Hagen. Im späten 19. Jahrhundert war es ein ganz normales Straßenbild. Galante Hoch- und Sesselräder fuhren die Gassen auf und ab. Edle Radkonstruktionen waren neben ihrer Funktion als Fortbewegungsmittel auch ein gesellschaftliches Statussymbol. Eine Ze

"Diese alten Räder sind einfach eine Passion. Es steckt so viel Geschichte in ihnen. Für bestimmte Modelle würde ich jeden Preis der Welt bezahlen", erzählte Johann Hehmeyer der stolz vor seinem Lovell Simons aus dem Jahr 1891 steht. Das in Boston gefertigte Velo hat den Wert eines Kleinwagens. Ausgestattet mit einem Hängemattensattel und einer Nackenschaltung bietet es einen Fahrkomfort, der in dieser Form an einen Sessel erinnert.

Auf dem großen Festplatz des Freilichtmuseums tummelten sich bei bestem Radel-Wetter Vereine und Clubs aus Deutschland, aber auch aus Holland und Frankreich. "Die Liebe zu alten Fahrrädern verbindet uns alle", beschrieb Heiner Börne, der eigens aus Hamburg angereist war, die kulturelle Vielfalt. Die Pedaleure aus den Niederlanden drehten mit klobigen Holzschuhen auf hölzernen Hochrädern ihre Runden über den Festplatz.

Die meisten der teilnehmenden Mitglieder der Velocipediale kamen in alten Trachten und bürgerlicher Kleidung aus dem 19. Jahrhundert ins Freilichtmuseum. Auf dem großen Festplatz spielte eine Gruppe aus Meißen Akkordeon und schmetterte dazu alte Gassenhauer.

Angesichts der Urigkeit mancher Modelle, kamen einem die Räder von Margarete Simmens schon beinahe modern vor. "Meine beiden Schätzchen stammen aus den 50er-Jahren. Ich bin darauf mit meiner Schwester als Kind immer zur Schule gefahren. Das war damals ein richtiger Luxus", erinnerte sie sich und klingelte dabei an der riesigen Schelle, die den Lenker ihres Pegasus 700 ziert.

Angesprochen auf so genannte Schnäppchen-Räder, die man oftmals schon für weit unter hundert Euro beim Discounter um die Ecke erstehen kann, fährt dem Fahrrad-Liebhaber ein Schauer über den Rücken. "Das sind keine Fahrräder. Das sind überfederte Plastik-Konstruktionen, die den Menschen durch ihre schrille Optik das Gefühl geben, sie hätten ein gutes Rad", wetterte Johann Hehmeyer. "Wirklich gesunden und erholsamen Fahrkomfort bieten solche Räder nicht."

Die Mitglieder der Velocipediale, einem Verein für historische Fährräder, treffen sich einmal jährlich und machten nach Friederichshaven 2006 nun Halt in Hagen. Im nächsten Jahr wollen sich alle wieder sehen, um sich weiter auszutauschen und Erfahrungen weiterzugeben.