Haspe. . Sie ruht im Verborgenen, unsichtbar und ganz ohne touristische Hinweistafeln. Die meisten Menschen wissen noch nicht einmal von der Existenz dieses gewaltigen Naturdenkmals, um das sich diverse Mythen ranken und das noch immer unerforschte Geheimnisse in sich birgt. Dabei ist diese unterirdische Welt immerhin 402 Meter lang und windet sich über 39 Höhenmeter durch den Riffkalk der Oberen Honsel-Schichten.
Sie ruht im Verborgenen, unsichtbar und ganz ohne touristische Hinweistafeln. Die meisten Menschen wissen noch nicht einmal von der Existenz dieses gewaltigen Naturdenkmals, um das sich diverse Mythen ranken und das noch immer unerforschte Geheimnisse in sich birgt. Dabei ist diese unterirdische Welt immerhin 402 Meter lang und windet sich über 39 Höhenmeter durch den Riffkalk der Oberen Honsel-Schichten.
Die Rede ist von der Kluterthöhle. Nein, nicht jene perfekt erschlossene Formation im benachbarten Ennepetal-Altenvoerde oder deren kleinere Schwester in Milspe (Rentropshöhle). Vielmehr geht es um die fantastische, unbekanntere Welt zwischen den Hasper und Wehringhauser Bachtälern, deren schmaler Zugang unter der Aschenbahn der Klutert-Kampfbahn auf der Hestert verborgen liegt. Der Arbeitskreis Kluterthöhle unter der Regie des Vorsitzenden Stefan Voigt hat jetzt die erste umfassende speläologische Monografie zu dem Objekt erarbeitet und den aktuellen wissenschaftlichen Stand der Höhlenforschung auf 130 imposant illustrierten Seiten zwischen zwei Buchdeckel gepresst.
Die Entstehung
Ihre tektonische Entstehung verdankt die Höhle der sogenannten Ennepestörung, die sich mit ihren Schichten quer durch das Tal zieht. Die Ursprünge dürften in die ausgehende Kreidezeit, zumindest aber ins Tertiär zurückreichen – also etwa 65 Millionen Jahre zurückliegen. „Eiszeitliche Sedimente, wie sie in vielen Höhlen des Sauerlandes vorkommen, wurden in der Höhle bisher nicht festgestellt. Vermutlich wurde die Kluterthöhle daher erst nach den Eiszeiten durch die Hangabtragung geöffnet“, meint Voigt.
Die Nutzung
Vermutlich wurde sie bereits seit Jahrhunderten schon als Unterschlupf genutzt, denn das Ennepetal diente schon immer als Handelsweg zwischen dem Kölner Raum und der Hellwegzone, was Archäologie- und Münzfunde eindeutig belegen. Allerdings geriet dieses dunkle Universum spätestens mit der Hochzeit der Hasper Hütte immer weiter in Vergessenheit. Auf der Klutert entstand eine gewaltige Schlackenhalde, das „Hasper Matterhorn“, als per Seilbahn glühendes Material aus den Stahlöfen auf das Plateau befördert wurde. Später wurde der schmale Eingang einfach mit dem Klutert-Sportplatz überbaut.
Die Strukturen
Heute ist der Zugang mit einer Stahlplatte verborgen, die einen sechs Meter tiefen Drainageschacht überdeckt. Seitdem der Arbeitskreis Kluterthöhle mühselig den Unrat und Schutt der vergangenen Jahrzehnte entfernt hat, öffnet sich jetzt eine faszinierende Welt aus Riffkalk und massiven Sandsteinschichten, Spaltengängen und Tropfsteinen, aber auch zerstörten Stalaktiten sowie Korallen, Fossilien (Stromatoporen, Brachiopoden, Kopf- und Gliederfüßer sowie Muscheln erinnern an Zeiten, als vor 385 Millionen Jahren noch tropische Meere die Region überdeckten) und wassergefüllten Seen. Längst haben die Forscher die einzelnen Abschnitte mit Namen wie Schlangengang, Toten- und Knochenhalle, Zwergentor und Schatzgrotte getauft.
Als besonders beeindruckend gilt der Hohlraum der Kirche, den man über die Teufelskanzel erreicht. Mit einer Grundfläche von 18 x 12 Metern und einer Höhe von elf Metern gehört er zu den größten Hohlräumen des Westsauerlandes.
