Auf seinem Wasser wird gerudert, gesegelt und gepaddelt, drumherum wird gewandert, gejoggt und Inlineskates gefahren. Und er bildet zweifellos eines der beliebtesten Naherholungsgebiete in der Region: der Hengsteysee. In diesem Jahr feiert der See seinen 80. Geburtstag.

In den Jahren 1926 bis '29 wurde der Hengsteysee vom Ruhrverband gebaut, um die damals auffallend schlechte Wasserqualität der Ruhr zu verbessern. „Als erster von heute fünf Ruhr-Stauseen wurde er 1929 offiziell eingeweiht”, blickt Prof. Harro Bode, Vorstandsvorsitzender des Ruhrverbandes, zurück. Der Ruhrverband feiert „80 Jahre Hengsteysee” im Rahmen des diesjährigen Open-Air-Festivals „Seegeflüster” im Freibad Hengstey. Am 21. und 22. August treten Pop-Sänger Sasha, Nussecken-König Guildo Horn und die britische Rockband Manfred Mann's Earth Band auf, am 23. August ist Familientag. Der Ruhrverband unterstützt das dreitägige Event finanziell, außerdem sind Mitarbeiter des Ruhrverbandes mit Informationsständen rund um das beliebte Naherholungsgebiet im Freibad vertreten.

Außerdem hat der Ruhrverband zu einer weiteren Entdeckungsfahrt auf dem Hengsteysee (die erste fand bereits Ende Juni statt) eingeladen. „Allerdings ist die kostenlose Tour, die am 8. August stattfindet und für Kinder, Jugendliche und Erwachsene gleichermaßen interessant ist, schon komplett ausgebucht”, teilt der Ruhrverband mit.

Doch es fallen auch Schatten auf das attraktive Naherholungsgebiet (früher sprach man von einer beliebten Volkserholungsstätte): Seit den 90er Jahren macht die Wasserpest - im Fachjargon Elodea - dem Gewässer mehr und mehr Probleme.

Besagte Wasserpflanzen-Gattung, die aus Nordamerika stammt, gedeiht besonders in stehenden oder langsam fließenden Gewässern, wächst am Tag fünf bis zehn Zentimeter, kann bis zu drei Meter lang werden, regelrechte „Unterwasserwälder” bilden und wurzelt im Gewässergrund. Ihre Ausbreitung in Europa wurde durch gezielte Aussetzung (u. a. durch Aquarienhalter) begünstigt und durch Verschleppung über die Schifffahrt und durch Wasservögel weiter gefördert.

Eine der nordamerikanischen Arten - die Elodea nuttalli - hat sich in den letzten Jahren besonders rasant ausgebreitet und zählt inzwischen zum gängigen Arten-Inventar vieler Teiche und Seen, „so auch des Hengstey- und Harkortsees”, unterstreicht Harro Bode. „Im Grunde ist es ein Kampf gegen Windmühlen - wir können das Problem nicht lösen”, gesteht Bode. Und nennt Gründe: „Wir haben versucht, der Wasserpest mit einem Mähboot zu Leibe zu rücken. Aber wenn wir die kompletten Flächen von beiden Seen mähen würden, müssten wir pro See 1,2 Mio. Euro veranschlagen. Das Geld haben wir nicht, schließlich sind wir ein Non-Profit-Unternehmen. Und dem Bürger können wir die Kosten nicht einfach aufbürden.”

Bezüglich einer Umlagefinanzierung habe man mit Kommunen und Wassersportlern geredet, „doch das ist schwierig. Elodea-Mähen wird als Kür und nicht als Pflicht angesehen”, verdeutlicht Bode. Die Wasserpflanze behindert durch ihr rasantes Wachstum nicht nur Wassersportler und Fischer, sondern auch die allgemeine Schifffahrt. Und sie verstopft Laufwasserkraftwerke und Schleusen.

„Im Fall Elodea werden wir nur noch Hand- und Spanndienste ausführen - nichts mehr im großen Stil. Uns fehlt das richtige Equipment”, bestätigt auch Hermann Knotte, Ruhrverbands-Regionalbereichsleiter Hagen. Konkret: Es werden lediglich noch Stundeneinsätze gefahren, also Hafeneinfahrten und Bereiche um Stege gemäht.

Außerdem sei das Kuriose, fährt Knotte fort, dass sich die Wasserpest in nicht wenigen Fällen nach ein paar Jahren einfach aus einem Gewässer verabschieden würde. Hinzu kommt, dass Elodea auch durchaus positive Eigenschaften besitzt. So kann durch die hohe Sauerstoff-Produktionsrate ein Gewässer deutlich belebt werden. Außerdem bietet die Wasserpflanze Kleinfischen und anderen Wassertieren Unterschlupf, Eiablageplätze und Schutz vor natürlichen Feinden wie dem Kormoran. „Im Grunde spiegelt Elodea eine gute Wasserqualität wider”, macht Knotte die vertrackte Situation deutlich. Vereinfacht könne man sagen, es wäre ein Streit zwischen Ökologie und Wassersport. „Chemikalien und Gifte zur Bekämpfung der Wasserpest wollen und dürfen wir nicht einbringen”, betont Hermann Knotte.

Die einzig wirkungsvolle Alternative wäre es, so der Experte weiter, chinesische Graskarpfen, die die Elodea vertilgen würden, im Wasser auszusetzen. „Aber das ist für offene Gewässer wie die Ruhr untersagt. Besagte Fische können nämlich nur in wärmerem Wasser überleben und auch nur dort Nachkommen haben. Hengstey- und Harkortsee sind für chinesische Graskarpfen daher kein artgerechter Lebensraum.”

Also muss wohl doch die Zeit gegen die Elodea und für den Wassersport arbeiten.