Hagen. Tausende Autos fahren täglich über die Hagener Feithstraße. Aber am Donnerstag war die Straße gesperrt – der Raserunfall vom Mai wurde nachgestellt.

  • Unfallstelle glich im Mai einem Trümmerfeld
  • Polizei stellte Szene in halber Geschwindigkeit nach
  • Auto-Kamera zeichnete Illegales Rennen auf

Sonst sind es Tausende. Ach was, Zehntausende. Die Feithstraße ist wie eine Hauptschlagader, die Autos durch die Stadt pumpt. Richtung Süden, Richtung Norden. Am frühen Donnerstagabend war sie eine Geisterstraße, auf der nur zwei Autos fuhren. Ein gespenstischer Moment, der an einen der furchtbarsten Unfälle erinnerte, den die Stadt zuletzt erleben musste und der Hagen deutschlandweit in die Schlagzeilen brachte.

Unfallstelle war am 19. Mai 2016 ein Trümmerfeld

Am Donnerstag wurde das Rennen zweier Raser nachgestellt, das auf der Feithstraße mehrere Menschen, darunter zwei Kinder, im vergangenen Mai fast das Leben gekostet hätte. Die schrecklichen Bilder, sie waren plötzlich wieder da.

Illegales Rennen auf Feithstraße nachgestellt

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    Die Stelle, die Donnerstagabend wie ein Versuchslabor wirkte, war am 19. Mai dieses Jahres ein Trümmerfeld. Zerschmetterte Autos. Geschockte Menschen. Schwerverletzte auf Rollpritschen. Die Rotorblätter mehrerer Rettungshubschrauber zersägten die Luft. Polizisten versuchten das Chaos zu ordnen, Seelsorger versuchten Betroffene aufzurichten. Mitten in diesem Leid und dem Unverständnis darüber, wie zwei Menschen so etwas anrichten können, gab es Wut. Einer der Horror-Fahrer hatte sich – in einem Audi A6 – aus dem Staub gemacht, während der andere – er fuhr einen Skoda Fabia – mit gebrochenem Bein an der Unfallstelle eingesammelt wurde.

    Feithstraße für die Fahrten zweimal gesperrt

    Begleitet von enormem Medienaufkommen fuhren zwei Sachverständige der DEKRA aus Dortmund die Feithstraße vom Polizeipräsidium aus Richtung Unfallstelle an der Einmündung Universitätsstraße ab. An Bord ihrer Fahrzeuge waren Kameras, die dabei die Strecke filmten. Die Fahrzeuge fuhren die Strecke zweimal mit jeweils 50 Stundenkilometern. „Ursprünglich sollte die Strecke mit 100 Stundenkilometern abgefahren werden“, sagt Jens Berndt, Sprecher des Hagener Landgerichts. Das wäre ungefähr die Geschwindigkeit gewesen, mit der die beiden (der Flüchtige stellte sich nach dem Davonfahren der Polizei) die langgezogene Rechtskurve an der Fernuniversität genommen hatten, ehe sie einem am Fahrbahnrand anfahrenden Fahrzeug ausweichen mussten.

    Dash-Cam aus dahinter fahrendem Auto zeichnet Rennen auf

    Wie unsere Zeitung bereits berichtete, wurde ein Teil des illegalen Rennens der beiden Männer auf der Feithstraße zufällig von einem dahinter fahrenden Fahrzeug gefilmt, das eine sogenannte Dash-Cam an Bord hatte. Also eine Kamera, die auf dem Armaturenbrett fixiert wird und mit der der Straßenraum gefilmt werden kann.

    Die Kamera befand sich an Bord des Fahrzeugs eines pensionierten Polizisten, der zufällig hinter den beiden sich duellierenden Männern gefahren war.

    Wie Gerichtssprecher Berndt auf Nachfrage erklärte, zeigt das Dash-Cam-Video wichtigere Teile des Rennens als bislang gedacht. Der Polizeibeamte befand sich noch hinter den beiden Rasern, als diese (stadteinwärts) mit fast 100 Km/h in der Rechtskurve auf Höhe der Fernuniversität einbogen.

    „Das Dash-Cam-Video zeigt, wie die Fahrer in der Kurve verschwinden. Als auch der dahinter fahrende Polizist die Kurve passierte, zeigt die Kamera plötzlich nur die Folgen des schlimmen Unfalls“, so Berndt. Ein wahres Trümmerfeld. Autos waren kreuz und quer über die Feithstraße geflogen.

    Das Video ist ein enorm wichtiges Beweisstück, weil anhand der schnell vorüberziehenden Straßenlaternen zum Beispiel errechnet werden kann, wie schnell die beiden Raser wirklich waren.

    Der Skoda Fabia raste dabei in den Gegenverkehr, traf zwei Pkw, verletzte vier Menschen. Darunter einen sechsjährigen Jungen, der tagelang in Lebensgefahr schwebte, ehe Entwarnung gegeben werden konnte.

    Die Feithstraße wurde für die beiden Fahrten am Donnerstag zweimal gesperrt. Jens Berndt: „Wir werden anhand der Videos genau sehen können, was auch die beiden Fahrer sehen konnten und wie risikoreich ihr Verhalten war. Das Video wird so schnell abgespielt werden, als wären die DEKRA-Fahrzeuge mit 100 Stundenkilometern gefahren. „Was dachten die beiden Fahrer? Was konnten sie noch einschätzen und was nicht? Das sind die Fragen, die die Kammer mit der Simulation gern beantworten möchte.

    Der Prozess gegen die beiden Raser soll im Januar beginnen. „Das ist der Termin, den wir angefragt haben“, sagt Berndt, der weiß, dass man nicht nur in Hagen, sondern in ganz Deutschland mit großem Interesse auf den Raser-Prozess blickt.

    Ein Video von der Unfall-Simulation gibt es bei uns im Netz auf www.wp.de/raserunfall.