Hagen-Mitte. . Ausgediente Bücher müssen nicht auf den Müll: Schüler am Fichte-Gymnasium in Hagen haben sie zu literarischen Landschaften umgeformt.

  • Schüler formen ausgediente Bücher zu literarischen Landschaften um
  • Ausrangierte Bücher stammten von der Stadtbücherei, die sie sonst entsorgt hätte
  • Ausstellung noch bis zum 2. Februar in der Stadtbücherei zu sehen

Der deutsche Buchmarkt wird pro Jahr durch etwa 90 000 Neuerscheinungen bereichert. Angesichts dieser schieren Anzahl ist es verständlich, dass Bibliotheksinhaber – ob nun privat oder öffentlich – immer mal wieder Werke ausmustern müssen; sei es,weil sie niemand mehr lesen will oder sei es, weil ihr Inhalt einfach überholt bzw. veraltet ist. Dass solche Bücher nicht unbedingt auf dem Müll landen müssen, sondern sich mit ihnen noch etwas anfangen lässt, bewiesen jetzt die beiden Kunstklassen des zehnten Schuljahres am Fichte-Gymnasium: Sie formten ausgediente Bücher zu literarischen Landschaften um.

Schrittweises Zerschneiden

Zunächst waren die Schüler skeptisch, als ihnen Kunstlehrerin Stefanie Malms abverlangte, Bücher als Kunstwerke zu recyceln. „Es war auf jeden Fall mal ganz anderer Unterricht, aber es hat großen Spaß gemacht“, berichtet Chiara Cordi (18). Durch schrittweises Zerschneiden der Seiten erschufen die Jugendlichen zunächst komplexe, dreidimensionale Gebilde, die die Höhe von mindestens zwei Büchern überwinden mussten, um die plastische Wirkung zu verstärken.

Eine Vulkanlandschaft mit flüssiger und erstarrter Lava hat Bastian Diecks aus dem ihm zur Verfügung stehenden Buch geformt.
Eine Vulkanlandschaft mit flüssiger und erstarrter Lava hat Bastian Diecks aus dem ihm zur Verfügung stehenden Buch geformt. © Michael Kleinrensing

Die so entstandenen Landschaften wurden farbig gestaltet, indem die Schüler Grün-, Blau- und Brauntöne mischten, um Erdschichten und Wassertiefen darzustellen. Schließlich gestalteten sie den hochgeklappten Buchdeckel als Himmel, Strand oder Wald- und Wiesenlandschaft. Nur die Buchrücken blieben unbehandelt, damit man auch nach Abschluss der Schaffenstätigkeit noch erkennen konnte, welche Objekte als Ausgangspunkt der Arbeiten gedient hatten. „Die Atmosphäre war fast meditativ, die Schüler haben ausgesprochen konzentriert gearbeitet“, konstatierte Lehrerin Malms.

Mit den Ergebnissen ihres Projektes waren die jungen Männer und Frauen denn auch sehr zufrieden, die Spannbreite der Arbeiten reichte von Strandansichten über Canyons und Vulkanausbrüche bis hin zu Marslandschaften. So gestaltete Vivian Polotzek (16) einen Gebirgssee, aus dem sich ein Wasserfall ins Meer ergießt.

An Ursprungsort zurückgekehrt

Lara Villmow (16) nutzte dagegen den Freiraum, den die Lehrerin den Schülern eingeräumt hatte, und schuf ein gesellschaftskritisches Objekt zum Thema Bücherverbrennung, versehen mit einem Zitat des großen Heinrich Heine: „Das war ein Vorspiel nur, dort wo man Bücher verbrennt, verbrennt man auch am Ende Menschen.“

Die ausrangierten Bücher, die die Jugendlichen umgestalten durften, stammten übrigens von der Stadtbücherei, die die Werke ansonsten entsorgt hätte. Nun aber sind sie als Kunstobjekte an ihren ursprünglichen Aufbewahrungsort zurückgekehrt. Noch bis zum 2. Februar werden die literarischen Landschaften der Fichte-Schüler auf der Ausstellungsfläche der Stadtbücherei präsentiert und sind zu den Öffnungszeiten zu besichtigen. Was anschließend mit den Buch-Kunst-Werken geschieht, ist unklar. Wahrscheinlich wird jeder Schüler seine Landschaft mit nach Hause nehmen, vielleicht landet das eine oder andere der Kunstwerke schließlich doch noch im Müll.

Schade wär’s.

>> HINTERGRUND:

Die Literarischen Landschaften der Fichte-Schüler sind noch bis zum 2. Februar zu den üblichen Öffnungszeiten (montags, dienstags und freitags 10 bis 18 Uhr, donnerstags 10 bis 19 Uhr, samstags 10 bis 14 Uhr) in der Stadtbücherei zu sehen.

Es handelt sich ausschließlich um Arbeiten von Oberstufenschülern. Kunst kann am Fichte-Gymnasium zum dritten oder vierten Abiturfach gewählt werden. Als Leistungskurs wird das Fach an der Schule dagegen nicht angeboten.