Hagen. . Die Apotheker in Hagen protestieren gegen die Preisfreigabe verschreibungspflichtiger Medikamente für ausländische Versand-Apotheken.

  • Die Hagener Apotheker beteiligen sich an bundesweiter Unterschriftenaktion der deutschen Apothekerschaft
  • Aktion zeigt Widerstand gegen Aufhebung der Preisbindung für verschreibungspflichtige Medikamente
  • Ausländische Versandapotheken können Arzneimittel wesentlich günstiger verkaufen

Die Hagener Apotheker wollen sich ab sofort an der bundesweiten Unterschriftenaktion der deutschen Apothekerschaft gegen die Unterwanderung der geltenden Arzneimittelpreisordnung durch ausländische Versand-Apotheken beteiligen. „Die Bevorzugung des Versandhandels schwächt die Apotheken vor Ort und gefährdet die Arzneimittelversorgung“, warnt Anja Beier (41), Sprecherin der Hagener Apothekerschaft: „Was derzeit geschieht, ist nicht nur ärgerlich, sondern bedroht viele Apotheken in ihrer Existenz.“

Gleiche Konditionen

Für rezeptpflichtige Medikamente gilt in Deutschland eine strenge Preisbindung, sie müssen in jeder Apotheke, egal ob in Flensburg oder Garmisch, zu den gleichen Konditionen abgegeben werden. Doch der Europäische Gerichtshof hat im Oktober entschieden, dass diese Preisbindung für ausländische Versand-Apotheken keine Gültigkeit besitzt. Diese dürfen Medikamente mit Rabatt oder gar zu Dumpingpreisen verkaufen und besitzen daher einen klaren Wettbewerbsvorteil. Die ausländischen Apotheken könnten sich die Rosinen herauspicken und ausschließlich Gewinn bringende Leistungen anbieten: „Sie leisten aber keine Nachtdienste, stellen keine Rezepturarzneimittel her, können dringende Rezepte nicht in kürzester Zeit bedienen und keinem Patienten die Anwendung eines Asthmasprays mit eigenen Händen demonstrieren.“ All dies böten jedoch die traditionellen Apotheken vor Ort, in denen persönlicher Kontakt und menschliche Zuwendung eine wichtige Rolle spielten: „Wir leisten auch das, was keinen Gewinn bringt.“

Schrumpfende Anzahl

Mittelfristig befürchtet Anja Beier, dass manche Apotheke in Hagen dem zusätzlichen Wettbewerbsdruck nicht standhalten kann und aufgeben muss. Die Sorge scheint nicht unbegründet. Schon 2016, als sich auch Versand-Apotheken noch an die Preisbindung halten mussten, wurden – wie berichtet – zwei Apotheken geschlossen: die Lenne-Apotheke in Hohenlimburg und die Berghof-Apotheke Altenhagen.

Damit ist die Anzahl der Apotheken in Hagen seit 2003 von 58 auf 39 gesunken – eine alarmierende Entwicklung: „Durch die Aufweichung der Preisbindung könnten weitere Apotheken, vor allem solche am Stadtrand oder in weniger dicht besiedelten Stadtteilen, zur Aufgabe gezwungen werden“, befürchtet Anja Beier. Mit der Folge, dass die wohnortnahe Versorgung mit Medikamenten rund um die Uhr bald der Vergangenheit angehört.

Deshalb werben die Apotheker jetzt um Unterschriften, um die Politik in Deutschland dazu zu bewegen, den Arzneimittelversand auf Medikamente zu beschränken, die nicht verschreibungspflichtig sind. Die Bevölkerung müsse sich entscheiden, ob sie das Durchfallmedikament für das Kleinkind nachts um drei Uhr weiterhin in der nahen Apotheke beziehen wolle, so die Sprecherin Anja Beier: „Oder auf den Paketboten aus dem Ausland vertrauen will.“