Vorhalle. Der Wolfskuhler Weg am Tücking war einst eine Verbindungsstraße, die mitten durch den Wald führte. Bis Ostern. Seither wirkt die Strecke zwischen Vorhalle und Haspe wie ein von Panzerketten malträtierter Truppenübungsplatz.

Zumindest auf den 20 Metern links und rechts der Straße.

Was engagierten Umweltschützern wie Hans-Jürgen Thiel, Vorsitzender Naturschutzbund (Nabu) die Tränen in die Augen treibt. „Eine ökologische Katastrophe”, so beschreibt er das Werk, das eine automatisierte Baumfällmaschine um Ostern angerichtet hat. „Auf diesem Weg zerstören die Menschen ihre Umwelt selbst.” Denn wo einst Laubbäume gen Himmel wuchsen, steht nichts mehr. So hat der Fahrer freien Blick vom Kopf des Berges über alle Serpentinen hinweg auf Vorhalle - eine Perspektive, die sich so bislang nicht eröffnete.

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Sie aber ist keineswegs Ursache dafür, dass die beiden Privatwaldbesitzer Tabula rasa machten. Vielmehr berufen sie sich auf ein Urteil des Oberlandesgerichts Hamm, dem eine entsprechender Entscheidung des Landgerichts Arnsberg voranging. Das hatte im März 2007 zu Gunsten einer Radfahrerin entschieden, die bei einer Tour in Meschede von einem herabstürzenden Ast getroffen worden war. Seither ist die junge Grundschullehrerin querschnittsgelähmt und an den Rollstuhl gefesselt. In dem Urteil machte das OLG den Waldbesitzer verantwortlich. Tenor: Er sei seiner Verkehrssicherungspflicht nicht nachgekommen. Er sei für eine sorgfältige Baumpflege zuständig und hätte erkennen müssen, das die Rotbuche geschädigt war.

„Die Fällungen haben wir zwei Tage nach Kyrill beschlossen. Der Orkan und seine Folgen haben die Arbeiten verzögert, gleichzeitig aber dazu geführt, dass wir alles auf der Länge eines Baumes von der Straße aus weggenommen haben”, erklärt Hans De Myn, einer der Besitzer des Waldstückes und Vorsitzender der Forstbetriebsgemeinschaft Hagen, „ich weiß, dass das nicht schön aussieht. Aber nach diesem Urteil ist uns das Risiko zu groß. Der Wolfskuhler Weg ist eine vielbefahrene Straße. Es gibt in Hagen weitere Flächen, bei denen wir über ähnliche Maßnahmen nachdenken.” Gleichzeitig sagt er zu, dass der Wald erhalten bleibt. „Die Wurzeln belassen wir im Boden.

Auch im Forstamt Hagen, zuständig für den Stadtwald, wird über das Urteil diskutiert. „Wir werden nicht so radikal vorgehen”, sagt Forstamtsleiter Horst Heicappell, „aber auch für uns ergeben sich Änderungen.” Zweimal im Jahr - im belaubten und nicht belaubten Zustand - sind die Bäume, die an öffentliche Verkehrsflächen grenzen, bislang kontrolliert worden. Eine neue Richtlinie bezieht nun das Alter der Bäume ein. Dennoch sagt Heicappell: „Wenn man sich an diesem Urteil orientiert, muss man auch mit einem Hubwagen Bäume in Augenschein nehmen. Dazu sind wir personell und finanziell nicht in der Lage.”

„Absurd. So etwas kann niemand wollen”, sagt Hubertus Wolzenburg, Fraktionssprecher der Grünen, über das Urteil und die Folgen, „insbesondere wenn man bedenkt, dass die Landesregierung den Abstand von Wohnbebauung, der ehemals bei 35 Metern liegt, sogar verkürzt hat.”