Hagen/Iserlohn. Der Hagener Fotograf Andy Spyra zeigt den Exodus der Christen aus dem Nahen Osten. Seine Bilder stellt er jetzt in der Städtischen Galerie Iserlohn aus
- Fotograf Andy Spyra dokumentiert die Situation von Christen im Nahen Osten
- Bei der Langzeitrecherche traf er sich mit kleinen Gemeinden
- Sein Fazit: Das Christentum verschwindet aus seiner Geburtsregion
Die Hände sind meist von harter Arbeit gezeichnet, ob sie nun beten oder eine Kalaschnikow halten. Beides liegt nahe beieinander für die Christen im Nahen Osten. Der Hagener Fotograf Andy Spyra dokumentiert mit der Kamera seit 2011 ihren Exodus aus der Levante. Für seine Arbeiten wurde er mehrfach ausgezeichnet, so mit dem Förderpreis der Märkischen-Bank-Stiftung. Die Städtische Galerie Iserlohn zeigt vom 25. November bis zu 29. Januar eine Werkschau Andy Spyras unter dem Titel „Exilium“.
Die letzte Fluchtburg
Wenn vom Nahen Osten die Rede ist, denkt man an den Islam, an religiöse Fanatiker, an Bürgerkrieg. Das Schicksal der Christen interessiert keinen, dabei bildet die Region die Wiege des Christentums. Auf seinen Reisen in die Türkei, den Irak, Israel, Gaza, Palästina und Ägypten hat Spyra kleinste Gemeinden besucht. Mit Respekt und Empathie nähert er sich den Menschen, die er fotografiert. Manche von ihnen waren noch Kinder, als er sie in Qaraqosh in der Ninive-Ebene erstmals traf, der damals letzten christlichen Fluchtburg im Irak. Qaraqosh fiel in die Hände der IS-Truppen. Später begegnete der 32-Jährige seinen Freunden in Flüchtlingslagern wieder.
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Unterdessen sind aus den Knaben junge Männer geworden. „Die stehen jetzt mit der Kalaschnikow an der Front und erobern ihre Heimatdörfer zurück.“ An der kurdischen Front in Syrien traf Andy Spyra christliche Kämpfer, die sagten: Über Jahrhunderte hinweg haben unsere Familien zusammengewohnt, ich kämpfe mit meinen muslimischen Brüdern. „Die nahöstlichen Christen haben eine völlig andere Geschichte als die Christen in Europa“, schildert der Fotograf. „Die halten nicht die andere Wange hin.“
Ungewöhnliche Bildsprache
Kriegsreporter ist eine Berufsbezeichnung, die Andy Spyra ablehnt. Er ist Mensch. Punkt. Und dann Fotograf. Und dann Journalist. Spyras Bildkompositionen sind singulär. „Es ist auf jeden Fall eine ungewöhnliche Bildsprache, die er benutzt“, analysiert Rainer Danne, der Leiter der Städtischen Galerie Iserlohn. Das Haus hat sich zu einem Hotspot für zeitgenössische Fotografie entwickelt. Viele große Namen stellen in Iserlohn aus. „Spyra setzt diese tiefe, tiefe Schwärze, das Grafische, die bewussten Unschärfen gezielt ein, um seine Bildaussage zu fokussieren. Er hat einen ganz eigenen Stil entwickelt, etwas Autonomes.“
Der Exodus der Christen aus dem Nahen Osten ist nicht nur eine Flüchtlingsfrage. Spyra: „Die Christen sind für das gesellschaftliche Miteinander wichtig, viele Schulen und Krankenhäuser werden von christlichen Familien finanziert. Wenn die Christen wegziehen, verschwindet viel Intelligenz aus der Region. Das wird ganz krasse Konsequenzen haben.“
Qaraqosh die Stadt, in der Spyras Spurensuche begann, ist seit wenigen Tagen vom IS befreit. Im Dezember besucht der Fotograf sie erneut, um die Veränderungen zu dokumentieren. Derzeit startet er ein weiteres Langzeitprojekt über die Sahelzone. „Da braut sich ein großes Problem zusammen“, sagt er. „Das ist eine riesige Region, die sich destabilisiert. Ich war gerade mit der Bundeswehr in Mali, das ist ein wichtiges Thema.“
Spyras Arbeit wird von der Magnum-Stiftung gefördert. Das Time Magazine, Geo und die Zeit drucken unter anderem seine Fotografien ab. Der Job ist gefährlich, und reich macht er nicht. Deshalb ist Andy Spyra umso glücklicher, dass er den Förderpreis der Märkischen-Bank-Stiftung erhalten hat. „Ich bin extrem dankbar über solche Stipendien.“