Die Sonne steht hoch über dem Klosterviertel, als Dominik auf der Terrasse Platz nimmt. Der angehende Student lehnt sich entspannt zurück. Seine Uhr, das Poloshirt und die Birkenstocks verraten: Dominik, der Super-Pianist, will nicht durch extravagante Kleidung übezeugen. Charakter ist entscheidend.
Auf dem Balkon entspannt der 19-Jährige gerne vom Alltagsstress. Warum grade ein Instrument mit 88 Tasten seine Leidenschaft geweckt hat, weiß Dominik Breddermann auch nicht genau. „Ich bin mit Musik aufgewachsen, und das Klavier war das erste Instrument, auf dem ich gespielt habe.” Schon als er fünf war, zeigte im sein Vater, wie man Melodien aus einem Piano herauszaubert. Da kannte Dominik noch keine Noten. „Ich spielte einfach nach, was mein Vater mir vorspielte, bis ein anhörbares Resultat herauskam.” Erst in der Schule lernte er, Noten zu lesen.
Mehr als ein Jahrzehnt später hat er die Freude am Spielen noch nicht verloren. Im Gegenteil: „Ich darf täglich zwei Stunden üben und mache das nach Möglichkeit auch.” Darf? „Ja, ein Nachbar hat vor einigen Jahren versucht, mir das Spielen durch eine Verfügung zu verbieten. Als unsere Nachbarn von gegenüber davon erfuhren, haben sie ihr Klavier stimmen lassen, und da darf ich nun auch in den verbotenen Zeiten üben.” Schmunzelnd fügt Dominik hinzu: „Daran sieht man, dass nicht jeder klassische Musik mag.” Einmal wöchentlich probt er außerdem in einer Hagener Musikschule.
Musikalischer Physiker
Seine zweite Passion gilt der Physik, die besser zur Musik passt, als es zunächst scheint. „Was viele nicht wissen, ist, dass Max Planck und Werner Heisenberg auch musikalisch begabt waren. Insofern kann die Kombination aus Physik und Musik nicht falsch sein.”
Der Erfolg gibt Dominik Recht. Zweimal belegte er bei „Jugend musiziert” den zweiten Platz. Den Sieg auf Landesebene verfehlte er einmal nur um einen Punkt. Traurig ist er deshalb aber nicht: „Sicher wäre der Bundeswettbewerb ganz nett gewesen, vorrangig gelten aber meine eigenen musikalischen Ansprüche und Ziele. Und die hatte ich zu diesem Zeitpunkt erreicht.” So gelassen, wie er dies sagt, glaubt man ihm gerne.
"Für Musik muss immer Zeit sein"
Musik ist für Dominik enorm bedeutend. „Schließlich begleitet sie mich schon einen Großteil meines Lebens.” Auch in Zukunft will er weiterspielen. „Für Musik muss immer Zeit sein. Sonst kann ich nicht existieren.” Dominik blickt ernst und schweigt. Doch dann muss er laut lachen. „So schlimm ist es nun auch nicht”, sagt er und lacht weiter.
Abgesehen von den intoleranten Nachbarn befürwortet Dominiks Umfeld das, was er tut. Schon bei mehreren Konzerten hat er festgestellt: „Musik macht man nicht für sich alleine. Musik verbindet, und das merkt man einem Publikum oder interessierten Mitmenschen sofort an.” Konstruktive Kritik nimmt Dominik gerne an. Das sei es, was einen wirklich weiterbringe.
Keine kommerzielle Ebene
Dominik beschreibt sich selbst als völlig normal, aber mit außergewöhnlicher Affinität zur Musik. „Wie ,normal' zu definieren ist, überlasse ich den Philosophen. Ich denke, solange man die hiesigen Werte und Normen respektiert und einigermaßen befolgt, gilt man noch als normal.”
Für die Zukunft wünscht er sich, dass er sein Physikstudium absolvieren kann, ohne auf die Musik verzichten zu müssen. Anschließend will er einen Beruf finden, der genauso vielfältig ist wie die Physik selbst. „Eine kommerzielle Ebene erstrebe ich mit meiner Musik nicht. Trotzdem bin ich nicht abgeneigt, wenn mir jemand für einen kleinen Auftritt etwas Geld anbietet.”
Nachbarn ärgern
Wie würdest du dich selbst beschreiben? „Oje . . .” Dominik kratzt sich am Hinterkopf. „Um dem psychologischen Anspruch dieser Frage gerecht zu werden, müsste ich wohl eher auf eine Therapeutencouch." Er löst die Armlehnen seines Stuhls und klappt in die Horizontale. Sekunden später richtet er sich lachend wieder auf. „Ich würde mich als ruhigen und familiären Typ beschreiben.”
Mit schelmischem Lächeln steht Dominik auf und geht Richtung Wohnzimmer: „So, jetzt werde ich noch ein Ründchen meine Nachbarn ärgern.”