Hagen/Breckerfeld. Sie schwärmen beide vom Fahrgefühl, von der entspannenden Einsamkeit auf zwei Rädern. Doch während der eine mit 96 PS über den Asphalt klotzt, kleckert der andere mit 2,7 PS umher.

Harley-Fan Andreas Ide, in Fachkreisen nur als „Heini” bekannt, und Vespa-Fahrer Christian Erdmann diskutieren über Unfälle, Umweltschutz und Vorurteile.

Andreas Ide
Andreas Ide © WP Michael Kleinrensing

Frage: Herr Ide, Sie fahren Harley. Wollen Sie damit angeben? Andreas „Heini” Ide: Zum Angeben taugt eine Harley nichts. Sie ist anderen Motorrädern technisch weit unterlegen, eigentlich nur ein Haufen Alteisen. Man muss viel investieren, um sie in Schuss zu halten, und bleibt öfter mal am Straßenrand liegen.

Frage: Aber die Menschen gucken schon hin, wenn Sie mit der Harley auftauchen. Ide: Klar, und man ist ja auch ein bisschen Chauvi. Aber ich brauche den Hinguck-Effekt nicht unbedingt - ab und zu fahre ich zum Beispiel auch Japaner.

Frage: Mit einer Vespa verursacht man dagegen eher wenig Aufsehen . . . Christian Erdmann: Es sei denn, sie ist aufgerüstet mit viel Chrom und großen Spiegeln. Aber Harley und Vespa haben eins gemeinsam: den Kultfaktor.

Frage: Sie beide haben auch eines gemeinsam: die Freude am Zweiradfahren. Allerdings gibt es gute Gründe dagegen. Versuchen Sie mal, Ihr Hobby gegen folgende drei Argumente zu verteidigen: Motorradausflüge sind schädlich für die Umwelt. Erdmann: Eine Vespa ist im Vergleich zum Auto sehr spritsparend und daher auch umweltfreundlicher. Andere legen weite Strecken mit dem Auto zurück, um ihrem Hobby nachzugehen. Da sind die Rollerausflüge nicht viel schlimmer. Ide: Bei Ausflügen mit der Harley mache ich mir schon ab und zu Gedanken über die Abgase. Aber ich nutze das Motorrad auch für den Weg zur Arbeit und verschmutze so die Luft zumindest etwas weniger als mit einem Auto.

Frage: Gegenargument zwei: Die Spritpreise machen Motorradausflüge bald zum Luxus. Erdmann: Hobbys wie Golfen oder Reiten sind viel teurer.Ide: Das stimmt. Der Sprit ist nicht das Problem. Deutlich mehr gebe ich aus, um das Motorrad zu reparieren und aufzurüsten.

Frage: Argument drei: Motorradfahren ist viel zu gefährlich.Erdmann: Die Gefahr ist mir schon bewusst, aber wenn ich unterwegs bin, denke ich nicht darüber nach. Ich fahre jedoch nie mit einer Vespa auf der Autobahn - wenn man dort weit rechts auf der rechten Spur fährt, ziehen viele Autofahrer vorbei, obwohl eigentlich kein Platz dafür ist.Ide: Bei den meisten Motorradunfällen sind ohnehin die Autofahrer schuld. Ich hatte schon einige Unfälle, war aber nie Verursacher. Motorradfahrer müssen besonders vorausschauend fahren. Wenn wir mit dem Harleyclub unterwegs sind, ist das Tempo immer gemächlich.

Frage: Bei so vielen guten Gegenargumenten - was fasziniert sie an Ihrem Hobby? Erdmann: Es macht einfach Spaß. Auf der Vespa bin ich auf mich allein gestellt, ich vergesse alles um mich herum und kann mich entspannen. Ide: Die Harley-Fahrt von der Arbeit nach Hause ist der beste Stressabbau, ich kann dabei richtig abschalten. Hinzu kommen noch das tolle Fahrgefühl und die Geselligkeit, wenn wir mit dem Club auf Reisen sind.

Christian Erdmann
Christian Erdmann © WP Michael Kleinrensing

Frage: Bei Harleyclubs denken viele sofort an Bandidos und Hells Angels, an Heavy Metal und Schlägereien. Ide: Solche Vorurteile begegnen uns öfter. Es gibt wahrscheinlich auch einige wenige Kriminelle, und auf Harley-Partys geht es durchaus deftig zu. Aber in unserem Club sind alle jenseits der 30, und im Alter lässt man es etwas ruhiger angehen.Erdmann: Glauben Sie aber nicht, dass es auf unseren Vespa-Treffs ruhig und langweilig zugeht. Da wird auch oft feuchtfröhlich gefeiert.

Frage: Und wer fährt zurück? Erdmann: Dafür gibt's Übernachtungen.

Frage: Würden Sie gerne einmal Ihre Motorräder tauschen? Ide: Durchaus, ich fahre ja oft andere Modelle. Eine wendige Vespa hat in der Innenstadt einige Vorteile gegenüber der sperrigen Harley. Aber sie müsste etwas schneller sein. Erdmann: Ich tausche besser nicht. Bei einem so kräftigen Motorrad würde ich wohl jedes PS voll ausnutzen.