schwesternduo Beverly und Rebecca Blankenship viel mit Nebel, Licht und einer Feuerschale.
Diese Kulisse macht die durch mehrere Planen abgedichtete Bühne zu einem archaischen Ort und einer ungeahnten Herausforderung für die Darsteller. „Das ist schwierig, keine Frage“, sagt die Sopranistin Veronika Haller, die die Senta verkörpert: „Die Gesangspartie muss hundertprozentig sitzen, damit man sich aufs Szenische und das Wasser konzentrieren kann.“
Bühnentod im eiskalten Wasser
Natürlich kann es nicht ausbleiben, dass die Kleidung durchnässt wird und Wasser in die Stiefel schwappt. Um sich vor der Kälte zu schützen, tragen die Ensemblemitglieder dicke Wollstrümpfe oder Neoprensocken. Wenn sie die Bühne verlassen, ziehen sie die nassen Klamotten aus, hängen sie über eine Heizung oder werfen sie in den Trockner. Das alles wird Veronika Haller, die am Samstag übrigens ihr Wagner-Debüt gibt, wenig nutzen, muss sie sich doch für ihren Bühnentod am Ende des dritten Aktes ins eiskalte Wasser legen. Trotzdem: „Ich mag das Wasser und ich mag diese Inszenierung“, sagt sie.
Teichfolie und PVC-Plane
Damit nicht allzu viel Wasser überläuft, umgeben die Haustechniker die Bühne mit einem 35 Zentimer hohen Beckenrand, der Boden wird mit Teichfolie und einer PVC-Plane abgedichtet. Hinter den Kulissen werden Gummimatten und Teppiche ausgelegt, damit die Darsteller in ihren nassen Sachen nicht ausrutschen. „Die Statik der Bühne hält den Wassermassen stand, das haben wir geprüft“, berichtet Uwe Mingo, technischer Direktor des Hagener Theaters.
Insgesamt neunmal – für die acht Aufführungen des „Holländers“ und die heutige Generalprobe – wird die Bühne geflutet. Das dauert 45 Minuten. Nach Sentas Tod wird das Wasser in die Kanalisation gepumpt.
>>Hintergrund: Die Technik
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Der Boden der Hagener Bühne besteht aus 45 Zentimeter dickem Holz, die Unterkonstruktion ist aus Stahl. Die Folie ist mit Schrauben und Segeltuchösen am Beckenrand befestigt.
- Für den Beckenrand haben die Techniker des Theaters wasserfeste Siebdruckplatten verwendet. Sie können wie überdimensionierte Lego-Teile miteinander verzahnt werden.