„Wie alle Karsthöhlen gilt auch die Kluterthöhle als wertvolles Sedimentarchiv, das zahlreiche Informationen zur Landschaftsgeschichte, Geologie, Klimatologie, Mineralogie und Geschichte gespeichert hat“, betont Voigt, dass die isolierte Lage hier sogar von Vorteil sein kann. „Ob darunter archäologisch interessantes Material aus der Nutzung der Höhle als Kult- und Zufluchtsort lagert, konnte bisher noch nicht erkundet werden, ist aber nach dem heutigen Forschungsstand nicht auszuschließen.“ Sicher scheint, dass diese Unterwelt – bevor sie verschlossen wurde – als Fledermaus-Winterquartier diente. Außerdem deuten Knochenfunde darauf hin, dass dort in jüngerer Zeit auch Füchse, Dachse und Marder Unterschlupf suchten.
Der Zustand
Der ehemalige Tropfsteinschmuck wurde im Laufe der Jahrhunderte leider weitgehend zerstört. Alte Beschreibungen und Begriffe wie „Schatzkammer“ machen deutlich, dass die Natur hier einst eine Zauberwelt geschaffen haben muss, die sich heute anhand abgebrochener Zapfen und Stümpfe nur noch erahnen lässt. Allerdings hat der Arbeitskreis Klutert in neu entdeckten Bereichen der Höhle schöne unangetastete Beispiele für Formen und Farben der Versinterung aufgetan. „Durch die Entdeckung der Blutkammer am Ende des Westgangs konnte ein Raum mit unzerstörten filigranen Sinterröhrchen und kleinen Stalaktiten zugänglich gemacht werden“, erzählt Voigt. „Überraschend war die Farbigkeit, die von Weiß über alle Gelb- und Brauntöne bis hin zu Blutrot reicht, was auf winzige Erz- und Mineralnester im Gestein schließen lässt.“
Das Klima
Einige Rätsel gibt dem Arbeitskreis noch das Höhlenklima bzw. die sogenannte Bewetterung auf. Die Wassertemperatur liegt im Inneren knapp unter der 10-Grad-Marke, wobei das meiste Nass durch die Einleitung der Sportplatz-Drainage (0,5 Liter/Sek.) eindringt – für das Naturdenkmal eigentlich der Sündenfall. Die durchschnittliche Lufttemperatur wurde mit 10,5 Grad Celsius gemessen. Obwohl die Kluterthöhle am Eingang verschlossen bleibt, sind leichte Luftzüge durchaus spürbar, deren Ursachen unklar bleiben. Das weist auf weitere Ausdehnungen hin, die bislang noch nicht erkundet sind. Die Luftfeuchtigkeit erreicht die 100-Prozent-Marke, so dass es auch zu unterschiedlich starker Kondensation und Nebelbildung kommt. Grundsätzlich gilt: Das Hasper Höhlenwetter wird sehr stark von der Menge und der Temperatur der einfließenden Niederschläge bestimmt.
Die Radon-Belastung
Als geradezu spektakulär ist die Radon-Konzentration in der Kluterthöhle zu bewerten. Bei dem chemischen Element handelt es sich um ein Edelgas, dessen Isotope sämtlich radioaktiv sind. „Für Forschungsexkursionen ist die Belastung sicherlich unkritisch“, betont Stefan Voigt, „doch einziehen sollte man dort sicherlich nicht“, ist sich der Vorsitzende des Arbeitskreises des latenten Krebsrisikos an diesem Ort durchaus bewusst. „Nach mehreren Messungen können wir sicher sagen, dass die Konzentration in allen Höhlenteilen höchstwahrscheinlich ganzjährig über 10 000 Becquerel/Kubikmeter, teilweise auch über 20 000 Bq/m³ liegt sowie vereinzelt mehr als 30 000 Bq/m³ erreicht“, fasst Voigts Autoren-Kollege Ulrich Brämer die Lage zusammen.
Selbst der höchste Wert der Radonkonzentration der in NRW betriebenen Schauhöhlen in Bilstein liegt deutlich darunter. „Die gemessenen Radonkonzentrationen sind in der Spitze die höchsten uns bekannten Werte für eine Höhle in Deutschland.“ Ursache scheint ein geologisches Phänomen (Ennepestörung) zu sein, das erhöhte Radonmengen aus dem Untergrund aufsteigen lässt.