Wehringhausen. Die Atmosphäre ist unvergleichlich. Sie ist fast so, als säße man in dem kleinen Cafe in einem Wehringhauser Hinterhof bei Oma im Wohnzimmer. Das Erzählcafé auf der Lange Straße ist ein beliebter Treffpunkt für alle Generationen.

Zwei runde Tische, ein rotes Sofa und ein Tisch mit verschiedenen Sorten Kuchen möblieren den kleinen Raum. Auch diesmal kamen neben der „üblichen Stammbesetzung”, wie Referent Jörg Fritsche sein Publikum auch nennt, interessierte Leute in das urige Café. Denn diesmal gab es wieder einen historisch-gesellschaftlichen Vortrag. Thema: „70 Jahre Ausbruch des Zweiten Weltkrieges”. Im Rahmen einer Kooperation mit der Hagener Volkshochschule und dem Wehringhauser Erzählcafé gibt es schon seit über zehn Jahren regelmäßige Vorträge zu historischen und gesellschaftlichen Themen mit anschließender Diskussion.

Auch Helga Schledorn kommt schon seit über zehn Jahren zu den Vorträgen: „Wir gehören ja bald schon selbst zum Inventar des Cafés”, sagt sie und lacht. Nachdem alle ihren Platz gefunden haben, eine Tasse Kaffee, Tee und ein Stück Kuchen vor sich stehen haben, beginnt Jörg Fritsche mit einem einleitenden Referat. Beginnend mit dem Überfall auf Polen bis zur Reaktion der Bürger berichtete der 32-jährige Historiker. Die anwesenden Zeitzeugen nicken zustimmend. Hin und wieder tuscheln sie untereinander.

Nach einer guten halben Stunde Referat und einer kurzen Pause beginnt schließlich die Diskussion. Elfriede Forster war 15 Jahre alt, als der Krieg ausbrach. Sehr genau erinnert sie sich noch an die damalige Situation und an die kleinen Kniffe, mit denen sie sich im Alltag beholfen haben: „Als die Lebensmittel rationiert wurden, gab es die sogenannten Lebensmittelmarken. Jede Marke wurde durchgestrichen. Nachdem wir was gekauft haben, weil der Strich so dünn gezogen war, habe ich ihn einfach wegradiert und somit konnten wir noch einmal mit dieser Marke einkaufen.”

Doch nicht nur die Lebensmittel waren genau für vier Wochen eingeteilt, auch für die Kleidung gab es Marken. Nur wenn ein Mitglied der Familie im Krieg gefallen war, gab es eine zusätzliche Marke, um sich ein schwarzes Kleid kaufen zu können. Im Oktober 1943 wurde Hagen das erste Mal angegriffen. An die ersten Angriffe erinnern sich die Zeitzeugen noch genau. Helga Schledorn war damals sieben Jahre alt: „Wir hatten damals Kartoffelferien, ich wohnte mit meiner Familie in der Lange Straße. Als die ersten Angriffe kamen, saßen wir unten im Keller. Alles lag in Schutt und Asche, gegenüber die brennende Pauluskirche.” Am Waldweg haben Elfriede Forster und ihre Freunde damals Splitter von den Bomben gesucht - als Andenken.

Die Mischung aus den Berichten und Erfahrungen der Zeitzeugen und den historischen Fakten von Jörg Fritsche sorgen für Begeisterung bei den Besuchern.