Hagen-Mitte. Ein Hauch Sarajevo-Optik bestimmt derzeit das Bild des einstigen Blauen Hauses. Doch das ist nur der Anfang: Mit dem Abriss des vorgebauten Erkers, der künftig durch einen elipsenförmigen, gläsernen Vorbau ersetzt wird, hat sich herausgestell
"In der Ankaufphase haben wir Probebohrungen gemacht und sind davon ausgegangen, mit der schwierigen Substanz des Baukörpers leben zu können", kommentiert Guido Knümann, Geschäftsführender Gesellschafter bei Codic, Joint-Venture-Partner des federführenden Projektentwicklers Mirador, die überraschende Mehrinvestition im hohen sechsstelligen Bereich relativ gelassen. Erst beim Öffnen der Wände seien Scherenbrüche in den Stützen offenkundig geworden, die eine Sanierung nicht mehr wirtschaftlich erscheinen ließen. Selbst durch die Einbringung von weiteren Stahlelementen sei kein optimales Ergebnis zu erzielten gewesen, schildert Knümann die Probleme und Abwägungsprozesse: "Der Prüfstatiker hätte uns nur eine Genehmigung für eine eingeschränkte Nutzung erteilt."
Bereits zu Zeiten der Sparkasse war das Blaue Haus offenbar in Teilen einsturzgefährdet. "Wir haben das Haus 2003 nur für den Übergang gekauft, nichts verändert, nichts untersucht und natürlich auch die Statik unangetastet gelassen", betont Frank Walter, stellvertretendes Vorstandsmitglied der Banker, nichts von den statischen Problemen geahnt zu haben. Weil im Laufe der Jahrzehnte auch entscheidende Statikunterlagen verschollen waren, habe Mirador ausführliche Vorprüfungen vorgenommen, einige Säulen geöffnet und auch Bohrungen vorgenommen - ohne bedenkliches Resultat. Und auch die Mitarbeiter der Sparkasse - Vorstand, Kredit- und Wertpapierabteilung hatten in dem Gebäudeteil ihre Büros - hätten nichts Ungewöhnliches festgestellt.
Für den Projektentwickler Mirador entsteht durch die Abriss-Überraschung jetzt natürlich maximaler Zeitdruck: "Der Ablauf wird sportlich", weiß Knümann, dass man keinen Tag mehr verschenken darf. Der Abbruchantrag für weitere 300 Quadratmeter pro Geschoss ist bereits gestellt. Der Neubau wird in Stahl entstehen, die Elemente befinden sich bereits in der Vorfertigung, innerhalb von vier Wochen soll die Ecke Friedrich-Ebert-Platz/Hohenzollernstraße hochgezogen sein. Damit verschwindet auch ein wesentlicher Teil der historischen Backstein-Fassade, die der neuen silberfarbenen Außenhaut angeglichen wird.
Durch die Umplanung bietet sich die Chance, für die Büroetagen in den Obergeschossen einen optimierten Zugang zu schaffen. Vor allem Ärzte hatten sich für Flächen mit größeren Fahrstühlen - beispielsweise auch für Liegendtransporte - interessiert.
Doch das Hauptaugenmerk bei Mirador liegt natürlich auf dem Ankermieter Müller, der nach WP-Informationen Ende September die Immobilie übernehmen möchte, um im November den Innenausbau abschließen und pünktlich zum Weihnachtsgeschäft eröffnen zu können. Das Sortiment im "Flagship-Store" umfasst mit Drogerie, Parfümerie, Schreibwaren, Spielwaren, Multi-Media, Haushalt und Ambiete sowie Wäsche und Dessous das klassische Warenhausangebot außer Lebensmitteln und Textilien. Guido Knümann gibt sich mit Blick auf den Termin weiter optimistisch: "Wir werden das Herbst-Zeitfenster halten."