Eilpe. Ihre experimentellen Arbeiten hängen im Atelier an den Wand, entstanden aus einem Impuls heraus. Im Zeichenblock liegen Karikaturen, exakt gezeichnet und mit Witz in Szene gesetzt. Gegensätzlicher können Ausdrucksformen der Kunst kaum sein. Modeste von Unruh beherrscht sie beide.

Richtig ist sie noch nicht angekommen. Wie auch. Nach 30 Jahren in Berlin, lebt Modeste von Unruh gerade knapp zwei Monate in Hagen. Mit ihrem Lebensgefährten zog sie her. Ab Mitte September wird von Unruh als Dozentin an der Volkshochschule tätig sein. Selbstredend im Studienbereich Kunst und Kultur.

0020087269-0051418085.JPG
© WP Michael Kleinrensing

Dort ist sie bekannt: Dreimal unterrichtete sie bereits bei den jährlichen Neujahrworkshops experimentelle Malerei, auch im Januar 2009 wird sie einen Kursus leiten. So frei und impulsiv von Unruh und ihre Schüler in dieser Woche arbeiten, so exakt wird es während des Semesters in anderen Kursen zugehen: Comic-Zeichnen. „Dies und die experimentelle Malerei sind zwei völlig unterschiedliche Medien”, sagt von Unruh. Die zierliche Frau mit den lebhaften Augen lacht.

Aus dem Bauch heraus arbeitet sie an ihren Gemälden, spielt mit Farben und Materialien. Seit Jahren tut sie dies. Die freie Malerei studierte sie schwerpunktmäßig an der Berliner Hochschule der Künste, zudem Keramische Plastik und Kunstpädagogik.

Für ihre Collagen greift sie auf ein Sammelsurium voll Kunst zurück, von ihr geschaffene Arbeiten, die irgendwann entstanden, aus Lust, aus Laune und aus Neugierde auf das Material. Da schwemmte einstmals Leim Farbpigmente über einen Bogen Karton, da trübt Beize das Weiß eines Papiers in ein erdiges Braun. Für sich allein würden diese Stückchen Kunst weniger wirken. Aufgenommen und collagenartig verbunden im großen Werk, bekommen sie einen völlig anderen Ausdruck.

So frei zu arbeiten, vergleicht von Unruh mit einem offenen Feld. „Ich weiß vorab nicht, wohin es geht. Ich schöpfe bei diesen Arbeiten aus Tiefen, zu denen ich sonst keinen Zugang habe.”

Ganz anders bei den Comics: Hier, und nur hier, arbeitet sie mit Skizzen. Es sind viele, bevor sie ihre Karikaturen endgültig mit dem Bleistift zu Papier bringt. Und das mit einigem Erfolg. Diverse Preise heimste sie mit ihren Illustrationen ein. „„Sie müssen exakt gezeichnet sein, Situation und Witz sich dem Betrachter direkt erschließen”, sagt die Künstlerin über ihr Erfolgsrezept. Einen vollständigen Comic hat sie noch nicht herausgegeben, arbeitet aber daran. „Immer wieder mal”, sagt von Unruh und lacht. Wie man richtig mit dem Bleistift umgeht, lernte sie noch vor dem Studium in Berlin an der Kunstgewerbeschule in Graz. Und jetzt will sie einiges von diesem Wissen an Schüler weitergeben.

Vorab allerdings wird die Neu-Hagenerin noch anderen zu tun haben. In ihrem Atelier wollen noch etliche Bilder aus Schutzhüllen gewickelt und Umzugskisten ausgepackt werden. Ein Gebirge aus braunem Pappkarton dominiert derzeit noch das lichtdurchflutete Atelier. Früher muss es hier deutlich düsterer gewesen sein. Der Werkraum befindet sich im Seitenschiff einer kleinen Kapelle. Hier beteten die Bewohner des Schutzengel-Kinderheims. Altar, Bänke und Christus am Kreuz sind aber längst verschwunden, machten den weltlichen Leben Platz: Dort, wo einst der Geistliche predigte, befindet sich heute die offene Küche. Vom Arbeitszimmer auf der Orgelempore fällt der Blick frei ins Wohnzimmer unter der Gewölbedecke. „Es war zunächst sehr ungewohnt, hier zu leben”, gibt Modeste von Unruh zu. Mittlerweile aber mag sie die Wohnung. Und natürlich ihr Atelier.

Am Sonntag, 7. September, findet von 12 bis 17 Uhr ein Tag der offenen Tür statt im Atlier, Hohle Straße 19a, statt.