Hagen-Mitte. Seit mehr als 100 Jahren beschatten mächtige Linden den Hof des Hauses Hochstraße 90. Doch jetzt scheinen die Tage der etwa 20 Meter hohen Stadtbäume gezählt. Weil ein Nachbar illegal Fakten schaffte - mit der Kettensäge!
Ein bizarrer Nachbarschaftskonflikt auf dem Weg zur Staatsanwaltschaft, der genau in jene Tage passt, in denen Hagen die grundsätzliche Abschaffung der Baumschutzsatzung diskutiert: Mit ihren 97 Lebensjahren hat Margret Bueren schon vieles sehen und erleben müssen. Doch der Anblick der mit groben Werkzeug stümperhaft in die beiden Stämme getriebenen Fallkerben schlug der kulturbeflissenen Dame, die mit den beiden stattlichen Gehölzen hinter ihrem Haus groß und auch alt geworden ist, schwer auf die Seele.
Schon wiederholt hatte ihr Nachbar, Eigentümer des Hauses Goldbergstraße 3, darum gebeten, die beiden Riesen mit den ausladenden Laubkronen stutzen zu dürfen, damit sein Mehrfamilienhaus mehr Licht bekäme. "Deshalb haben wir vor etwa zweieinhalb Jahren bereits etliche Tonnen Holz aus der Krone rausgeschnitten", erinnert sich Martin Neuhaus, Verwalter der Bueren-Immobilie. Doch an eine ultimative Fällaktion sei nie gedacht gewesen.
Also ließ der Nachbar in der vergangenen Woche kurzerhand eigenmächtig die Kettensäge kreisen. Mehrfach habe er versucht, mit der Hauseigentümerin zu einer einvernehmlichen Lösung zu kommen, doch am Ende sei für ihn kein anderer Weg geblieben, als die Bäume zu fällen, gab der Umweltfrevler, der selbst im fernen Sprockhövel wohnt, gegenüber der Polizei an. Ein Willkür-Akt, der den Täter noch teuer zu stehen kommen kann.
Die herbeizitierten Kräfte von Stadt und Polizei sprechen nicht nur von einem Bußgeld zwischen 800 und 1000 Euro, sondern der Anwalt von Frau Bueren hat längst Anzeige wegen Sachbeschädigung gestellt und den Fall der Staatsanwaltschaft übergeben. Ein Baumgutachter stellte inzwischen fest, dass die beiden alten Linden mit einem Stammdurchmesser von 70 Zentimetern noch vor den ersten Herbststürmen gefällt werden müssen, weil sie angesichts der tiefen Kerben sonst umzustürzen drohen. Kosten der Aktion: etwa 6500 Euro.