Lennetal. Es ist Samstagabend. Ein Hagener fährt durch das Industriegebiet im Lennetal. Plötzlich knallt es. Im Augenwinkel erkennt der Autofahrer Flammen, die aus einem der Fabrikgebäude lodern. Er zuckt zusammen, reißt das Lenkrad herum. Frontal knallt
Alles nur Fiktion. Am Samstag war Großübung der Feuerwehr auf dem Gelände der Firma Westfa. Dort bricht Panik aus. Es brennt. Aus einem Straßentankfahrzeug ist flüssiges Gas ausgetreten. 150 Kunden und Mitarbeiter versuchen, sich in Sicherheit zu bringen. Verletzte bleiben in den Verkaufs- und Büroräumen zurück, schreien um Hilfe. Das automatische Alarmsystem löst aus. Sirenen heulen auf. Die Berufsfeuerwehr ist als erste vor Ort und erkennt schnell: Alleine schaffen wir das nicht. Eine Katastrophe ist geschehen.
Der Krisenstab der Stadt Hagen wird aktiviert. Die Freiwilligen Feuerwehren, Notärzte, Hilfsorganisationen wie das DRK und die Bundeswehr rücken aus - insgesamt 600 Mann, 300 Fahrzeuge und zwei Helikopter.
Das Drehbuch für das Szenario hatte Einsatzleiter Heinz Jäger in wochenlanger Arbeit mit einem Team entwickelt. "Wir überprüfen, ob unsere Schnittstellen mit Krankenhäusern und den überregionalen Rettungsgruppen funktionieren", so der Brandrat. "Nach der Übung wird jeder Funktionsbereich ausgewertet."
Peter Jung von der Firma Westfa freute sich, dass die Übung in diesem Jahr auf dem Gelände des Flüssiggasversorgers stattgefunden hat: "Wir können unsere internen Alarm- und Gefahrenabwehrmechanismen bei der Gelegenheit überprüfen."
Die Herausforderung für die Retter bestand darin, den Gefahrenherd abzusichern. Erst im Anschluss konnten die Verletzten geborgen werden.
Am Behandlungsplatz auf dem Gelände der nahe gelegen Firma MAN empfing Bernd Schwarzer von der Freiwilligen Feuerwehr mit seinen Kollegen die Verletzten. Die aufgeschminkten Wunden sahen täuschend echt aus. Der 28-Jährige wies die Opfer je nach Grad der Verletzung in rot, gelb oder grün gekennzeichnete Zelte. "Wir versuchen, das Beste aus dem Chaos zu machen", meinte Schwarzer. Dies sei bereits seine dritte Übung.
Die Daten aller Patienten werden gespeichert und einer Personenauskunftsstelle für Angehörige zur Verfügung gestellt. "Wir haben außerdem an der Heinrich-Heine-Realschule einen Betreuungsplatz eingerichtet. Unsere Kräfte können dort bis zu 150 Personen versorgen, die wegen der Explosionsgefahr ihre Wohnungen verlassen müssen. Bis hin zu Windeln haben wir alles vor Ort", berichtete die leitende Notärztin Katrin Hoffmann. Die Polizei musste nahegelegene Gleise absperren und die Zufahrtswege freihalten. Einige Schaulustige beobachteten das Spektakel und wurden sogar zur Mithilfe aufgefordert. Beruhigend sollten sie mit den Verletzten sprechen.
Die letzte Großübung vor zwei Jahren im Hauptbahnhof war nicht so glatt verlaufen. Ein echtes Feuer war ausgebrochen und hatte Statisten verletzt. Heinz Jäger: "Wir verzichten heute auf Pyrotechnik und anderes, das ist viel zu gefährlich." Das Feuer wurde durch eine rote Plane dargestellt. "Wir legen großen Wert darauf, dass alle die Übung ernst nehmen, denn wir stellen hier einen realen Einsatz nach."