Hagen. . Sie haben in zwei schrecklichen Weltkriegen eine Rolle gespielt: U-Boote. Ohne Forschung und Produktion in Hagen wären sie aber nicht gefahren.
Kriege erzählen viele grauenvolle Geschichten. Zerstörte Städte, sterbende Soldaten, traumatische Erinnerungen. Einige dieser grauenvollen Geschichten spielen im zerbombten Hagen, einige auch auf dem Atlantik, auf dem tausende Menschen ihr Leben auf Schiffen und U-Booten verloren.
Und obwohl dessen nächste Ausläufer von Hagen hunderte Kilometer entfernt sind, spielt die Stadt dabei eine ganz entscheidende Rolle. „Das Boot“ – Roman, Film und jetzt Schauspiel von Lothar-Günther Buchheim, das als (ausverkauftes) Gastspiel am 15. Februar im Hagener Stadttheater von der Agon-Theaterproduktion aufgeführt wird, erzählt die Geschichte eines deutschen U-Boots. Ohne die Forschung, ohne das Wissen und ohne die Produktion in Hagen wären die deutschen U-Boote unter Wasser keinen Meter gefahren.
Vor 100 Jahren entscheidende Wende
„U-Boote“, sagt Dr. Ralf Blank, Leiter des Fachdienstes Wissenschaft. Museen und Archive der Stadt Hagen, „waren sowohl im Ersten als auch im Zweiten Weltkrieg die Hauptwaffe der Deutschen Marine.“ Die Batterien, die es ihnen erst ermöglichten, zumindest zeitweise unerkannt unter Wasser zu fahren, wurden in Hagen gebaut.
Historiker Blank, ein Experte, der sich intensiv mit der Geschichte der Hagener Accumulatorenfabrik (auch AFA, Varta und Enersys) beschäftig hat, berichtet über ein Jubiläum, das eng mit dem Standort Hagen verknüpft ist: „Am 1. Februar 1917, also vor 100 Jahren, begann Deutschland den ,uneingeschränkten U-Boot-Krieg, was den Kriegseintritt der USA gegen das Deutsche Reich zur Folge hatte. Seit 1904 wurden in Hagen entsprechende Batterien gebaut.“ Eine Tradition, die sich bis heute gehalten hat. Die Vertriebs- und Konstruktionsabteilung arbeitet in Hagen, die Produktion ist 2011 in ein Enersys-Werk nach Bulgarien verlagert worden.
Dabei wurde während der Kriege in Hagen nicht nur produziert. „Zwischen 1914 und 1918 sowie 1935 und 1945 wurden beschädigte Batteriezellen nach Hagen geschickt“, sagt Blank, „hier wurden sie repariert und getauscht. Durch riskante Tauchmanöver und bei Wasserbomben-Angriffen auf die Boote gingen immer wieder Batteriezellen zu Bruch. Das war durchaus gefährlich für die Besatzung, weil es durch die auslaufende Batteriesäure zu Vergiftungen und Explosionen kommen konnte.“
Die Rüstungsproduktion in Wehringhausen machte Hagen zum Ziel: „Bereits im Ersten Weltkrieg gab es Pläne für Luftangriffe auf Hagen“, sagt Ralf Blank. Umgesetzt wurden sie nicht. „Eine Fehleinschätzung der Alliierten über die tatsächlich hohe Bedeutung von U-Bootbatterien für die Marinerüstung führte dazu, dass Hagen von alliierten Bombenangriffen vergleichsweise spät betroffen war und vor allem nicht kontinuierlich bombardiert wurde.“
Werk bei Großangriff schwer zerstört
Gleichwohl wurde das AFA-Werk beim ersten Großangriff am 1. Oktober 1943 schwer zerstört. Die Produktionsverluste konnten durch weitere Werke an den Standorten Hannover und Posen aufgefangen werden. „Der sofortige Wiederaufbau mit 1000 zusätzlichen Arbeitskräfte wurde angeordnet.“
Größere Auswirkungen hatte hingegen der zweite große Angriff der Alliierten am 2. Dezember 1944. „Er hatte wiederum schwere Schäden am Werksgelände zur Folge“, sagt Blank, „der Wiederaufbau konnte Produktionsausfälle nicht verhindern. Das Werk Hannover lag wegen Energiemangels lahm, das Werk in Posen wurde durch sowjetische Truppen im Januar 45 eingenommen.“
Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter
Der Einsatz von Kriegsgefangenen und Zwangsarbeitern hatte für die Produktion hohe Bedeutung. „Während des Zweiten Weltkriegs arbeiteten in Hagen sowie in Posen Zwangsarbeiter, Kriegsgefangene sowie in Hannover und Wien auch Häftlinge aus Konzentrationslagern“, so Ralf Blank. Die Lebens- und Arbeitsbedingungen waren aufgrund von Chemikalien, Gummi und Blei gesundheits- und lebensgefährdend.“
Bereits im Juni 1945 wurde im Stammwerk Hagen die Produktion von Batterien wieder aufgenommen. Darunter waren auch Starterbatterien für den militärischen Bedarf sowie Batterien für U-Boote, die den Alliierten in die Hände gefallen waren. 1954 begann in Hagen wieder die Entwicklung und Produktion von U-Boot- und Torpedo-Batterien.