Vor knapp 100 Jahren war Hagen ein europaweit bekannter Ort und Treffpunkt zahlreicher Künstler. Auch im Thorn-Prikker-Haus am Stirnband 38 gaben sich Kreative die Klinke in die Hand.

Ein Jahrhundert später wird das Baudenkmal - ein charakteristisches Zeugnis des „Hagener Impulses” - renoviert. Die Hagener Architektenfamilie Ackermann hat die einstige Künstler-Villa vom letzten Eigentümer (Stadt Hagen) käuflich erworben. Das 185 qm große Erdgeschoss soll demnächst als Bürolandschaft genutzt werden. Die obere Etage könnte entweder als Wohnfläche vermietet oder - Variante 2 wird von den neuen Eigentümern deutlich präferiert - zu einer musealen Ausstellungsfläche umgestaltet werden. Die Finanzierung des Museums müsste jedoch durch Fördergelder und Spenden übernommen werden. Aus diesem Grund soll eine Stiftung gegründet werden.

Rückblick: Kunst-Visionär Karl Ernst Osthaus erwarb Anfang des 20. Jahrhunderts ein Groß-Gelände in Eppenhausen - die Idee zur Siedlung „Hohenhagen” wurde geboren. Osthaus holte u.a. den holländischen Architekten Lauweriks nach Hagen; dieser erbaute die Häuser am Stirnband 38-54. Das Haus Nr. 38 bildet noch heute den Abschluss des Stirnband-Ensembles. 1910 plante Lauweriks für den Maler Johann Thorn-Prikker besagte Künstler-Villa mit prägnantem Giebel. Neun Jahre lebte und arbeitete Thorn-Prikker in dem Anwesen, das architektonisch zwischen Jugendstil und Bauhaus anzusiedeln ist. Dann verkaufte er es an Osthaus zurück und zog zum Bodensee.

In den folgenden Jahrzehnten wurde das Wohn- und Atelierhaus zu diversen Zwecken genutzt. Die Folge: etliche Bausünden.

„Als gelernte Architekten sind wir uns der Verantwortung bewusst und unterstützen das Konzept der Henry-van-de-Velde-Gesellschaft, die bestrebt ist, das Obergeschoss für kunstinteressierte Bürger zu öffnen”, versichert Jörg Ackermann. Vertreter der Van-de-Velde-Gesellschaft ist übrigens Manfred Osthaus, früherer Hagener Stadtbaurat und Nachfahre des berühmten Karl Ernst Osthaus. „Das Thorn-Prikker-Haus ist ein wichtiges Beispiel für den Hagener Impuls. Aus ihm ergibt sich für die Stadt die Chance, den nicht zu unterschätzenden Wirtschaftsstandort Kultur nach vorne zu treiben”, betont Manfred Osthaus. Und weiter: „Die Stadt hat zu unserem Entsetzen das kulturhistorisch wertvolle Bauwerk verkauft und beteiligt sich auch künftig mit keinem Euro an dessen Erhalt.”

Mit Hilfe der „Deutschen Stiftung Denkmalschutz” in Bonn will man jetzt Privatpersonen und Unternehmen gewinnen, Kapital in eine Stiftung, die demnächst gegründet werden soll, zu geben. Ein Startkapital von 100 000 Euro wird benötigt. „Wir wollen auch Kleinspender gewinnen, denn die Masse macht's”, betonen alle Beteiligten.

Nach vier Jahren Leerstand laufen die Abrissarbeiten derzeit auf Hochtouren. Kostbare Deckenmalerei, von Thorn-Prikker selbst angebracht, bleiben erhalten, der Zutritt zu den Ausstellungsflächen soll über den Haupteingang erfolgen. Highlight des Obergeschosses soll das Atelier, in dem Johann Thorn-Prikker gearbeitet hat, werden. „Wenn alles nach Plan läuft, können wir unser Büro mit insgesamt neun Mitarbeitern Ende des Jahres von Dortmund nach Hagen verlegen”, verkündet Jörg Ackermann. Und wenn ordentlich Spendengelder fließen, könnte das Museum, in dem u.a. Werke des Architekten Lauweriks sowie des einstigen Bewohners Thorn-Prikker ausgestellt werden sollen, ein paar Monate später Eröffnung feiern. „Auf jeden Fall sollten wir das komplett renovierte Bauwerk im Rahmen der europäischen Kulturhauptstadt 2010 der Öffentlichkeit präsentieren und dokumentieren, was durch privates Engagement möglich ist”, betonen Ackermann und Osthaus.