Hagen. Der Widerstand in der Bevölkerung gegen die Erweiterung der Drogenklinik im Deerth ist gewaltig. Das wurde bei einer Bürgerversammlung deutlich.
In einer emotionslastigen, zum Teil hitzigen Diskussion haben gestern Abend Hagener Bürger im Rahmen einer ersten Anhörung der städtischen Planungsverwaltung sowie der Arbeiterwohlfahrt (AWO) signalisiert, dass die geplante Erweiterung der Drogenfachklinik im Deerth um eine geschlossene Maßregelvollzugseinheit auf wenig Gegenliebe in der Bevölkerung stößt. „Was die Politik aktuell Wehringhausen zumutet, geht so nicht weiter“, sprach Anne Figge-Schoetzau nicht nur mit Blick auf die Neubaupläne im Hagener Stadtwald, sondern auch auf die Überfrachtung des Stadtteils mit Zuwanderern vielen Teilnehmern des Abends aus der Seele. „Ich habe kein Verständnis dafür, dieser Komplex gehört an einen anderen Standort.“
Zu schmale Waldstraße
„Der Wald ist kein Platz für eine Haftanstalt“, erwartet auch Marianne Schepper, Mitglied im Förderverein Wildgehege, zu viele neue Verkehre auf der schmalen Waldstraße zum Deerth hinauf. „Eine solche Einrichtung könnte doch viel besser auf dem Gelände des Cargobeamers am Hengsteysee entstehen.“
Drahtgeflecht-Zaun umzäumt Areal
- Der geplante Drogen-Maßregelvollzug soll aus vier Baukörpern bestehen. Neben einer Sporthalle, der Eingangsschleuse und dem Ergotherapiekomplex bildet das Patientengebäude das Herzstück. Der dortige Wohnbereich für bis zu 42 Patienten besteht aus 13 Quadratmeter großen Einzelzimmern mit Sanitärbereichen, Besucherräumen, Wohn-Ess-Küchen, Gruppentherapiebereichen und Freizeiträumen.
- Die vier Baukörper mit begrünten Dächern auf dem insgesamt 16 000 Quadratmeter großen Areal sind bis zu sechs Meter hoch und werden möglichst tief in der Hanglage des Grundstücks versenkt.
- Der ursprünglich angedachte 5,50 Meter hohe Plexiglaszaun rund um die Anlage ist inzwischen vom Tisch. Stattdessen soll in gleicher Höhe ein Drahtgeflecht-Zaun, der zusätzlich von Detektoren überwacht wird, Fluchtversuche verhindern. Als Sichtschutz soll diese Konstruktion hinter bepflanzten Erdwällen verschwinden.
- Die Investitionskosten beziffert die Arbeiterwohlfahrt (AWO) als Träger der Einrichtung mit etwa 12,6 Millionen Euro. Der Baubeginn soll im Frühjahr 2018 erfolgen.
Eine Einschätzung, die ebenso Jörg Liese, ehemaliger Rektor der Hagener Fachhochschule, teilte: „Die Waldwege dort sind zum Entspannen und für spielende Kinder da. Eine solche Gefährdung passt nicht an diesen Standort und auch nicht zur strategischen Ausrichtung der Stadt.“ Gleichzeitig warnte Liese davor, dass eine Genehmigung der Klinik-Erweiterung die Bemühungen der Stadt im Rahmen der Regionale konterkarieren könnte.
Stadtbaurat Thomas Grothe hatte als Moderator des Abends phasenweise erhebliche Mühe, die Diskussionsdisziplin der etwa 75 Interessenten – darunter etwa ein Drittel Mandatsträger – in geordnete Bahnen zu lotsen. Mehrfach sah sich die Fachverwaltung dem Vorwurf ausgesetzt, das Verfahren bereits positiv-voreingenommen vorangetrieben zu haben. Und auch die Argumente der AWO, dass die Erweiterung vorzugsweise dazu diene, die Behandlungskette der Drogenpatienten abzurunden und somit den Bestand der in Hagen bereits etablierten Einrichtungen abzusichern, fanden nur bedingt Gehör. Fakten zur Ausbruchsicherheit der Zaunanlagen, zu verkehrlichen Fragen, zur Besucherfrequenz oder auch zur relativ geringen Wahrscheinlichkeit, dass ehemalige Maßregelvollzugspatienten sich später in Hagen ansiedeln (ca. zwei pro Jahr), blieben bei den meisten Zuhörern ungehört oder wurden als wenig glaubwürdig abgetan.
Deutlicher Widerstand
Mit seinem allgemeinen Hinweis „Die Vielfalt der Natur ist absolut gefährdet“ konnte sich hingegen Wilhelm Bögemann, Vorsitzender des Landschaftsbeirates, des Applauses des Ratssaales gewiss sein. Ähnlich CDU-Ratsherr Gerd Romberg, der die Beeinträchtigung des Landschaftsbildes durch die Zaunanlage kritisierte. Jetzt liegt der Ball im Rahmen des Verfahrens zunächst einmal wieder bei der Politik. Angesichts des gestern zur Schau gestellten Widerstands in der Bürgerschaft, dürfte die sich schwer tun, die AWO-Pläne mitzutragen.