Ambrock. . Michael Helmert, Anwohner des Ambrocker Wegs, fühlt sich regelrecht tyrannisiert. Denn schon um 4 Uhr in der Frühe ist seine Nachtruhe beendet.

  • Anwohner des Ambrocker Steinbruchs beklagen nächtliche Ruhestörung durch Lkw-Verkehr
  • Lastwagen fahren bereits zwei Stunden vor Betriebsbeginn durch enge Zufahrtsstraße
  • Schwerpunktkontrollen des Ordnungsamtes sollen Abhilfe schaffen

Nachts um kurz vor vier Uhr ist es mit der Nachtruhe für Michael und Heike Helmert vorbei: „Dann stehen wir senkrecht im Bett. An jedem Morgen.“ Denn um kurz vor vier Uhr donnern die ersten Laster an ihrem Haus am Ambrocker Weg vorüber, die leeren Ladeflächen und Container scheppern, das Gewicht der Brummis lässt die Wände erzittern. An ein Wiedereinschlafen sei nicht zu denken, sagt Michael Helmert (59): „Die Fahrer parken und lassen das Radio laufen, im Winter auch den Motor. Oder sie unterhalten sich laut auf der Straße.“

Täglich stauen sich die Lastwagen in einer langen Reihe vor der Einfahrt zum Steinbruch in Ambrock und warten stundenlang darauf, dass der Betrieb seine Tore öffnet. Um sechs Uhr ist es so weit, dann darf der erste Wagen die Waage befahren, Grauwacke aufnehmen und seine Fracht zu ihrem Bestimmungsort, meistens zu einer Baustelle, bringen. Bis zu 200 Lastwagen fahren pro Tag in den Steinbruch hinein und wieder hinaus – alle müssen am Haus von Michael und Heike Helmert vorbei.

Aber das ist es gar nicht, was das Ehepaar Helmert auf die Palme bringt: „Als wir vor drei Jahren hier eingezogen sind, wussten wir ja um den Steinbruch nebenan und den damit verbundenen Verkehr.“ Was die Eheleute jedoch nicht akzeptieren können, sind die nächtlichen Ruhestörungen lange vor Betriebsbeginn: „Wir werden hier regelrecht tyrannisiert“, sagt Michael Helmert: „Das geht an die Substanz.“

Dass viele Lkw-Fahrer mit ihren tonnenschweren Kippern bereits tief in der Nacht vor dem Steinbruch aufkreuzen, hat mit ihrem Arbeitsrhythmus und dem komplizierten, gesetzlich vorgeschriebenen Geflecht der Lenk- und Ruhezeiten zu tun. Jeder ist erpicht darauf, möglichst weit vorn in der Reihe zu stehen, weil das die Wartezeiten vor der Waage, auf der die Fahrzeuge leer und gefüllt gewogen werden, verkürzt und dadurch am Ende des Tages Zeit für eine weitere Tour, die der Spedition gutes Geld einbringt, gewonnen wird. „Die Eingangswaage ist das Nadelöhr, an dem es zu Verzögerungen kommt“, bestätigt David Gersdorf, Leiter des Steinbruchs, der von der Kies und Splitt GmbH Rhein-Ruhr betrieben wird.

Die Anwohner des Ambrocker Wegs treibt die nächtliche Ruhestörung zur Verzweiflung. Michael Helmert hat eine Unterschriftenliste gesammelt und Hilfe bei der Stadtverwaltung gesucht, bei der Bezirksregierung und sogar beim Petitionsausschuss des Landtags, der ihm in warmen Worten beschied, „hinsichtlich der Vergabe von Terminen an die Transportunternehmen auf den Steinbruchbetreiber einzuwirken, ein solches System einzurichten“.

Absolutes Halteverbot

Genutzt hat das alles nichts, nach wie vor brummen die Laster Nacht für Nacht ab 4 Uhr durch den engen Weg zum Steinbruch hinauf. Nur im Mai herrschte ausnahmsweise für wenige Nächte Ruhe, weil das Hagener Ordnungsamt einige Politessen vorbei schickte, die den verdutzten Lkw-Fahrern ein Knöllchen verpassten. Denn im Ambrocker Weg herrscht, was die Fahrer geflissentlich ignorieren, absolutes Halteverbot. Doch als die Politessen ausblieben, waren die Lastwagen sofort wieder da.

Vor drei Jahren habe das Problem noch nicht existiert, berichtet Ralf Raderschatt (54), ein weiterer Anwohner. Damals habe es eine Art Stillhalteabkommen zwischen Kraftfahrern und Anwohnern gegeben, wonach die Laster an der B 54 parkten und erst um sechs Uhr in den Ambrocker Weg einbogen. Doch dann habe die Polizei den Fahrern das Parken an der Bundesstraße untersagt. Und auch auf dem großen Steinbruchgelände dürfen die Brummis nicht warten. Denn das zum 1. Januar 2015 neugefasste Eichgesetz schreibt vor, dass die Laster täglich leer bei der Einfahrt gewogen werden müssen. Der Steinbruchbetreiber musste seinerzeit gar eine neue Waage für 100 000 Euro anschaffen, um dieser Anordnung gerecht zu werden. Und da der Betrieb erst um 6 Uhr beginnt, können die Fahrzeuge nicht früher auf die Waage und damit in den Steinbruch eingelassen werden.

Die Stadt Hagen will die Laster jetzt erneut mit Schwerpunktkon­trollen ihrer Politessen vom Ambrocker Weg fernhalten. „Den Ärger der Anwohner kann man ja durchaus nachvollziehen“, sagt Stadtsprecher Michael Kaub. Allerdings könnten die Mitarbeiterinnen des Ordnungsamtes nicht regelmäßig vor dem Steinbruch patrouillieren. Daher sei wohl zu befürchten, dass auch in Zukunft verbotswidrig geparkt werde.

>>> Interview mit Horst Weiß

Horst Weiß ist Inhaber der Spedition Baustoffe & Transporte GmbH im Lennetal.

Warum stehen die ersten Fahrer schon frühmorgens vor dem Steinbruch?

Warum stehen die ersten Fahrer schon frühmorgens vor dem Steinbruch?

Weiß: Das hat mit den vorgeschriebenen Lenk- und Ruhezeiten zu tun, es ist aber unmöglich, das hier im Detail zu erläutern. Nur so viel: Einen Teil der Zeit, die sie vor dem Steinbruch verbringen, können sich die Fahrer schon als geteilte Ruhezeit anrechnen.

Spediteur Horst Weiß
Spediteur Horst Weiß © Stubbe

Aber die Spediteure als Arbeitgeber sind doch auch verantwortlich.

Sie können mir glauben, dass ich meinen Männern einschärfe, möglichst wenig Lärm zu verursachen. Aber so ein Laster rappelt, wenn er leer ist, da kann man noch so langsam fahren. Ich habe auch schon mit den Anwohnern gesprochen und ihnen unserer Sicht der Dinge erklärt. Wir alle sind bestrebt, ein gutes Betriebsergebnis zu erzielen, wir müssen auch existieren.

Was schlagen Sie vor?

Dass die Fahrer wie früher an der B 54 halten dürfen. Wenn das eben so nicht erlaubt ist, dann muss ein großzügiger Standstreifen angelegt werden. Das hätte man bei der kürzlich erfolgten Sanierung der Straße tun können, es ist aber versäumt worden.