Hagen. . Die maroden Brücken aus den 60er-Jahren werden in Hagen zunehmend zu einem Verkehrsproblem. Neben Tempo- und Gewichtslimits drohen bald Sperrungen.
- Die Tragkraft vieler Brückenbauwerke in Hagen ist nicht mehr gewährleistet
- Eine Sanierung sämtlicher Problem-Bauwerke kann sich die Stadt nicht leisten
- Neben Tempo- und Gewichtslimits drohen künftig sogar Vollsperrungen
Die maroden Brücken aus den 60er-Jahren werden in Hagen aufgrund latenter Einsturzgefahr zunehmend zum Risikofaktor für den fließenden Verkehr. Vor allem drei Bauwerke, so haben gutachterliche Überprüfungen ergeben, gelten als besonders kritisch, weil sie ohne sichtbare Signale plötzlich unter der Last der Fahrzeuge nachgeben könnten. Es handelt sich in der Innenstadt um die Auffahrtsrampe hinter der Arbeitsamt (B7), die Eisenbahnquerung Ribbertstraße in Dahl sowie die Stennertbrücke in Hohenlimburg, also die Hauptquerung über die Lenne.
Minderwertiger Stahl
Ursache für diese brenzlige Situation bei den vor etwa fünf Jahrzehnten im gesamten Stadtgebiet errichteten Spannbeton-Brückenbauwerken sind die seinerzeit verwendeten Spannglieder aus minderwertigem Stahl. Diese Haupttragelemente, so stellt sich heute bundesweit heraus, weisen herstellungsbedingte Mikrorisse auf. „Durch Korrosion der Spannglieder in Kombination mit nicht ausreichender schlaffer Bewehrung ist eine ausreichende Sicherheit nicht mehr gegeben“, heißt es in einer Bestandsaufnahme der Bauverwaltung. „Das heißt, dass diese Brückenbauwerke bei Beibehaltung oder Erhöhung von heutigen Verkehrsbelastungen ohne eine Vorankündigung zum Beispiel durch deutliche Rissbildung an Tragfähigkeit verlieren können.“ Nutzungseinschränkungen wie Tempolimits und Lkw-Durchfahrtverbote oder gar Teil- und Vollsperrungen stehen im Raum. „Alle Brücken stehen unter Beobachtung der Gutachter“, betont Stadtbaurat Thomas Grothe.
Von den 26 Spannbeton-Großbrücken in Hagen, bei denen einst der problembehaftete Spannstahl verbaut wurde, sind bislang 24 Bauwerke untersucht. Die Bilanz: Lediglich neun Objekte gelten als unkritisch, bei den restlichen 15 Brückenbauwerken, die zum Teil aus mehreren Einzelelementen bestehen, kann „ein plötzliches Versagen ohne Vorankündigung nicht ausreichend ausgeschlossen werden“.
Suche nach Alternativrouten
Angesichts dieser akuten Gefahren steigt der Druck auf die Stadtverwaltung, umgehend alternative Verkehrskonzepte zu entwickeln, um bei plötzlichen Sperrungen die Verkehrserschließung der betroffenen Quartiere sicherzustellen. Außerdem sollen Planungen und Kosten für Ersatzbauten erstellt werden. Ebenso müssen – auch unter Einbeziehung der bis 2019 fertiggestellten Bahnhofshinterfahrung – Alternativrouten ausgeklügelt werden, um die B54 mit den gefährdeten Hochbrücken (Spannungsrisskorrosion) in Delstern und Altenhagen zu entlasten.
„Natürlich werden wir es uns in Hagen nicht leisten können, alle Brücken neu zu errichten“, sagt Grothe mit Blick auf die leeren Kassen des Kämmerers. Allerdings steht auch das Thema im Raum, ob mittelfristig sämtliche Brücken überhaupt noch in der heutigen Form benötigt werden. Nach Informationen dieser Zeitung gibt es im Rathaus durchaus Überlegungen, ob mit der Fertigstellung der Bahnhofshinterfahrung die Großkreuzung rund um die Altenhagener Brücke nicht so stark entlastet wird, dass auf die „Ebene II“ künftig komplett verzichtet werden könnte. Gleiches gilt für die völlig überdimensionierte, aufgeständerte Volmetalstraße (B54), die wieder auf das normale Straßenniveau hinuntergeführt werden könnte. Dies muss noch mit dem Landesbetrieb NRW abgestimmt werden, der in Teilen für diese Brücke die Verantwortung trägt.