Altenhagen. . Wenn man erfahren will, was die Einwanderung aus Hagen macht, welch bunt zusammengewürfeltes Völker-, Sprach- und Religionsgemisch hier zusammenkommt, dann muss man die Hegemann-Schule besuchen.

  • An der Hegemann-Grundschule hat Integration eine lange Geschichte
  • Lehranstalt hat wichtige Funktion im Vielvölker-Stadtteil Altenhagen
  • Sprachförderung gab es hier bereits in den 90er Jahren

In der Klasse 3b sitzen 25 Kinder aus zwölf Nationen: Syrien ist vertreten und Kroatien, die Türkei und Marokko, der Kosovo, Polen, Bulgarien, Rumänien, Italien, Russland, Griechenland und natürlich Deutschland. Obwohl – so natürlich ist das heutzutage gar nicht, erst recht nicht an der Grundschule Erwin Hegemann in Altenhagen.

Deutsche Kinder – und dazu zählen in diesem Kontext alle, die keinen Migrationshintergrund aufweisen – sind hier seit Jahrzehnten, man kann also sagen traditionell, in der Unterzahl. Zwei Schüler sind es in der 3b: „Aber unser Fokus liegt ja auch nicht auf der Herkunft“, betont Klassenlehrerin Uta Jakob-Friedrich: „Das brächte uns nicht weiter. Für uns ist entscheidend, welches Potenzial jedes einzelne Kind besitzt. Viele unserer Schüler werden unsere späteren Altenpfleger, Polizisten oder Lehrer sein. Unsere Gesellschaft braucht sie.“

"Wir sind nicht stehen geblieben"

Wenn man erfahren will, was die Einwanderung aus Hagen macht, welch bunt zusammengewürfeltes Völker-, Sprach- und Religionsgemisch viele Teile der Innenstadt dominiert, wie sich die Menschen aus allen Ecken der Welt zusammenraufen und miteinander auszukommen versuchen, dann muss man die Hegemann-Schule besuchen. Über 90 Prozent der aktuell 210 Schüler haben einen Migrationshintergrund, doch das ist für die Lehrerinnen, die hier arbeiten, so selbstverständlich, dass es ihnen gar nicht mehr auffällt: „Obwohl ich ab und an doch überrascht bin, wie gut die Integration funktioniert“, sagt Kerstin Schmitz (46), stellvertretende Schulleiterin.

Die Konrektorin unterrichtet seit 1997 an der Schule, schon damals sei der Alltag von Kindern aus aller Herren Ländern geprägt gewesen, erinnert sie sich. Sprachförderung und Integration seien ausgangs des letzten Jahrhunderts schon Thema im Unterricht gewesen, das Kollegium habe Konzepte entwickelt, um dieser Herausforderung zu begegnen: „Und wir sind nicht stehen geblieben, wir haben uns weiter entwickelt. Bis heute. Vielleicht sind wir deshalb von der Flüchtlingswelle nicht so überrollt worden wie andere Schulen.“

Von Streichliste gestrichen

Die Schule, benannt nach dem Porträtmaler Erwin Hegemann (1924 bis 1999), gilt längst als Vorzeigeschule für das Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher Abstammung. Dabei stand sie vor fünf Jahren, als die Stadt angesichts sinkender Geburtenraten an einem neuen Schulentwicklungsplan feilte, auf der Streichliste. Gerade rechtzeitig entdeckten Hagens Bildungspolitiker die integrative Funktion der Lehranstalt für den Vielvölker-Stadtteil Altenhagen, von einer Schließung war bald keine Rede mehr, stattdessen wurde die Schule mitsamt des benachbarten Kindergartens zum Haus der Bildung gekürt. „Wir empfinden unsere Arbeit als sinnvoll“, sagt Kerstin Schmitz. „Was wir tun, hat sicherlich einen besonderen Stellenwert. Was die Kinder hier nicht lernen, das lernen sie auch zu Hause nicht.“

Schwänzen schwer gemacht

Neben Werte- und Wissensvermittlung wird Disziplin groß geschrieben. Erscheint ein Kind zu spät im Unterricht, werden ihm die verpassten Minuten von der nächsten Pause, die es im Schlichtungsraum verbringen muss, abgezogen. Für Fehltage ihrer Sprösslinge müssen die Eltern ein ärztliches Attest vorlegen. Und eine Schulbescheinigung, die mitunter für die Beantragung von Sozialleistungen vonnöten ist, verweigert die Schule, wenn ein Kind nicht regelmäßig am Unterricht teilnimmt. „Solche Maßnahmen erschweren das Schwänzen erheblich“, berichtet die Konrektorin. Aber auch das Gewaltpräventionsprogramm zeige Wirkung, seit Jahren habe sie auf dem Schulhof keine „Klopperei“ mehr erlebt, so die Pädagogin.

Stattdessen heißt es „Karibuni“ auf der Homepage der Schule, „Ahlan wa sahlan“ oder „Dobro dosli“. Oder eben auch: „Herzlich willkommen.“